Wieder fahren seine langen Finger so unsagbar sanft durch meine Haare. Zufrieden zucken meine Mundwinkel nach oben, als ich meine Augen öffne und in Tae's liebevolles Gesicht blicke. Ich wollte gar nicht, dass mir das 'Ich liebe dich' so plötzlich über die Lippen kommt, aber das eben hat sich so gut angefühlt, dass es ganz von alleine passiert ist. Trotzdem habe ich nicht damit gerechnet, dass er es auch erwidert. Aber so wie Tae mich danach geküsst hat, wären gar keine Worte mehr nötig gewesen, so zärtlich und doch voller Leidenschaft. Lange haben wir uns geküsst und uns damit so viel gesagt, wofür es gar keine Worte gibt. Zufrieden seufzend kuschle ich mich mehr in das Kissen unter mir und genieße die zarten Streicheleinheiten. Auf dem Bauch liegend, kann ich mich immer am besten entspannen, während mein Bruder dicht neben mir auf der Seite liegt und mich seit einer gefühlten Ewigkeit einfach nur ansieht. Auch wenn wir beide schweigen, ist es alles andere als unangenehm. Bei ihm fühle ich mich einfach wohl.
"Wollen wir...vielleicht darüber reden?", bricht Tae dann aber zögerlich diese angenehme Stille zwischen uns, weshalb ich leise seufze.
"Nein...eigentlich nicht.", antworte ich ehrlich.
"Aber wir sollten."
"Ja, ich weiß.", gebe ich ungerne zu und öffne wieder die Augen, welche mir immer wieder zu gefallen sind. Unsere Blicke treffen sich und ich verfange mich sofort in seinen Augen. Sie verraten mir, dass es ihm genauso vor diesem Gespräch graut wie mir.
"Aber bitte sag nicht wieder, dass wir lieber damit aufhören sollten. Nochmal verkrafte ich das nicht. Nicht nach gerade eben.", flüstere ich leise und schmunzle leicht. Es soll eigentlich kein Vorwurf sein, es ist lediglich die Wahrheit, aber so reuevoll wie Tae mich gerade ansieht, mit zusammengezogenen Augenbrauen und angespanntem Kiefer, erkenne ich deutlich wie leid es ihm tut.
"Ich dachte, es wäre besser so...", erwidert er leise und wendet seinen Blick ab. "Ich hab dir damit weh getan, oder?", fragt er vorsichtig.
Ich will nicht, dass er aufhört mich anzusehen, weshalb ich vorsichtig meine Hand auf seine Wange lege und sein Gesicht wieder zu mir drehe.
"Ja, hast du. Aber ich liebe dich, Tae. Ich kann es nicht ändern...habs versucht. Und wenn ich ehrlich bin, will ich das auch gar nicht.", versichere ich ihm leise und streichle dabei immer wieder mit meinem Daumen über seine Wange. Ich liebe ihn so sehr, dass es mir schon fast das Herz zerreißt ihn so gucken zu sehen.
"Hast du deswegen mit Yoongi Schluss gemacht? Wegen mir?", fragt er weiter und seine Stimme hat fast etwas verzweifeltes an sich. Vermutlich ist es der Gedanke, schuld an dem plötzlichen Ende der Beziehung seines besten Freundes zu sein. Nachdenklich kaue ich auf meiner Unterlippe herum. Leider kann ich es nicht wirklich anders sagen.
"Jaaaa...schon irgendwie. Ich wollte wissen, ob ich tiefer gehende Gefühle für Yoongi entwickeln kann, aber..." Ich vollende den Satz nicht, ich fühl mich immer noch schlecht wegen all dem. Als ich Tae ansehe nickt dieser nur verstehend und lächelt mich leicht verlegen an.
Einen Moment herrscht wieder Stille zwischen uns in der wir einfach kleine zärtliche Berührungen austauschen.
"Was war das eigentlich mit dir und Kookie?", frage ich dann doch nach, als mein Bruder sanft unsere Finger miteinander verschränkt. Daran wie er meinem Blick ausweicht und sich mit der freien Hand kurz durch die Haare fährt, merke ich gleich wie unangenehm ihm diese Frage gerade ist. Trotzdem antwortet er mir.
"Was einmaliges...ein...Ausrutscher. Wir waren beide nicht in der Lage vernünftige Entscheidungen zu treffen und eins hat zum anderen geführt, aber...wir haben drüber geredet.", erklärt er mir ohne dabei seinen Fehler schön zu reden, oder zu versuchen die Schuld von sich abzuwenden. Das mag ich so an meinem Bruder. Er hat genug Eier in der Hose um dazu zu stehen wenn er Mist gebaut hat.
"Wann habt ihr denn geredet?", erkundige ich mich überrascht und da fängt er an mir von dem Schultag zu erzählen den ich verpasst habe, da ich ja...verhindert war. Davon wie sie ihn gelöchert haben, er irgendwann eingeknickt ist und aufgrund der Panikattacke geflüchtet ist. Das Kookie ihm gefolgt ist und wie er ihm dadurch geholfen hat.
Ich kann nicht anders als ihm lächelnd zuzuhören, auch wenn mein herz bei seinen Worten ein wenig zu drücken beginnt. Kookie hat so eine reine Seele, ich hoffe so sehr, dass er auch irgendwann sein Glück findet. Er hat es verdient!
Ich bin mehr als froh, dass wenigstens zwischen den beiden alles gut zu sein scheint, was ich von Yoongi und mir nicht behaupten kann. Ob er wohl noch was zu Tae gesagt hat?
"Wie soll es jetzt weiter gehen? Also mit uns mein ich?", kommt es schließlich von ihm, nachdem er seine Erzählung beendet hat.
Das ist wirklich eine gute Frage.
Ich drehe mich auf die Seite und sehe meinen Bruder an.
"Naja...im Normalfall, wenn sich zwei Leute sagen, dass sie sich lieben, kommen sie danach zusammen." Aber wir sind kein Normalfall.
"Wir sind Brüder. Wie erklären wir das Mum und Dad? Was wenn..." Tae beendet seinen Satz nicht, aber das muss er auch gar nicht. Ich weiß, welche Sorgen er hat, die habe ich auch. Was wenn sie es nicht gut aufnehmen? Wenn sie es uns verbieten auf solch eine Art zusammen zu sein? Wie sollen wir uns nicht nahe sein, wenn wir doch in einem Haus wohnen?
Besorgt mustern mich seine dunklen Augen. Ich würde ihm gerne die perfekte Lösung auf dem Silbertablett servieren, aber die habe ich nicht. Stumm zucken ich mit den Schultern.
"Am besten wohl gar nicht...", antworte ich ihm schließlich leise.
"Du willst sie anlügen?", fragt er völlig entsetzt, worauf ich nur den Kopf schüttle.
"Ich will sie nicht anlügen. Es nur einfach...nicht ansprechen." Ich weiß, das ist eine echt dumme Idee, aber eine andere habe ich nicht.
Tae liebt mich auch, ich könnte gar nicht glücklicher sein, jetzt wo ich das weiß, aber dieses Glück wird gerade gänzliche von der Sorge und der Angst überdeckt, dass wir nicht zusammen sein können. Und das einfach nur weil auf einem Blatt Papier steht, dass Tae mein Bruder ist. Das ist nicht fair!
"Weißt du TaeTae, alle sagen mir ich soll auf Abstand gehen um mir darüber klar zu werden was ich wirklich will.", fange ich an und streiche ihm dabei eine Haarsträhne hinters Ohr. Sanft lasse ich meine Finger über seine Wange gleiten und folge ihnen mit meinem Blick, bis ich ihm wieder in die Augen sehe.
"Ich dachte, vielleicht haben sie Recht und es wäre das beste für uns...für mich, wenn ich dir eine Weile nicht so nahe komme." Wieder kann ich Besorgnis in seinen Augen sehen. Nervös kaut er auf seiner Unterlippe herum, als würde er etwas sagen wollen, doch er tut es nicht, sondern wartet, dass ich weiter rede.
"Aber...mich von dir fern zu halten fühlt sich einfach so falsch an, jede Faser meines Körpers sträubt sich dagegen und sagt mir, dass es nicht richtig ist. Dass ich zu dir gehöre.", flüstere ich nur noch. Ein kleines Lächeln legt sich auf meine Lippen als ich den Rotschimmer auf seinen Wangen sehe. Meine Worte scheinen ihn verlegen gemacht zu haben, denn seine Augen huschen immer wieder kurz zur Seite, bevor er mich doch wieder ansieht.
"Ich weiß schon lange was ich will. Nämlich dich ganz für mich alleine."
Peinlich berührt vergräbt Tae sein Gesicht in dem Kopfkissen unter sich und drückt meine Hand, die immer noch in seiner liegt. Kichernd beobachte ich dieses süße Bild und streichle weiter seine Wange.
"Chim ich...weiß gar nicht was ich jetzt dazu sagen soll.", nuschelt mein sonst so cooler Bruder völlig mit der Situation überfordert, als er sich wieder traut seine Augen auf mich zu richten. Lächelnd schüttle ich den Kopf.
"Du sollst gar nichts sagen.", hauche ich ihm zu und lasse meine Hand in seinen Nacken wandern. Sanft ziehe ich ihn zu mir und lehne mich gleichzeitig zu ihm vor, nur um im nächsten Moment unsere Lippen miteinander zu verbinden.
Perplex blinzelt Tae ein paar mal, bevor er auf den Kuss eingeht und auch ziemlich schnell die Kontrolle an sich reißt. Seine Hand wandert an meine Hüfte, an der er mich näher zu sich zieht. Leicht grinse ich in den Kuss und lasse genüsslich meine Augen zu fallen.
Es ist als würde endlich mein lang ersehnter Traum wahr werden.
~~
Der Sonntag vergeht schneller als ich gucken kann. Und das ohne, dass Tae und ich das Bett wirklich verlassen haben. Naja, außer zum essen und zum pinkeln versteht sich. Wir haben uns darauf geeinigt erstmal alles für uns zu behalten. Tae hat ein etwas schlechtes Gewissen bezüglich Yoongi und ich möchte es nicht unseren anderen Freunden erzählen nur um sie dann bitten zu müssen es vor dem Älteren geheim zu halten. Ich will Hobi, Kookie und auch Namjoon nicht in diese Geheimnistuerei mit rein ziehen. Das erscheint mir einfach nicht richtig. Und Mum und Dad...naja, wir wollen ein bisschen Zeit vergehen lassen, bis wir es ihnen irgendwie beibringen. Jetzt will ich es erstmal genießen, dass meine langwierigen Gefühle endlich erwidert werden, auch wenn es nur heimlich in eine unserer Zimmer passiert, oder wenn wir irgendwie irgendwo ungestört sind.
Auf Grund der Tatsache, dass Tae und ich uns immer schon sehr nahe standen, hat es niemand in der Schule komisch gefunden, wenn ich mich bei meinem Bruder eine gehackt habe oder zwischendrin mal nach seiner Hand gegriffen habe. Genauso anders herum, wenn er mich von hinten umarmt und mich an sich drückt. Kleine Zärtlichkeiten, die für uns beide jetzt noch so viel mehr bedeuten.
Ein flüchtiger Kuss auf dem Schulklo, wenn sonst niemand da ist.
Ein verliebtes Lächeln, wenn gerade niemand hinschaut.
Das flüstern süßer Nettigkeiten wenn die anderen sich gerade unterhalten.
Die Schmetterlinge in meinem Bauch möchten gar nicht mehr aufhören völlig verrückt zu spielen und manchmal ist es echt schwer sich nichts von alle dem anmerken zu lassen.
So vergehen die Tage, bis wieder zwei ganze Wochen vergangen sind und wir schon den letzten Schultag vor den Ferien haben. Das bedeutet aber auch, dass ich Morgen um diese Zeit mit meinen beiden Freunden im Zug nach Busan sitzen werde. Eine Woche, ganz ohne meinen TaeTae. Wie soll ich das nur überleben?!
Gerade ist seine Nähe doch alles was ich will. Aber dieser Kurzurlaub war eben schon geplant, bevor wir zueinander gefunden haben. Absagen ist nicht und ich freu mich da ja auch drauf. Der Ausflug wird sicher legendär, wir haben uns einiges vorgenommen. Trotzdem wird mein Bruder mir in der Zeit unheimlich fehlen, da bin ich mir jetzt schon sicher.
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Heute mal kein böser Cliffhänger :D
Bin ich nicht nett?
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Is it Wrong?
FanfictionIch weiß es ist falsch auf ihn zu stehen, aber wie könnte ich nicht? Je länger das alles noch geht, desto schwerer wird es für mich sein ihn irgendwann los zu lassen. Aber...kann etwas das sich so gut anfühlt...wirklich falsch sein? Ich kann einfach...