Ich weiß es ist falsch auf ihn zu stehen, aber wie könnte ich nicht? Je länger das alles noch geht, desto schwerer wird es für mich sein ihn irgendwann los zu lassen. Aber...kann etwas das sich so gut anfühlt...wirklich falsch sein? Ich kann einfach...
Vom ganzen lernen brummt mir schon der Schädel. Seit dem Abendessen hab ich nichts anderes mehr gemacht. Da fällt mir wieder ein, dass ich Jimin ja noch Mathe erklären soll. Komisch, dass er sich noch nicht gemeldet hat. Wenn er Training hat ist er beim Essen zwar nie da, aber sonst kommt er immer gleich zu mir wenn er zuhause ist. Ich stoße mich von meinem Schreibtisch ab und rolle etwas zurück um aufzustehen. Mal sehen was er gerade treibt.
"Chim?", frage ich und klopfe an seine Zimmertür bevor ich einfach rein platze. Verwirrt sehe ich mich um. Niemand da. Ich kratze mich leicht im Nacken und entscheide mich mal unten nach ihm zu sehen, vielleicht sitzt er ja im Wohnzimmer. Gerade als ich die Treppe runter komme geht die Haustür auf. "Jimin?", frage ich besorgt. Ist er echt erst jetzt nach Hause gekommen? Ich weiß ja, das er heute Training hatte, aber so spät war er noch nie. Sein irgendwie erschrockener Blick macht mich daher noch stutziger. "Ist alles okay?", will ich wissen. Schnell nickt er und ich kann hören wie er sich räuspert. "Ja, was soll sein? Es ist nur etwas...später geworden als sonst.", sagt er und lächelt mich dabei lieb an. "Achso...", entgegne ich nur, wenig überzeugt von seiner Aussage. Ich sehe es ihm doch an, dass irgendwas passiert ist, aber er möchte wohl nicht darüber reden. Immer noch besorgt gehe ich auf ihn zu, seine Bewegungen als er sich Schuhe und Jacke auszieht sehen irgendwie schwerfällig aus. "Chim...", fange ich leise an. Ich lege meine Hand auf die Schulter meines Bruders, was ihn kaum merklich zusammenzucken und innehalten lässt. Er sieht mir nicht mal in die Augen, so kenne ich ihn gar nicht. "ChimChim.", sage ich dieses mal mit mehr Nachdruck in der Stimme. Langsam hebt er Jimin seinen Blick und als seine verletzten Augen direkt in meine sehen bleibt mir das Herz stehen. Sofort ziehe ich ihn in meine Arme und drücke ihn an mich. Seine kleinen Hände krallen sich in meinen Hoodie und ich merke wie meine Schulter langsam feucht wird. Er weint. "Wenn irgendwas passiert ist....dann sag es mir bitte, hm? Ganz egal was es ist, du kannst mir alles sagen!", erinnere ich ihn, auch wenn er das ganz genau weiß.
Ich nehme ihn mit in mein Zimmer, gebe ihm seinen Lieblings Hoodie von mir, den er so gerne anzieht und schicke ihn ins Bad. Ein paar Minuten später steht er, in den schwarzen Stoff gehüllt wieder vor mir. Einen so ausdruckslosen Blick in seinem Gesicht, dass es mir ein bisschen Angst macht. Ich nehme seine Hand und ziehe ihn sanft mit zu mir ins Bett. Ich weiß nicht, aber ich habe das Gefühl, dass ich Jimin gerade nicht alleine lassen sollte. Wir legen uns hin und ich ziehe ihn wieder in meine Arme, breite die Decke über uns aus und schalte die kleine Nachttischlampe aus.
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Heute Morgen war Jimin wieder ganz der alte. Was auch immer ihm Gesten so zugesetzt hat, ich bin froh, dass er wieder fröhlich ist. Mit meinen beiden Freunden, Nam und Yoongs stehe ich draußen auf dem Schulhof, in der Ecke wo sich immer die Raucher sammeln. Selbst kaufe ich mir zwar keine Zigaretten, aber wenn Yoongs sie mir anbietet, rauch ich schon mal eine mit. Aber heute war mir nicht danach. Wieder bietet mein Freund mir eine Kippe an, aber ich schüttle den Kopf. "Kein Bock, aber danke." "Is alles klar bei dir? Du grübelst schon die ganze Zeit so angestrengt über irgendwas nach.", stellt Nam fest und ich sehe ihn an. Er hat recht, Jimins Verhalten von gestern lässt mir immer noch keine Ruhe. Leicht zucke ich mit den Schultern und sehe vor mir auf den Boden. Ich kicke einen Stein zur Seite und seufze leicht. "Irgendwas war gestern mit Jimin, aber er wollte es mir nicht sagen." "Erzählt ihr euch nicht sonst immer alles?", fragt Yoongs verwirrt und zieht an seiner Kippe. Ich nicke. "Deswegen wurmt ihn das wahrscheinlich auch so. Tae ist es nicht gewohnt, dass sein Bruder Geheimnisse vor ihm hat." Das bin ich wirklich nicht gewohnt. Aber ich zwinge ihn ja nicht mir immer alles zu erzählen, er kommt damit zu mir, so wie ich immer zu ihm. Wir vertrauen uns eben und die Meinung des anderen ist uns wichtig. "Vielleicht hat er ja nen Lover?", meint Nam grinsend und nimmt einen letzten tiefen Zug an seiner Kippe, bevor er sie im, hier aufgestellten Aschenbecher ausdrückt. "Nah...dann hätte er sich wohl eher gefreut und mich nicht angeguckt wie ein verschrecktes Reh.", wende ich gegen seine Aussage ein und er nickt zustimmend. "Vielleicht hat ihn jemand belästigt?", kommt daher das genaue Gegenteil von Yoongi. "Du meinst jemand anderes als du?", grinst Nam ihn an und erntet dafür einen bösen Blick. "Yah, ich weiß aber wann ich aufhören muss." "Nur nicht wann du endlich aufgeben solltest. " Während die beiden sich weiter gegenseitig aufziehen lasse ich mir Yoongis Aussage durch den Kopf gehen. Jemand soll Jimin belästigt haben? Zu seinem Verhalten würde das schon irgendwie passen, aber außer in der Schule und beim Tanzen war er doch nirgendwo. Oder? So spät wie er nach Hause gekommen ist, kann ich das nicht mal genau sagen. Besorgt lege ich meine Stirn in Falten.
"Mal was anderes. Tae, ich krieg morgen nach der Schule n neues Tattoo. Bock mit zu kommen?", höre ich Yoongs fragen und sehe ihn überrascht an. Er weiß genau wie sehr mich das interessiert und das ich selbst gern eins hätte. Tattoos sind eine Art von Kunst die mich einfach begeistert. "Klar! Bin dabei.', sage ich sofort zu und wir besiegeln das mit einem Handschlag. Es klingelt zur nächsten Stunde und auch Yoongi ist endlich fertig mit seiner Kippe. Da er das letzte Jahr wiederholt, ist er schon 18 und hat ein paar kleine Kunstwerke auf seiner Haut verewigen lassen. Ich darf noch nicht und ich glaube Mum fände das auch nicht so geil. "Wir sehen uns.", verabschiede ich mich von meinen Freunden, als sich unsere Wege auf dem Flur trennen. Leider sind sie in der anderen Klasse, zusammen mit J-Hope, welcher sich gerade von Jimin trennt. Es freut mich das breite Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen. Als der Blick meines Bruders auf mich fällt nimmt sein Lächeln entspannte Züge an, was aber nicht heißt, dass es nicht genau so hell strahlt. Ich nicke in Richtung unseres Klassenzimmers und Jimin nickt, zusammen gehen wir weiter. Freudig hackt er sich bei mir unter, was mich natürlich nicht stört. "Du TaeTae?", höre ich seine niedliche Stimme. Wenn er schon so anfängt, dann will er immer irgendwas von mir. "Hm?" "Kannst du mich morgen vielleicht vom Training abholen?", fragt er vorsichtig. Ich sehe ihn an als ich uns die Tür öffne und sie ihm aufhalte. "Ich weiß nicht ob ich es schaffe, ich hab mich mit Yoongs verabredet.", antworte ich ihm ehrlich und merke sofort wie er meinem Blick plötzlich ausweicht. Passt ihm das etwa nicht? "Achso...okay.", ist seine ziemlich knappe Antwort. "Ich versuchs aber. Kann nur sein, dass ich etwas später komme.", versuche ich es versöhnlich, doch er nickt nur und setzt sich stumm auf seinen Platz vor mir. Dreht sich nicht mal mehr um. Jimin benimmt sich schon wieder so komisch, ich bin echt verwirrt.
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Zusammen mit Yoongi sitze ich im Bus in die Stadt und starre aus dem Fenster. Ich habe ein mega ungutes Gefühl, weil Jimin Heute den ganzen Tag so neben der Spur war. Gestern hab ich wirklich gedacht es wäre alles wieder gut, aber irgendwas stimmt nicht mit ihm. Nur will es mir einfach nicht sagen was. Wenn ich ihn frage weicht er mir immer aus, sieht mich dabei nicht mehr an und wechselt das Thema. Ein Schlag gegen meine Schulter lässt mich aus meinen tiefen Gedankengängen hoch schrecken. Überrumpelt fahre ich zu meinem Freund rum und sehe ihn entsetzt an. "Au!", ist alles was ich entgegne und reibe mir über die betroffene Stelle. "Komm, Trantüte. Wir müssen aussteigen.", macht er mich aufmerksam und erst jetzt fällt mir auf, dass er schon steht. Hastig nehme ich meine Tasche und springe auf, zusammen steigen wir aus dem Bus und laufen die Straße runter.
Der Tattoo-Shop ist klein, aber von innen richtig gemütlich eingerichtet. Im Wartebereich schreien, ein kleines Sofa und zwei Sessel voller Kissen, regelrecht danach, dass du es dir bequem machst. Es stehen kleine Wasserflaschen für die Kunden bereit und eine Schüssel mit Keksen, in die ich doch gleich mal rein greife. Yoongs schmeißt sich gleich auf das Sofa und lehnt sich zurück, ich folge ihm langsam und lass dabei meinen Blick durch den Raum schweifen. Die ganzen Fotos und Zeichnungen an den Wänden sind wirklich der Wahnsinn. Gerade als ich meinen Hintern auf dem weichen Polster platziert habe kommt auch schon die Tätowiererin um die Ecke. "Yoongi, pünktlich wie immer.", lächelt die blonde, junge Frau meinen Freund an. Ich komme nicht umhin ihre voll tätowierten Arme und auch ihr Dekolletee zu bestaunen. Dann fällt ihr Blick auf mich und ich zucke leicht ertappt zusammen. "Und wer bist du, Hübscher?", fragt sie mich. Irgendwie macht ihr Blick mich wahnsinnig nervös und ich muss schlucken um meinen trockenen Hals zu befeuchten. "Park T-Taehyung.", stelle ich mich vor und natürlich schaffe ich das nicht ohne zu stottern. Peinlich. Aber sie übergeht das einfach und lächelt mich an. "Bekommst du auch was, oder bist du nur die moralische Unterstützung?" "Er ist noch minderjährig, Alli. Tae darf noch nicht.", antwortet mein Freund für mich und ich nicke zustimmend. Vergiss das Leider nicht, ich hab so viele Ideen die sich mega gut als Tattoo machen würde. "Verstehe. Ich hab deinen Entwurf fertig, kommt doch gleich mit nach hinten." Yoongi steht auf und folgt der netten Frau, die offensichtlich den Namen Alli trägt, nach hinten und ich folge meinem Freund. Alli deutet mir auf dem Stuhl in der Ecke platz zu nehmen, während Yoongi sich auf dem Tätowier Stuhl setzt. "Auf welchen Arm soll es nochmal?" "Linken inneren Unterarm." Neugierig beobachte ich wie Alli die Vorlage fertig macht und sie akribisch genau auf seinem Arm platziert, nachdem sie sich die schwarzen Handschuhe angezogen und seine Haut desinfiziert hat. Mit der Brille die sie sich dafür aufgesetzt hat sieht sie gleich noch professioneller aus. Kurz mustere ich Alli noch von der Seite und beobachte sie bei ihrer Arbeit, als ich einen genaueren Blick auf das Motiv werfe. "Huh?!", gebe ich überrascht von mir und stehe auf um es besser zu sehen. Der fragende Blick von Alli und das wissende Grinsen von Yoongi lagen stumm auf mir, als ich noch einen Schritt näher kam. "Das ist doch mein Bild. Das was ich letzte Woche für dich zeichnen sollte.", stellte ich fest und sah meinen Freund an. "Stimmt.", gab er ohne zögern zu. "Deshalb hab ich dich gefragt ob du mit kommst.", meinte er locker und zuckte mit den Schultern als wäre das völlig logisch. "Ein bisschen spät um um Erlaubnis zu fragen, hm?", grinste ich ihn an. Er wusste genau, dass ich damit kein Problem habe, eher das es mich mega freuen würde wenn er sich eines meiner Bilder für immer auf der Haut verewigen lassen würde. "Es ist einfacher um Verzeihung zu bitten als um Erlaubnis." Grinsend streckt er mir die Zunge raus und wir lachen. "So so, das hast also du gezeichnet?", mischt sich die Tätowiererin plötzlich ein, die derweil angefangen hat die Maschine auf zu bauen und alles bereit zu machen was sie gleich brauchen würde. Kurz blickte sie mich über den Rand ihrer Brille hinweg an und ich nickte. "Du hast wirklich Talent! Die Zeichnung ist super und ich musste kaum was ändern. Ich hab mich schon gefragt wo unser Yoongi so eine Vorlage her hat.", erklärte sie. Bei ihrem Kompliment färbten sich meine Wangen ein wenig rot. Sowas von einer Künstlerin wie ihr zu hören bedeutete mir viel. "Danke. Ähm...aber warum musstest du es ändern?", wollte ich ehrlich neugierig wissen. Schmunzelnd sah sie mich an. "Ich hab nur die Positionen der beiden Rosen etwas geändert, damit sie sich den Rundungen besser anpassen und es am Ende auch gut aussieht, weißt du. So ein Arm ist eben kein glattes Blatt Papier." Verstehend nickte ich. Ich hab mich schon gewundert, als Yoongi mich nach dem Bild einer Taschenuhr mit seinem Geburtsdatum, umrahmt von zwei blühenden Rosen, gefragt hat. Das war doch eher eine ungewöhnliche Bitte von ihm.
Wie gebannt sehe ich ihr bei ihrer Arbeit zu. Das ist so faszinierend! Wir unterhalten uns die ganze Zeit über alles mögliche und ich merke gar nicht wie die Zeit vergeht. Nach gut 2 Stunden legt Alli die Nadel nieder. "So, fertig.", verkündet sie zufrieden und ich konnte sehen wie erleichtert Yoongi war. Ich glaube die letzten 30 Minuten hat er ganz schön gelitten. Aber das Ergebnis kann sich echt sehen lassen. Kurz bestaunen wir das fertige Werk, bevor Alli es nochmal richtig sauber macht und zum Schutz mit Folie abdeckt. "Danke.", sage ich an Alli gewandt und bekomme dafür einen verwirrten Blick von ihr. "Warum bedankst du dich? Es ist doch sein Arm.", fragt sie lachend und auch ich muss grinsen. "Naja, weil es mein Bild ist. Und du es echt super umgesetzt hast.", sage ich etwas schüchtern und senke meinen Blick. "Schon mal daran gedacht selbst Tätowierer zu werden wenn es dich so begeistert?"
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