Es war kalt geworden, der Sommer war vorbei und es wurde schon früh dunkel. Es war Oktober und ohne Jacke konnte man schon fast gar nicht mehr raus gehen. Es war ein kalter und nasser Herbst gewesen und reiten machte nicht immer soviel Spaß.
Bei Sabine gab es keine Reithalle, aber es gab noch ein anderen Stall im Dorf. Dort gab es eine Reithalle, in der wir immer trainieren durften wenn es regnete.
Diese Alternative gefiel mir allerdings gar nicht, denn schon schnell musste ich erfahren, dass es der Reitstall von Franzis Vater war und nicht nur sie, sondern auch Till dort ritt und sich immer über mich lustig machen konnte.
Im generellen war es ein Turnierstall und dort ritten nur die Bonzenkinder mit ihren ach so tollen Pferden. Vielleicht hätte ich gar nicht so viele Vorurteile gegenüber deren Reichtum gehabt, wenn ich gewusst hätte wie teuer Rübchen und wie viel Geld Rocky wert war.
Das war das Problem, ich wusste es nicht, sie schon. Sie kannten sich viel mehr mit den Zuchtlinien aus und wussten ganz genau was für Blut durch deren Adern floss, der Neid war deshalb noch umso größer und es wurde sich regelmäßig das Maul über mich zerrissen.An einem Tag wollte ich Jaromir von der Weide holen. Ich ging zu ihm und sah, dass er nur auf drei Beinen stand.
Ich bekam Panik und lief sofort zum Hof.
Die Pferde standen nicht mehr auf der Sommerweide, sondern auf einer kleineren, näher am Stall dran. Dieser Aspekt war zu dem Zeitpunkt meine Rettung, denn so dauerte der Weg bis zur Hilfe nicht so lange.
Sabine und Theo liefen schnell mit mir zur Wiese, Emil rief in der Zeit den Tierarzt, der auch ziemlich flott da war.
Jaromirs Bein war warm und dick, es sah nicht gut für ihn aus.
Der erste Verdacht des Tierarztes bestätigte sich, Jaromir hatte einen Sehnenschaden. Keiner konnte so recht sagen wie das kam, aber wir wussten, dass es ernst war. Es sah schon nicht gut aus.
Er war erst einmal nicht mehr reitbar und wir mussten ihn sehr pflegen, er bekam Salben und Verbände, außerdem hatte er die ersten zwei Wochen Boxenruhe. Dann haben wir wieder langsam angefangen mit kleinen Schrittspaziergängen. Jaromir war wirklich ein kleiner Sorgenkandidat, es wurde einfach nicht besser. Wir beschlossen ihn erstmal eine ganze Zeit separat von den anderen zu halten. Er bekam zwei ruhige Kumpels mit auf den Paddock und dann war auch gut. Es war wirklich kompliziert.
Ich war ein bisschen traurig darüber, ändern konnte ich es aber nicht.
Mit Rübchen lief alles richtig gut und Mama verlangte immer mehr.
Mama hatte einen Trainer organisiert, der zwei mal in der Woche kam. Ich dachte schon dass, das viel war, aber was mir die Monate darauf blühte, konnte ich mir nicht mal im Traum ausmalen.Ende November hatte ich mal wieder Training, es wurde immer härter und anspruchsvoller und ich hatte zu der Zeit mindestens drei mal die Woche Training.
An einem stürmisch kalten Tag hatte ich Training und Rübchen war gar nicht gut drauf. Schon als ich ihn aus seiner Box holte, legte er die Ohren an und schnappte nach mir. Dieses Verhalten machte mir schon ein wenig sorgen, aber ich dachte mir nichts weiter dabei.
In den letzten Wochen ritt ich außerordentlich viel und sehr ehrgeizig, ich wurde immer selbstbewusster und konnte schwierige Situationen gut Händeln. Mein neuer Trainer war gut, aber am liebsten nahm ich Unterricht bei Sabine, Emil oder Theo.
Ich hatte vier Monate hartes Training hinter mir, an denen ich teilweise drei mal am Tag auf dem Pferd saß. Ich war bereit um für Turniere zu trainieren, es stand also regelmäßiges Springtraining auf Rübchen, Rocky und auch Thor an. Ich ritt auch noch viele anderen Pferde aus dem Schulbetrieb für Sabine und die Arbeit mit Rune lag mir immer noch sehr am Herzen. Er machte sich gut, ich hatte in den letzten Monaten mit ihn schon Ausritte in allen drei Gangarten absolviert und er hatte keine Angst mehr.
Es war selbstverständlich, dass er sich ab und zu noch erschreckte, aber er fühlte sich schon sehr wohl unter mir.
Für den Schulbetrieb war er nicht mehr geeignet, er brauchte starke Bezugspersonen und dies konnte ein solches Reitschulkind ihn nicht geben. Eigentlich schade drum, denn er war sonst immer so nervenstark und ein spitzen Therapiepferd.An diesem besagten Trainingstag war aber alles anders. Schon auf dem Weg zur Reithalle scheute Rübchen andauert und legte sich ziemlich ins Gebiss. Es war einfach nur anstrengend.
In der Halle war es dasselbe Spiel, er lief ständig seitwärts und scheute in den Ecken.
Dies Verhalten kannte ich schon von Thor und wusste damit umzugehen, aber Rübchen setzte sich nochmal die Krone auf.
Zuerst bockte er eine schöne Runde und blieb dann ständig stehen. An den Hindernisse lief er entweder vorbei oder machte kurz vor dem Absprung eine Notbremse, es haute mich ein paar mal fast aus den Sattel, aber ich hielt mich wacker und fiel nicht.
Dann aber, in einem kurzen unaufmerksamen Moment, lief er los und bockte wieder wie ein Weltmeister. Ich versuchte dies auszugleichen, aber als er dann über den hohen Oxer sprang, haute es mich runter.
Er sprang schief ab und riss den Ständer mit um, daraufhin erschrak er so sehr, dass er direkt hinterm Sprung auf der Stelle bockte. Das hatte er mich unten. Ich stand schnell wieder auf und klopfte mich sauber. Rübchen rannte bockend durch die Halle. Mein Trainer hatte keine Angst um mich, er hatte Angst, dass Rübchen sich verletzte. Was für ein emphatischer Mann er doch war.
Ich konnte nicht mehr und verließ die Halle.
Ich ging einfach nach Hause und ließ ihn da, ich habe Rübchen einfach da gelassen.
Mein Trainer brachte ihn zurück zum Stall, wo Sabine ihn dann wieder in seine Box brachte.
Es war mir zu dem Zeitpunkt sowas von egal was mit ihm passierte, ich wollte einfach weg.
Es war dunkel draußen und Mama war noch nicht zuhause, als sie dann aber da war und von dem Vorfall gehört hatte, war das Gemecker groß.
»Constanze wenn ich noch einmal höre, dass du dein Pferd irgendwo alleine stehen lässt, dann gibt es gehörigen Ärger!«
Sie war noch nichtmal ganz im Haus gewesen und schrie schon rum. Ich war aufgebracht und schrie zurück.
»Du weißt doch gar nicht was passiert war!«
»Das ist mir scheiß egal! Dieses Pferd war weitaus teurer als mein Auto, also hast du ihn gefälligst anständig zu reiten!«
»Das sagst du so leicht! Ich konnte da nichts für!«, ich schrie so laut ich konnte, um einfach von meiner Mutter gehört zu werden.
»Constanze, dein Pferd, deine Verantwortung! Merk dir das gefälligst!«
Mama redete so streng mit mir, sie hatte mich ja nicht mal gefragt wie es mir ging.
»Weißt du was?! MEINE Eltern haben sich getrennt! ICH bin in ein Kaff gezogen, was ich nicht mal freiwillig machte! In der Schule hab ICH kaum Freunde! ICH hab erfahren, dass meine Mutter mich jahrelang belogen hatte! MEIN Pferd hat MICH in den Sand gesetzt und keiner hat mich gefragt wie es MIR geht! ICH bin es leid! ICH will einfach wieder zurück! ICH will hier nur noch weg und mein altes Leben wieder haben!«
Nachdem ich dies sagte, ging ich einfach hoch in mein Zimmer und ging schlafen. Ich sah aus dem Fenster und sah mal wieder eine Sternschnuppe, damals bei meiner ersten Sternschnuppe, wünschte ich mir, dass sich viel verändern würde und hoffte auf reiterliche Veränderung. An dem Abend wünschte ich mir von der Sternschnuppe nur, dass es Jaromir wieder gut ginge und ich wieder mehr bei Sabine oder Theo reiten konnte.
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Zurück zu mir
Teen FictionDie zwölfjährige Constanze ist ein ganz normales Mädchen. Naja, vielleicht nicht so normal wie du oder ich. Ihr Leben scheint perfekt. Ein behütetes Eltern Haus - eine liebende Familie mit Geld ohne Ende. Was ist wenn aber nicht alles so bleibt wie...