Klärende Gespräche

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Nachdem die Schule wieder begann, war irgendwie alles ein bisschen chaotisch.
Jemand aus Tills Clique hatte ein Foto von dem Kuss in der Neujahrsnacht zwischen Till und mir aufgenommen und es mehrfach weitergeschickt. Schon nach kurzer Zeit kannte die ganze Schule dieses Bild und ich wurde von allen Seiten als »Hure« oder »Schlampe« bezeichnet. Jeder wusste, dass Franzi und Till zusammen waren und ich schien wie das verzweifelte Mädchen, welches sich an einen beliebten, hübschen Typen ran machte.
Das schlimmste war, dass Till keine Anstalten machte um das aufzuklären. Er setzte sogar noch einen drauf und machte mich zur Schuldigen dieser Situation.

An einem Tag betitelte mich ein 5. Klässler als Schlampe und mir platzte der Kragen.
Wutentbrannt ging ich zu dem Vollidioten Till und ließ meinen Ärger freien Lauf.
»Was zum Teufen fällt dir ein sowas über mich zu erzählen!«, rief ich während ich den Schulhof zu ihn überquerte.
Er stand selbstverständlich in mitten seiner Clique und drehte sich zu mir um.
Als ihn dann so selbstsicher sah, kam ein Fünkchen Angst in mir hoch. Ein zurück gab es aber nicht mehr, also beschloss ich es durchzuziehen. Ich geigte ihm meine Meinung.
»Was willst du Constanze?«
»Hör auf so einen Scheiß in der Schule zu verbreiten!«, meckerte ich selbstsicher.
»Das ist kein Scheiß!«, mischte sich Franzi von der Seite ein.
»Ach komm Franzi halt dein Mund, halte einfach deine Klappe!« Auf ihr Gelaber hatte ich am wenigsten Lust und ich wollte es mir einfach nicht anhören.
Empört riss sie den Mund auf und ihre Freundinnen - nein ihr Gefolge- fingen an sie zu verteidigen.
»Rede nicht so mit meiner Freundin«, meinte Till in einem Ton, den ich das letzte Mal bei ihm hörte, als er mich vor diesem Max verteidigte.
Ich bekam ein wenig Gänsehaut und hätte am liebsten geweint.
Mittlerweile standen viele Schaulustige um uns rum und folgten gespannt dem Gespräch, welches kaum zu überhören war.
»Ach so, jetzt ist es wieder deine Freundin. Wenn DU mich küsst, wie du es Sylvester getan hast, bin ich also die Schlampe, aber du kein Betrüger?«, fragte ich mit einem scharfen Blick und brachte den sonst so selbstsicheren Till ganz schön durcheinander.
Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Diesen Tick kannte ich mittlerweile von ihm und ich wusste, dass er verunsichert war.
Schnell antwortete er: »Warum sollte ich dich denn küssen wollen wenn ich doch so eine tolle Freundin habe?«
Er richtete sein Wort an seine Jungs.
»Wer würde schon so eine wie Conni küssen wollen?«, fragte er spöttisch.

Mittlerweile hatten auch Nick, Jule, Maria und Eske mitbekommen was abging und eilten mir zur Hilfe.
»Conni, lass gut sein«, sagte Nick und versuchte mich weg zuziehen.
Ich hörte nicht auf Nick und wollte für meinen Standpunkt kämpfen. Mein Papa sagte früher immer, dass ich es niemals hinnehmen sollte wenn jemand meinen Namen durch den Dreck zog.
»Ach so, jetzt würdest du mich nichtmal küssen? Und was war mit...«
Nick unterbrach mich.
»Conni, sag nichts was du gleich bereust!«
Er forderte mich sofort auf meinen Mund zu halten, was ich aber nicht tat.
»Was war denn auf dem Stützpunkttraining im Sommer und auf dem Turnier danach, huh? Was war in München im LKW?«
»Conni!«, rief Nick und hoffte, dass ich endlich mein Mund halten würde.
»Du sagst du würdest mich nicht küssen, warum hast du dann mit mir geschlafen?!«
Ich dachte es wäre eine gute Idee gewesen dies zu sagen, aber nachdem ich es aussprach bereute ich es wirklich. Ich sah die geschockten Gesichter der anderen und danach das verlegene Grinsen von Till.
»Du glaubst wirklich, dass ich das freiwillig gemacht habe? Du bist eine Wette gewesen! Nichts weiter als ein Wetteinsatz! Und soll ich dir was sagen Constanze?« Seine Stimme klang wütend und sogar ein bisschen aggressiv.
Ich merkte wie mein Gesicht heiß wurde und ich wäre am liebsten einfach im Boden versunken. Ich wollte nicht mehr hören was er sagen wollte.
»Komm Till, lass gut sein«, meinte nun auch Moritz von hinten, dem ich offensichtlich leid tat.
Alle anderen standen geschockt um uns rum und keiner traute sich so wirklich diese unangenehme Stille zu unterbrechen.
Bis Till dann doch nochmal nach tritt.
»Ich hab die Wette verloren!«
Diese Worte zogen sich durch meinen ganzen Körper. Wie angewurzelt stand ich da und konnte mich nicht fortbewegen.
Till lachte, die anderen eher nicht. Franzi sah mich nur schäbig an und gab mir zu spüren, dass ich weniger Wert war als sie.
Nick wollte Till gerade eine verpassen, als Eske eingriff.
Die 1,65m große Eske stellte sich mutig vor den riesigen Till und schlug ihn mit all ihrer Kraft mitten ins Gesicht.
»Du bist ein äußerst unerzogener Junge! Du solltest dich was schämen!«
Eske ließ Till richtig zusammenzucken. Das hatte wirklich keiner erwartet. Sowas war total untypisch für Eske und man merkte richtig wie ernst es ihr war.
Meine Tränen konnte ich nicht mehr zurück halten. Alles zog nur noch an mir vorbei und ich hörte die Stimmen, verstand aber die Worte nicht. Ich wollte einfach nicht mehr da sein.

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