The Truth

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Taehyung POV


"Tragischer Autounfall tötet fast eine ganze Familie - einziger Überlebender ist der 4 jährige Sohn.", lese ich mit brüchiger Stimme vor. Das Bild welches sich direkt unter der Überschrift befindet, treibt mir die Tränen in die Augen. Es zeigt ein völlig zerstörtes Auto, welches auf dem Dach in einem kleinen Graben liegt. Langsam nehme ich meine zitternde Hand von dem Kopf, am liebsten hätte ich einfach weiter gedreht, aber das war es immerhin wonach wir gesucht haben. Wonach ich gesucht habe. Nämlich Antworten.
Antworten auf all die Fragen die ich mir ständig stelle und die mich belasten.

Aber verkrafte ich diese Antworten auch?

Tief durchatmend fange ich an die ersten Zeilen, still für mich, zu lesen.
"Während eines starken Unwetters, muss der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug verloren haben. Es überschlug sich mehrfach und krachte anschließend in dem Straßengraben neben der Fahrbahn in einen Baum."
Schwer muss ich schlucken, als ich das lese. Automatisch rufe ich mir meine Erinnerungen ins Gedächtnis. Es hat furchtbar geregnet, sie haben sich gestritten. Der Fahrer, mein Vater, er hat in dem Moment wo es passierte nicht auf die Straße geguckt, sondern zu meiner Mutter neben ihm.

"Der Fahrer, Kim Jung-so (39 Jahre) und die Tochter, Kim Ji-won (2 Jahre), waren sofort tot. Die Beifahrerin, Kim Yu-jeong (36 Jahre), erlag noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen. Einzig der Sohn, Kim Tae-hyung (4 Jahre) überlebte mit leichten Verletzungen, wie durch ein Wunder, und wird derzeit im Krankenhaus behandelt."
Ich hatte eine Schwester, sie saß neben mir im Wagen, in ihrem Kindersitz auf der Fahrerseite. Sie hat geweint, es ist als könnte ich sie wieder schreien hören.

Stumm rollen mir die ersten Tränen über die Wangen und ich beiße mir auf die Lippe, um die bitterlichen Geräusche zu unterdrücken, die sich in mir anbahnen. Ich kann aber nicht verhindern, dass ein leises Schluchzen meine Kehle verlässt.
"Oh Baby...", höre ich Mums leise Stimme, als sie meine Tränen bemerkt. "Komm her.", flüstert sie mir zu und zieht mich liebevoll in ihre Arme. Sofort vergrabe ich mein Gesicht in ihrer Halsbeuge und kralle mich auf ihrem Rücken in ihrer Jacke fest. Behutsam streichelt sie mir über den Hinterkopf, während ich versuche keinen kompletten Nervenzusammenbruch zu erleiden.

Warum tut es so weh?
Ihre Namen sind mir völlig fremd und doch fühlt es sich an, als würde ein Teil in mir gerade zerbrechen. Ich kann mich nicht an sie erinnern, nicht an ihre Namen, nicht mal an ihre Gesichter. Es ist einfach viel zu lange her. Aber zu wissen, dass es meine Familie war, die bei diesem Unfall starb, dass ich ebenfalls in diesem Auto gesessen habe, es fühlt sich furchtbar an!

~~

Zusammen mit Jimin sitze ich auf der Rückbank unseres Wagens und warte, dass Dad mit telefonieren fertig ist. Er und Mum stehen draußen vor dem Wagen auf dem Parkplatz. Sie ganz ruhig und abwartend, während Dad mit seinem Handy am Ohr die ganze Zeit auf und ab läuft. Aber so wirklich darauf achten tue ich nicht. Ich starre nur vor mir ins leere. Jimin versucht schon die ganze Zeit mich aufzuheitern, erfolglos. Immerhin hat er es vor einigen Minuten geschafft mich so weit zu beruhigen, dass mir nicht mehr unaufhörlich die Tränen kommen.

 Dennoch will mich dieses beklemmende Gefühl nicht mehr los lassen, egal wie sehr mein Bruder sich auch anstrengt mich zum lachen, oder zumindest zum schmunzeln zu bringen. Meine Mundwinkel wollen sich nicht mehr nach oben bewegen.
All die Dinge, die ich durch diesen Zeitungsartikel erfahren habe, lasten schwer auf mir. Sollte es mir nicht eigentlich helfen? Mich besser fühlen lassen, zu wissen was damals wirklich passiert ist? Bis jetzt tut es das definitiv nicht.

Langsam drehe ich meinen Blick zur Seite, wende ihn noch weiter von Jimin ab, der nur ein frustriertes Seufzen von sich gibt, und sehe meine Eltern an. Mit wem Dad wohl telefoniert? Das Gespräch dauert jetzt bestimmt schon 10 Minuten, es muss wichtig sein. Mit einem tiefen Seufzen lasse ich meine Schultern noch tiefer sinken, falls das überhaupt noch möglich ist. Kurz schließe ich meine Augen, es fühlt sich an als würde diese endlose Dunkelheit versuchen mich zu verschlingen. Und ich hab nicht die Kraft mich dagegen zu wehren, lasse mich immer tiefer in diese sinken.

Is it Wrong?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt