8.

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POV Kai
Hinter mir hatte Keno mich endlich eingeholt. Das hat aber lange gedauert. Ich dachte immer Alphas wären schnell aber der ist ja einfach nur lahm. Sein Kommentar lies mich schmunzeln. Mittlerweile rannte der braune Wolf neben mir her und schielte immer wieder zu mir rüber. Wenn der so weiter macht dann landet er noch mit seinem hübschen Gesichtchen im Dreck. Das wollen wir doch nicht. Oder Kai? Was meinst du. Wenn er nicht von selbst über seine eigenen Füße stolpert, dann müssen wir halt nachhelfen, oder nicht? Grinsend verschwand ich in den Büschen zu meiner rechten, wo gerade ein großer Hase einen verzweifelten Fluchtversuch startete. Immer wieder das Selbe. Der Kleine weiß genauso gut wie ich, dass er uns nicht entkommen wird. Also warum rennen diese Scheißviecher die ganze Zeit weg. Das ist so ätzend immer hinterher hechten zu müssen. Hör auf dich zu beschweren. Wer hat den Hasen gerochen und wollte ihn unbedingt fangen. Ich ganz bestimmt nicht. Mach mal halblang. Du hast genauso Hunger. Das kann ich spüren. Ich seufzte. Es hatte keinen Sinn mit so einem Sturkopf zu diskutieren. Er würde sich so und so durchsetzen oder eben bockig werden und auf Durchzug schalten. In dem Moment hatte Silver den Hasen im Genick erwischt und schüttelte ihn heftig. Oh man musst du immer so brutal sein. Silver allerdings schien meine Anmerkung geflissentlich zu ignorieren und tapste mit dem Hasen im Maul wieder durch die Büsche und lies ihn vor Keno fallen, der stehen geblieben war und, warum auch immer, grinsend auf den Boden sah. Verwirrt hockte ich mich vor Keno hin und betrachtete ihn kurz. Was dem wohl durch den Kopf geht. Ja das wüsste ich auch nur zu gern. ,,Was grinst du so blöd", fragte ich ihn genervt. Er sah erstaunt zu mir auf, blickte mir kurz in die Augen und betrachtete dann den Hasen vor unseren Füßen. ,,Ohh nein! Das ist meiner! Fang dir gefälligst selber was, anstatt bei mir angekrochen zu kommen und zu schnorren." Silver meinte es todernst und wenn es um sein Futter ging, dann wagte selbst ich es nicht mich einzumischen. ,,Wenn du den Hasen anfasst dann kann ich leider für nichts garantieren", meinte ich, was Keno ein paar überraschte Schritte zurück machen ließ. So seh ich das gern. Der große, böse Wolf hat Respekt vor uns. Werd nicht überheblich. Keno hatte wohl begriffen, dass er keine Chance hatte und verschwand ebenfalls in den Büschen um sich etwas zu essen zu besorgen. Ich packte den Hasen wieder im Genick und mit ihm im Schlepptau machte ich mich auf die suche nach einem ruhigen Plätzchen. Vorhin hatte ich irgendwo in Süd-Westlicher Richtung Wasser plätschern hören. Und tatsächlich. Wenig später kam ein kleiner Bach in Sicht, an dessen Ufer wunderschönes, saftiges Gras wuchs und nur dazu einlud sich hineinzulegen und so schnell nicht mehr aufzustehen. Zu schade, dass das Gras gleich nicht mehr grün sondern rot sein wird. Was soll das denn jetzt heißen. Bei deinen Manieren veranstaltest du doch gefühlt jedes mal ein halbes Schlachtfest, wenn du frisst. Silver brummte nur beleidigt und ließ sich nieder, um zu seinem eigentlichen Vorhaben zurückzukommen.

POV Keno
Silver hatte mir gerade klar gemacht, dass er keine Sekunde zögern würde mir den Kopf abzureißen, falls ich mir denn einen Fehltritt erlauben sollte. Zu meinem Erschrecken hatte Kai dies nur noch verdeutlicht, was mir und Lev klar gemacht hatte, dass wir es keinesfalls leicht haben würden, wenn die zwei denn bei uns bleiben würden. Allein schon ihr Vertrauen zu verdienen würde ein hartes Stück Arbeit werden, da war ich mir sicher. Und nicht nur das. Denn anscheinend hatten beide keine allzu leichte Vergangenheit und ich konnte deren beiden Misstrauen, falls dies so sein sollte, vollkommen nachvollziehen. Andererseits, schien zumindest Kai offen für Veränderungen und vielleicht auch neue Bekanntschaften. Was Silver anging war ich mir da allerdings nicht so sicher. Aber vielleicht konnte Kai ja ein gutes Wort für uns einlegen. Wir werden sie schon irgendwie für uns gewinnen. Da hast du recht aber wir werden sie auf keinen Fall zwingen, hast du mich gehört. Lev grummelte unzufrieden und ich konnte ihn sogar irgendwie verstehen, da ich die beiden auch auf keinen Fall verlieren wollte, was der Fall wäre, würden wir uns irgendeinen Fehler oder ähnliches erlauben. Wir mussten einfach eine Lösung finden um den beiden ein würdiges und vor allem sicheres Zuhause zu bieten. Weil ich hatte das Gefühl, dass es das war, was sich beide so sehnlichst wünschten. Vielleicht auch jemanden der sie so annahm und liebte wie sie waren. Das werden auf jeden Fall wir sein. Da kannst du dich drauf verlassen. Ich versuch auch mich zu benehmen. Wenn ich jetzt sein Gesicht sehen könnte, würde er ganz sicher breit grinsen, denn ich wusste ganz genau was er damit meinte. Halt dich ja zurück. Wenn du so eine Aktion bringst können wir uns auch gleich selbst begraben gehen, wenn sie uns nicht vorher in Stücke gerissen haben. Lev hatte in dem Moment ein kleines Reh erwischt und knurrte stolz, was mich ein wenig schmunzeln ließ. Wir kämpften uns zurück auf den kleinen Pfad, nur um feststellen zu müssen, dass die beiden nicht mehr da saßen. Lev brummte enttäuscht, machte sich aber sogleich auf die Suche nach den beiden. Ihr Geruch war schwach aber dennoch stark genug, um ihm folgen zu können. Kurz darauf schlüpften wir durch ein Gebüsch. Dahinter befand sich ein kleiner Wasserlauf, vor welchem die beiden sich im saftig grünen Gras niedergelassen hatten und den Kopf auf den Pfoten abgelegt hatten. Anscheinend hatte Silver seinen Hasen schon verputzt denn es waren noch vereinzelte Blutspuren zu erkennen, die das grün des Grases durchbrachen. Er hätte ja wenigstens auf mich warten können. Wir traten neben sie und ließen uns ebenfalls in das weiche Grün sinken. Er sah nicht einmal zu uns hoch sondern schien weiter vor sich hinzudämmern. Der hat ja Nerven. Liegt hier einfach so schutzlos rum. Was hätte er denn gemacht, wenn nicht wir das gewesen wären sondern ein anderer Wolf oder sogar ein Rouge. Halt den Mund da will ich gar nicht drüber nachdenken. Aber du hast recht sie sind einfach zu leichtsinnig. Er schien unsere Gedanken gelesen zu haben,denn Kai riss mich aus meinen Gedanken, indem er knurrend meinte: ,,Wenn das nicht ihr gewesen wärt, dann wären wir schon längst nicht mehr hier. Wenn du immer noch denkst, nur weil ich ein Omega bin, kann ich mich nicht selbst verteidigen, dann bist du wirklich dumm. Dein Geruch ist ganz anders als der eines Rouges also hör auf dir ständig Sorgen um mich zu machen. Wir kommen gut allein klar und wir brauchen euch auch nicht, falls du immer noch denkst, wir bräuchten den Schutz eines Alphas." Das war aber jetzt hart. Tja mein Freund wir sind überflüssig, wie du soeben bemerkt hast. Aber hey, vielleicht akzeptiert er uns ja in zwei Tagen. Das will ich schwer hoffen sonst haben wir ein gewaltiges Problem. Ich werde ihn nicht ablehnen aber ich weiß nicht wie er zu dem Thema steht. Wenn er uns ablehnt dann sind wir kein Alpha mehr, das weißt du schon oder. Ja aber um ehrlich zu sein, macht mir das nicht so sehr zu schaffen, wie das was dann wahrscheinlich auf ihn zukommt. Weil wenn er uns ablehnt, dann wird er nicht länger in diesem Rudel bleiben können, da er ihnen den Alpha ohne Aussicht auf Ersatz genommen hat und das werden sie wohl kaum so auf sich sitzen lassen. Wenn sie ihn verstoßen wird er es nicht leicht haben, weil ich glaube nicht dass er in sein Rudel zurück will. Wir werden auf jeden Fall mit ihnen reden müssen und einfach hoffen, dass sie Verständnis für uns haben. Sicher, aber warum weiß er wie ein Rouge riecht. Ich hoffe nicht dass er das gemeint hat, was ich denke. Hoffentlich nicht aber das würde zumindest sein Misstrauen und seine Paranoia erklären. Wir sollten ihm aber Zeit lassen. Wenn er darüber reden will, soll er das von sich aus machen. Wir sollten die beiden zu nichts zwingen. Kai hatte währenddessen seinen Kopf wieder auf den Pfoten abgelegt und seine Augen geschlossen. Er schien vor sich hin zu dösen aber ich wusste ganz genau, dass er seine Umgebung trotzdem im Auge behielt.

POV Lev
Ich hatte gerade mein Reh verdrückt und schielte immer wieder zu Silver hinüber, der so aussah, als würde er schlafen, überzeugte mich jedoch vom Gegenteil, indem er mich anknurrte: ,,Hör auf mich die ganze Zeit anzustarren. Was ist denn so interessant an mir?" Überrascht starrte ich ihn trotzdem weiterhin an. Wie konnte er sich trotz geschlossener Augen so sicher sein, dass ich ihn anstarrte. Entweder er hatte Superkräfte oder seine Sinne waren so scharf, warum auch immer, dass er so etwas wahrnahm. ,,Was hältst du davon, wenn wir wieder zurückgehen. Es wird langsam dunkel." Es war tatsächlich spät geworden und wir würden eine Weile brauchen, bis wir wieder zurück waren. Silver murrte nur zustimmend, erhob sich langsam und sah mich erwartungsvoll an. Ich erhob mich ebenfalls und wollte die Führung übernehmen, da ich annahm, dass er den Weg nicht kannte. Da lag ich jedoch ziemlich falsch in meiner Annahme, denn er rannte sogleich los und ich hatte wieder einmal Mühe ihm zu folgen. Keine zehn Minuten später hatten wir wieder den Waldrand erreicht und traten auf die Wiese hinter dem Haus. ,,Du legst ein ganz schönes Tempo an den Tag", stellte ich verblüfft fest. ,,Kann ja nicht jeder so lahm sein wie du", entgegnete er neckend. Er drehte mir wieder den Rücken zu und lief auf die Terrasse zu, wo er sich sogleich wieder zurückverwandelte und abwartend zu mir sah. Wäre ich jetzt in meiner menschlichen Gestalt, wäre ich bestimmt errötet, denn wie auch vorhin stand er wieder nur in meiner Boxershorts da und fing langsam an zu zittern. Schnell lief ich ebenfalls auf die Terrasse zu, verwandelte mich und sprintete die Stufen nach oben, öffnete die Terrassentür und zog ihn mit mir ins Innere.

Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt