Kapitel 13

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Der Wald war groß und leer. Auf dem Parkplatz befanden sich, trotz des strahlend blauen Himmels, kein einziges Auto, als Lia und ich endlich ankamen. Erleichtert sprang ich aus dem Auto. In letzter Zeit war ich ständiger in Bewegung gewesen, weshalb ich das ekelhafte steife Gefühl gar nicht mehr kannte.
Lia folgte nur wenig später und streckte sich auf der anderen Seite des Autos genüsslich:,, Wenn das für dich okay ist, würde ich mich jetzt von dir trennen. Ich wollte zwei Tage lang unterwegs sein, also heute Abend schlafe ich schon im Zelt, dann morgen und den Tag danach treffen wir uns beim höchsten Stand der Sonne, also so gegen Mittag wieder hier am PickUp. Es tut mir leid, aber wenn du dann nicht da bist, kann ich nicht lange warten. Ich will nicht gemein sein, aber du weißt schon, der Zeitplan ist schon gesteckt und ich wollte diese Tour eigentlich nutzen, um im Einklang mit mir selber zu kommen"
Ich nickte, auch wenn ich drauf und dran war, einen Kommentar zu dem,, Im Einklang mit sich selbst sein" machen wollte. Dann hätte sie vielleicht damit anfangen sollen, zu meditieren. Aber naja, ich sollte nicht gemein sein, denn ich wusste nicht genau wieso, doch Lia schien etwas angepisst von meiner Anwesenheit zu sein, weshalb ich bloß nickte und in Gedanken kurz nochmal die Liste durchging, von dem Zeug, was ich mir noch alles in meinen Rucksack stecken musste. Wegen Essen würde es am schwierigsten werden, aber ich hatte mich schon an ganz anderen Orten durchgeschlagen, also sollten diese zwei Tage kein Problem werden.
Nachdem ich also noch etwas aus meinem Koffer gefischt hatte und in den nun randvollen Rucksack gestopft hatte, beobachtete ich Lia eine Weile dabei, wie sie ein verpacktes etwas, was vermurtlich ein Zelt sein sollte, von der Ladefläche zerrte. Ich würde mich wohl  als erstes nach einem schönen, und vor allem trockenen Lagerplatz schauen und darauf achten müssen, meinen Kompass nicht zu verlieren. Denn selbst mit hervorragenden Orientierungssinn, konnte man sich in einem Wald wie diesem einfach immer verlaufen und es sah nicht so aus, als würde hier oft jemand rum laufen, den man nach dem Weg fragen konnte.
Ich winkte Lia, die jetzt fluchend eine zusammengerollte Matte versuchte raus zu hohlen, zu:,, Ähm, ich gehe dann schon mal. Viel Erfolg und bis dann, ne" Lia nickte mit zusammengebissenen Zähnen, während ich sie nur noch kurz anschaute und mich dann sagenhafte zehn Schritte entfernte, um auf eine große Karte zu schauen, die dort aufgestellt war.
Der Park war tatsächlich sehr groß. Aber auch extrem schön. Und es gab sogar einige Seen, das war toll. Einer lag nur ungefähr zehn Kilometer von hier entfernt nördlich, dahin würde ich gehen, beschloss ich, nachdem ich drei Minuten lang bloß auf die Karte gestarrt hatte, in dem Versuch, mir alles ein zu prägen. Mann war es einfach, wenn man ein Handy und Google Maps hatte. Aber ich vertraute den Dingern gerade einfach nicht und hatte außerdem eineutig zu wenig Geld, um mich darum zu kümmern, als nächstes stand erstmal eine billige Uhr auf dem Plan.

Im Wald war es bereits etwas dämmerig und deutlich kühler, aber ich pfiff trotzdem ein Liedchen vor mich hin. Verdammt, die Musik von Lia konnte echt für die allerschlimmsten Ohrwürmer sorgen.
Doch mein Pfeifen erstarb sehr bald, während Erinnerungen in mir hoch krochen. Tatsächlich befand ich mich nicht das erste mal in einem National Park. Es war ein idealer Ort, um ein paar grundsätzliche Sachen mit mir zu üben, vor allem für meine Mutter, die zwar nicht so viele Möglichkeiten hatte wie Hydra, aber trotzdem keine stundenlange Fahrt gescheut hatte, nur um mich dort  hin zu bringen. Manchmal fragte ich mich,wieso zum Teufel sie das überhauprt gemacht hatte? Ich meine, wie groß konnte der Hass auf eine Person eigentlich sein? Denn wenn man Gena betrachte, dann vermutlich sehr groß. Stundenlang ließ sie mich durch den Wald laufen, um meine Kondition zu verbessern, führte mich mitten in die entlegensten Wälder, um meine Orientrierung zu schärfen  und gleichzeitig zu schauen, dass ich gut genug war, um alleine zu überleben. Ich hatte mitbekommen, dass sie einmal sogar nach einer Möglichkeit gesucht hatte, um mich bei den Ureinwohnern unterzu bringen, damit ich von ihnen lernen konnte. Es hatte nicht geklappt, aber viel verpasst hatte ich dadurch vermutlich nicht mal.
Mein Schritt wurde schneller, doch dabei auch leiser, federner, ein optimistischerer Gang, den ich schon so lange nicht mehr gegangen war. Denn ich hatte einen Plan. Und Zeit, um nach zu denken.
Unbewusst verarbeitete ich meine malerhafte Umgebung, prägte mir meinen Weg ein und bewegte mich in die Richtung, welche ungefähr zu dem See führen müsste. Und dabei wurde der Plan präsenter.
Ich hatte Verbindungen. Verbindungen zu Hydra, mit denen ich sie anlocken könnte. Wenn ich einen meiner alten Arbeitskollegen kontaktierte, ihnen meinen Aufenthaltsort nannte, dann würde sicher gleich ein ganzer Trupp kommen, um mich zurück zu holen. Doch dann würde ich vorbereitet sein.
Erst hatte ich überlegt, ob ich vielleicht Giftgas vorbereiten sollte, damit sie alle um mich herum ohnmächtig werden würde, doch das ging nicht. Hydra, Fite, kannte meine Tricks und Kniffs, hatte sie mir selber bei gebracht, auf so was simpeles würden sie nie im Leben rein fallen. Allerdings könnte ich versuchen, sie mit meiner Kraft, ein zu hüllen. So wie ich es bei Peter gemacht hatte, nur würde es sie nicht vor der Umelt schützen, sondern von der Umwelt abschirmen. Aber so viel Kraft musste ich erstmal aufwenden können. Es war riskant, keine Frage, aber es war ein guter Weg, denn bis ich in Vermont angekommen wäre, dauerte mir einfach zu lange.

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