We know

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Verloren in meinen Gedanken starre ich aus der Fenster und beobachte die rasant an mir vorbei rauschende Landschaft. Genau so schnell wie die Bäume da draußen an mir vorüber ziehen, jagen all die Erinnerungen und Gefühle der letzten Jahre durch meinen Kopf.
Bilder wie ich Hobi in der Mittelschule kennen gelernt habe. Damals hat es mir noch ziemlich an Selbstbewusstsein gemangelt und ich hab mich immer viel an Tae geklammert. Aber Hobi, er war schon damals so ein Sonnenschein und hat mich einfach angequatscht. Er war mein erster richtiger Freunde neben meinem Bruder und Heute ist er mein bester.

Unseren Keks haben wir erst im zweiten Jahr der Oberschule kennen gelernt, da er ein Jahr unter uns ist. Von dem schüchternen und verunsicherten Jungen von damals ist auch nicht mehr so viel übrig. Jetzt ist er sogar ziemlich frech geworden, aber wir drei haben uns von Anfang an super verstanden. Ich bin so froh die beiden an meiner Seite zu haben, zu wissen, dass sie immer für mich da sind und sein werden. Ganz gleich was auch kommt.

Der Zug rauscht unaufhaltsam weiter über die Gleise. Fast zwei Stunden sitzen wir jetzt schon hier in diesem Vierer-Platz. Hobi auf dem Platz mir gegenüber, ebenfalls am Fenster und Kookie neben ihm. Mein bester Freund hat seine Kopfhörer im Ohr und wippt mit seinem Bein leicht zu der Musik die er hört, während der Jüngere seine Switch ausgepackt hat und ebenfalls mit Kopfhörern im Ohr spielt, um niemanden mit dem Ton zu nerven.
Lange werden wir nicht mehr in diesem Zug sitzen und ich konnte mich immer noch nicht überwinden den Mund auf zu machen.

Wo ist nur mein ganzes Selbstbewusstsein auf einmal hin?

Nachdenklich mustere ich meine beiden Freunde. Beiße mir kurz auf die Unterlippe.
Worauf warte ich eigentlich? Das ein Meteor vom Himmel fällt und mich erschlägt? Ich habe die letzte Woche viele Momente verstreichen lassen, in denen ich es ihnen hätte sagen können. Bessere Momente vermutlich, als hier mitten im Zug. Aber wenn ich es jetzt nicht tue, dann vermutlich nie!
Tief atme ich durch, bevor ich meine Kopfhörer von den Ohren nehme und sie mir um den Hals hänge. Meine Bewegung, als ich mich nach vorne lehne, zieht automatisch die Aufmerksamkeit meiner Freunde auf mich, und mein nachdenklich ernster Blick sorgt wohl dafür, dass sich beide sogleich ihre Stöpsel aus den Ohren ziehen.

"Alles okay, Jiminie?", fragt Hobi mich direkt und tauscht einen fragenden Blick mit seinem Nebenmann aus. Etwas unsicher knete ich meine Hände. Mit 'Nein' zu antworten wäre sicher etwas übertrieben aber ein 'Ja' definitiv gelogen. Kurz zucke ich mit den Schultern und sehe beide abwechselnd an, sie sehen besorgt aus.
"Eigentlich...will ich euch beiden nur etwas sagen...", fange ich schließlich zögerlich an zu reden. "Um ehrlich zu sein, will ich das schon die ganze Woche los werden."

Still schweigend sehen sie mich an. Hobi hat die Musik auf seinem Handy pausiert und Kookie hat seine Switch beiseite gelegt, womit sie mir zeigen, dass ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit habe. Jetzt gibt es also kein zurück mehr. Schwer muss ich Schlucken wenn ich über all die Möglichkeiten nachdenke, wie sie darauf reagieren könnten. Geduldig warten meine beiden Freunde darauf, dass ich zu sprechen beginne, während ich innerlich mit den Worten ringe. Wie soll ich das nur anfangen?

"Ich...also...", stammle ich unsicher und sehe kurz auf meine Finger, die angespannt ineinander verhakt sind. "Ich hab euch nie eine richtige Antwort darauf gegeben, wenn ihr mich gefragt habe, 'warum' ich mich von Yoongi getrennt habe. Naja, der Grund war, dass es jemand anderen gab...gibt.", rede ich um den heißen Brei herum. Versuche mich und meine Gedanken damit irgendwie zu rechtfertigen.

"Ich hätte euch das schon viel früher erzählen sollen, wollte ich auch, aber..." Ich unterbreche mich selbst mit einem leisen, nervösen Lachen. Ich merke selbst was für eine schlechte Ausrede das ist.
"...ich hab mich nicht getraut." Das tue ich immer noch nicht, wie man an meiner leicht zittrigen Stimme sicher merkt. Trotzdem fressen die ständigen Schuldgefühle mich auf, es fühlt sich einfach falsch an meine Freunde an zu lügen und Geheimnisse vor ihnen zu haben.

Als ich es wieder schaffe meine Augen auf meine Freunde zu richten, sehe ich noch den kurzen Blick den sie miteinander ausgetauscht haben. Verunsichert kaue ich auf meiner Unterlippe herum.
"Jiminie, ist schon okay. Wir...", setzt Hobi an, doch ich unterbreche ihn sogleich mit einem Kopfschütteln.
"Es ist nicht okay...", sage ich kleinlaut. "Wir sind seit einer Weile zusammen und ich hab es euch die ganze Zeit verschwiegen, weil ich Schiss hatte was ihr dann denkt." Frustriert fahre ich mir mit einer Hand durch die Haare. Bei dem Gedanken zieht sich mein Herz schmerzhaft zusammen, ich fühle mich als hätte ich die beiden Hintergangen.

Is it Wrong?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt