Jaromir

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Zurück am Hof sattelten wir die Pferde ab, kratzten die Hufe aus und kühlten sie mit dem Gartenschlauch ein wenig ab.
Anschließend bekamen sie ein Halfter auf und wir schwangen uns auf die Fahrräder.
Fritz, Rocky und Möhrchen kannten es als Handpferd zu fungieren. Sie liefen brav nebenher. Wir fuhren zur großen Weide und stellten die drei zu den anderen Wallachen.
Es waren alles Wallache, ausgenommen Rocky, er war der einzige Hengst. Dies merkte man ihn oft aber gar nicht an. Er war ruhig und ausgeglichen. Zu den anderen Pferden war er fair und liebte es mit ihnen zu laufen. Keine unnötigen Machtspielchen, keine großen Rangeleien. Nur manchmal spielte er sich ein wenig auf und tippelte imposant auf der Stelle, sonst war er super umgänglich gewesen.

Mittags saßen wir allesamt bei Sabine in der Küche und aßen etwas kleines. Zur Mittagszeit hatte ich selten Hunger, genauso wie Nick und Theo. Mittags war bei ihnen selten Zeit zum essen, denn der Hof beanspruchte viel Zeit. Bei mir hat es sich irgendwann mal so eingependelt. Abends wurde immer zusammen Warm gegessen und in der Zwischenzeit gab es etwas kleines wie Salat.
Beim Essen erzählten wir von unserem Ausritt. Während ich mich zurück hielt, Sprudelte es nur so von Informationen aus Nick.
»Es war ein lustiger Ausritt und Conni ist sogar galoppiert. Und Möhrchen hat sich ausnahmsweise auch mal benommen«, erzählte er stolz und lachte.
»Wirklich?«, fragte Mama ungläubig und sah mich freundlich, aber durchdringend an. Ich glaube so richtig wohl war ihr bei der ganzen Sache nicht gewesen, sie schaute immer so komisch, so als wollte sie das alles gar nicht hören.
»Oh ja und das sogar ziemlich gut. Sie ist die geborene Reiterin«, fügte Theo begeistert hinzu.
Sabine schob sich ein Salatblatt in den Mund. »Wenn du willst kann ich dir am späten Nachmittag eine richtige Reitstunde geben, sofern das Okay für dich ist.«
»Au ja!«, rief ich voller Freude.
»Ich weiß nicht, du warst heute schon reiten und vielleicht ist es ja gar nicht das richtige für dich«, dämpfte Mama die Stimmung.
»Gib dir einen Ruck Tilly. Was ist schon dabei?«, fügte Sabine überredend hinzu und schaute sie mit einem kleinen Hundeblick an.
Mama schaute verlegen und zog eine Augenbraue hoch. Ich sah sie mit einem noch viel durchdringenderem Hundeblick an, den sie selten widerstehen konnte, und sie willigte schließlich wie erwartet ein.

Nach dem Essen wollte ich hochgehen um die Sachen von Theo und Nick auszuziehen, aber sie bestanden darauf, das ich sie behalten konnte. Emil verabschiedete sich fürs erste von uns und meinte, dass er sich mal zuhause blicken lassen wollte. Mama und ich gingen auch nach Hause. Vorerst zumindest, denn schon um 15 Uhr wollten Nick und Theo mich abholen, um uns dann mit den anderen auf dem Spielplatz zutreffen.

Bis 15 Uhr hielt es Nick anscheinend nicht mehr aus. Um 14:30 Uhr stand er schon bei uns auf der Matte um mich abzuholen.
Ich stand in der Küche und schaute aus dem Fenster. Nick entdeckte mich schnell und schaute mich durch seine Nussbraunen Augen an. Seine Haare waren zerzauster als sonst und ich glaube er hatte Boxen ausgemistet. Ich leinte Daisy an, Mama sagte mir nämlich, dass ich sie mit nehmen sollte, und ging raus. Ich sah ihn an und zog ihm ein wenig Stroh aus den Haaren. Wir kicherten und machten uns auf dem direkten Weg zum Spielplatz. Theo machte noch einen kleinen Umweg und holte Emil ab, der seine kleinen Brüder mitnahm.
Wirklich lange waren wir nicht auf dem Spielplatz.
Schon um kurz nach 16:00 Uhr verließen Theo und ich den Spielplatz. Emil brachte kurz Tommy nach Hause, kam dann aber nach. Moritz und Nick hingegen blieben noch mit den anderen auf dem Spielplatz und spielten verstecken.
Theo und ich machten einen kurzen Halt auf der Sommerweide.
Sie sah mich musternd an und überlegte kurz.
»Ich weiß nicht welches Pferd ich dir geben soll«, sagte sie und überlegte noch einmal scharf. »Pass auf, wir gehen jetzt auf die Wiese und du machst nichts anderes als dort zu stehen.«
»Ich verstehe nicht, wozu?«, fragte ich verwirrt.
»Das wirst du sehen, vertrau mir und lass es geschehen«, sagte sie mit einem Glitzern in ihren Augen.
Ich war immer noch verwirrt, aber ich tat einfach was sie sagte.
Es war seltsam, ich stellte mich mittig auf die Wiese und tat gar nichts.
Theo entfernte sich zum Gatter und setzte sich dort rauf.
Ich hingen stand wie angewurzelt eine kleine Weile einfach nur da und es passierte einfach gar nichts. Weder Theo gab mir Angaben, noch wusste ich was zutun war. Mittlerweile war Emil auch am Gatter angelangt. Er stützte sich mit seinen Armen auf das Gatter und sah zu mir hinüber.
»Was soll das hier!«, rief ich ungeduldig zu ihnen rüber.
»Nur Geduld, einfach ruhig atmen und nichts tun«, rief Theo zu mir rüber.
Ich kam mir wirklich sehr dumm vor. Ich sah darin kein Sinn. Es war unnötig dort zu stehen, dachte ich zumindest.
Ich war ein wenig frustriert. Ich fand es gemein von Theo und Emil mich hier so stehen zulassen.
Zuerst dachte ich die ganze Zeit darüber nach was ich dort tat und was es brachte, aber irgendwann dachte ich gar nichts mehr und beobachtete die prachtvollen Tiere um mich rum.

»Wie lange steht sie da schon?«, fragte Emil Theo.
»Etwa 30 Minuten«, antwortete sie und fokussierte mich.
»30 Minuten schon? Das ist ja viel länger als bei mir«, entgegnete Emil. »Theo ich denke es ist besser wenn wir ihr wenigstens sagen was das soll. Sie kommt sich doch ganz bestimmt verarscht vor.«
»Nur noch einen Moment, es ist gleich soweit. Wenn wir ihr jetzt sagen was das soll, kann sie sich nicht mehr voll und ganz darauf einlassen und versucht es zu erzwingen«, sagte sie fast schon siegessicher.

Ich achtete auf das sanfte Atmen der Pferde und ab und an näherte sich eins der Tiere ein wenig und sah mich neugierig an. Mehr als 5 Schritte näherten sie sich aber nicht. Sobald ich ihnen ein Stück in gegen kam, sind sie auch wieder abgezischt. Ich bekam zwar mit, dass Theo und Emil redeten, aber es interessierte mich nicht. Einerseits konnte ich sie sowieso von dort aus nicht hören, andererseits war ich komplett im Bann dieser majestätischen Tiere gezogen.

»Sie ist zu ungeduldig«, meinte Emil während er den Blick von mir abwandte und zu Theo rüber schweifen ließ.
»Nein, das richtige Pferd wird kommen. Du warst auch ungeduldig und hast auch kein Sinn darin gesehen. Aber nun siehe da Fritz und du seid ein super Team. Die Pferde wissen wen sie wollen«, erwiderte Theo äußerst fasziniert.

Nach einer Weile fiel mir ein Pony besonders auf, er war nicht größer als 1,30m. Das Pony war schwarz-weiß gemustert , mit einer üppigen Mähne, die genauso gemustert war wie das Fell. Das Pony graste um mich herum und kam immer näher. Er kam so nah, dass ich ihn hätte berühren können. Ich ließ ihn aber in Ruhe, denn ich wollte ihn nicht stören.

»Ja... genau... rechts... gehhhhhhh...«, Emil war ziemlich ungeduldig geworden und alles was er sagte machte nicht viel Sinn, er wollte dass, das Pony endlich zu mir rüber Käme und fieberte ordentlich mit.
Theo verdrehte nur amüsiert die Augen und schmunzelte.

»Na du«, sagte ich leise und versuchte ihn zu berühren.
Ich war fast an ihn dran, aber er ließ meine Berührung noch nicht zu und weichte zurück.
Ich war frustriert und setzte mich in den Rasen.

»Och nein! Das kann doch nicht angehen!«, meckerte Emil so wie wenn sein Fußballteam ein Tor kassierte.
»Jetzt sei doch mal ruhig und sieh hin!«, sagte Theo gespannt.
»Das ist doch Unsinn«, meinte er und wandte seinen Blick ab.
»Psst, sieh doch mal da!«, sagte Theo aufgeregt und zeigte zu mir rüber.

Ich saß dort auf der Wiese, das schwarz-weiße Pony von eben, war nicht mehr in meinem Sichtfeld. Er hatte bestimmt die Interesse an mir verloren, dachte ich zumindest.
Gerade als ich aufstehen wollte, stupste mich etwas von hinten an. Ich drehte mich also um, und es war niemand geringeres als dieses kleine Pony, dass doch noch Interesse hatte.
Ich streichelte ihn über seine weichen Nüstern und genoss sein warmes schnaufen auf meiner Haut. Er war so weich und warm, einfach nur wunderbar.

»Jaromir...« sagte Theo leise und zufrieden, mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

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