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Leise wimmernd saß ich an die Wand gelehnt in dem muffigen Kellerraum. Dieser hatte eine massive Stahltüre und beinhaltete nichts weiter als eine fahl-graue Liege und einen alten Schreibtisch samt Stuhl. Die zwei Männer waren verschwunden, nachdem mich der eine losgeworden war. Wohin, wusste ich allerdings nicht. Ich sah mich um und meine Augen scannten den Raum nach etwas, womit ich mich verteidigen konnte. Auf den ersten Blick war nichts zu entdecken, aber vielleicht enthielten ja die Schubladen des Schreibtisches etwas nützliches. Ich seufzte. Langsam versuchte ich mich von meiner sitzenden in eine stehende Position zu hieven, aber das wollte nicht so recht funktionieren. Nach zwei erfolglosen Versuchen, biss ich meine Zähne zusammen und drückte mich mit letzten Kräften in einen halbwegs aufrechten Stand. Ich stütze mich an der Wand ab, als mich ein plötzlicher Schwindelanfall mit voller Wucht traf und wieder zu Boden bringen wollte. Davon würde ich mich jedoch nicht aufhalten lassen, nachdem ich schon so weit gekommen war, dachte ich mir. Nachdem sich das flaue Gefühl in meinem Magen etwas gelegt hatte, tastete ich mich schwankend zu dem Tisch und musste mit Enttäuschung feststellen, dass dieser zwar Schubkästen hatte, die meisten davon aber verschlossen waren. Die unterste jedoch hatte zu meiner Überraschung kein Schloss und ich versuchte diese mit meinem linken Fuß aufzuziehen, um einem weiteren Schwindelanfall zu entgehen. Was sich darin befand lies mein Herz für einen kurzen Moment aussetzten, ehe es in doppelter Geschwindigkeit gegen meinen Brustkorb hämmerte. Mein Blick hatte sich an dem darin befindlichen Smith & Wesson Revolver festgekrallt, der allerdings aussah, als hätte er schon bessere Tage gesehen. Langsam und mit Bedacht lies ich mich auf die Knie sinken und hoffte inständig, dass die Waffe geladen und funktionstüchtig war. Ich streckte meinen rechten Arm aus und lies meine Finger über das kühle Metall des Schafts gleiten. Vorsichtig nahm ich den Revolver aus der Schublade und überprüfte das Magazin. Zu meinem Erstaunen fehlte lediglich eine Patrone in der Kammer und ich nahm die Waffe an mich und sicherte sie, sodass ich mich nicht letztendlich noch selbst damit verletzte. Ich steckte den Revolver hinten in meinen Hosenbund und erhob mich vorsichtig wieder. Genauso langsam und schwankend wie vorher machte ich mich auf den Rückweg. Angekommen lies ich mich an der Wand hinuntergleiten und achtete darauf, dass man die Waffe nicht sah. Ich atmete tief ein und aus und versuchte mich etwas zu entspannen, denn ausrichten konnte ich ja doch nichts, da die Türe fest von außen verschlossen war. Die Erschöpfung überkam mich in Wellen und ich versuchte krampfhaft meine Augen offen zu halten, damit ich, falls jemand den Raum betrat, sofort reagieren konnte. Aber ich war einfach zu müde und driftete immer mehr ab, bis ich schlussendlich wohl eingeschlafen sein musste.

Ein unsanftes rütteln an meiner Schulter und eine Backpfeife holten mich aus meinem kurzen ungewollten Nickerchen. Blinzelnd versuchte ich meinen Blick klarer werden zu lassen und erschrak, als ich den Mann, der mich getragen hatte wiedererkannte. Instinktiv drückte ich mich mit dem Rücken gegen den kalten Stein. Aber es gab kein entkommen. Ich wurde grob am Arm gepackt und auf die Beine gezogen, die jedoch unter mir nachgaben und mich auf die Knie schickten. Verzweifelt versuchte ich mich aus dem eisernen Griff zu befreien, aber es half alles nichts. Erst als die Türe erneut aufging, lies der Gorilla von mir ab und ich sank auf alle viere. Eine Berührung an meinem Rücken lies mich herumfahren und ich konnte nur noch mit ansehen, wie der Mann mit einem triumphierenden Grinsen den Revolver aus meinem Hosenbund zog. Jetzt war ich verloren dachte ich und richtete meine Aufmerksamkeit auf den Anführer. ,,Hast du wirklich gedacht, du kommst damit durch?" In diesem Moment realisierte ich, dass ich diese Waffe finden sollte, damit die Arschlöcher einen Grund hatten mich zu bestrafen und zu verletzten. Man hatte es wohl an meiner Mimik ablesen können, denn der Anzug Träger begann lauthals zu lachen. ,,Ahh, der kleine Omega hat es gecheckt", rief er, als er sich wieder beruhigt hatte. Ich bin kein kleiner Omega dachte ich und würde diesem Kerl am liebsten die Fresse polieren. Der Mann hinter mir übergab die Waffe seinem Chef, welcher sie ein wenig in der Hand drehte und schließlich das Magazin entleerte. Ich zuckte zusammen, als die fünf Patronen auf dem Boden aufschlugen und durch den Raum und damit außer Reichweite kullerten. Etwas Verblüfft sah ich den Riesen vor mir an, denn ich hatte ehrlich damit gerechnet, dass dieser mich hier und jetzt erschießen würde. Er lachte nur, beugte sich zu mir hinunter und flüsterte in mein Ohr: ,,Hast du wirklich geglaubt ich mache es dir so einfach, hmm?" Eine unangenehme Gänsehaut breitete sich auf meinem gesamten Körper aus, als ich begriff was er damit gemeint hatte. Er richtete sich wieder auf und drehte meinen Kopf so, dass ich ihm in die Augen sehen musste. Nach ein paar Sekunden lies er mein Kinn los und lies mich noch verwirrter als vorher zurück. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine verwischte Bewegung wahr und nur Sekunden später landete der Knauf der Pistole an meiner rechten Schläfe. Sofort wurde alles Schwarz.

POV Entführer
Ich holte mit der Waffe aus und traf den jungen Wolf vor mir direkt an der Schläfe. Dieser verlor auf der Stelle das Bewusstsein und kippte schlaff zur Seite. Dort wo ich ihn getroffen hatte sprudelte das Blut nur so aus der großen Platzwunde. Das würde ordentliche Kopfschmerzen geben, dachte ich mir, ehe ich meinem Untergebenen befahl den Jungen auf die Liege zu legen. Während dieser meiner Forderung nachkam, zog ich mein Handy aus der Brusttasche meines Anzugs, wählte eine Nummer und sprach einige Worte mit der Person am anderen Ende. Ehe ich auflegte vernahm ich im Hintergrund hektische Geräusche, welche mir bestätigten, dass meine Forderung bereits erfüllt wurde. Ich steckte mein Handy zurück und betrachtete für einige Augenblicke meinen Gefangenen. Als die Stahltüre aufgestoßen wurde, riss ich meine Aufmerksamkeit von dem Jungen und sah zu, wie mein Leibarzt gefolgt von drei Männern in Kampfausrüstung den Raum betrat, mich kurz begrüßte und sofort zu dem Bewusstlosen eilte. Er stellte seine Tasche neben die Liege und begann den Omega zu untersuchen. Nachdem ich meine Leute angewiesen hatte den Raum zu verlassen und in Bereitschaft auf ein Zeichen meinerseits zu warten, trat ich hinter den Arzt und sah ihm über die Schulter. Dieser fühlte gerade den Puls des Jungen und machte sich Notizen. Nachdem ich ihn gefragt hatte, ob ich ihm zur Hand gehen konnte, kniete ich mich an das Kopfende der Liege und begann zuerst mit einem nassen Lappen das noch leicht feuchte Blut von seinem Gesicht und Hals zu entfernen. Nachdem ich grob das Blut entfernt hatte, nahm ich mir einen Tupfer und ein wenig Desinfektionsmittel, um die Wunde zu reinigen. Der Arzt und ich tauschten die Positionen und er begann die Platzwunde mit sauberen und präzisen Stichen zu nähen, während ich, auf seine Anweisung hin, abermals den Blutdruck überprüfte. Ich sah mir die krakeligen Notizen durch und musste feststellen, dass die Werte immer weiter absanken. Dies teilte ich dem Arzt mit, der mittlerweile seine Arbeit beendet hatte und ein großes weißes Pflaster anbrachte. Angesprochener begann in seiner Tasche zu wühlen und hatte wenig später eine klare, weiße Flüssigkeit aus einer Ampulle aufgezogen, die er dem Jungen dann direkt in die Vene spritzte. Nach ungefähr ein ein halb Minuten, sollte ich den Blutdruck nochmals überprüfen, welcher diesmal deutlich nach oben gegangen war. Erleichtert stieß ich einen Seufzer aus und legte das Messgerät auf die Liege. Mit einem letzten prüfenden Blick trug mir der Arzt auf, alle zehn Minuten erneut zu messen und mich zu melden falls etwas nicht stimmen sollte. Damit verließ er den Raum und ließ mich mit dem Jungen allein.

Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt