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POV Kai
Ich verließ den Wald und trat auf die saftig, grüne Wiese hinter dem Haus. Auf halbem Wege sprang mich etwas von hinten an und wir gingen beiden zu Boden und wälzten uns hin und her, jeder erpicht darauf die Oberhand zu gewinnen. Der andere Wolf war jedoch um einiges größer als ich und machte sich diesen Vorteil auch zu nutze. Während wir über das feuchte Gras rollten, hatte ich das Fell am Rücken zu packen bekommen und krallte mich darin fest. Der rotbraune Wolf jedoch riss mich von sich herunter und schleuderte mich von sich weg. Zehn Meter weiter schlug ich auf dem Boden auf und blieb keuchend liegen. Der Aufprall hatte mir alle Luft aus den Lungen gepresst und ich war mir sicher ich würde jetzt draufgehen. Langsam und stockend holte ich Luft und meine Lunge brannte wie Feuer. Das halbe Gewicht des anderen Wolfes machte das nicht gerade besser, womit er mich auf den Boden presste. Ich verlagerte mein Gewicht und er rutschte mit den Pfoten ab und zog tiefe Furchen in mein Fleisch. ,,Isabelle geh sofort von ihm weg oder ich bring dich um." Der Alpha stand auf der Terrasse und sah wütend zu uns. Keno's Stimme drang nur gedämpft zu mir durch, da ich immer noch kaum Luft bekam und schwarze Punkte vor meinen Augen tanzten. Er kam auf mich zugeeilt, lies sich auf die Knie fallen und legte eine Hand auf meinen Bauch und mit der anderen griff er in meinen Nacken. Normalerweise machten Eltern diese Geste, um ihre Kinder zu beruhigen und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Er drückte leicht zu und ich konnte mich tatsächlich ein wenig entspannen und bekam auch wieder etwas besser Luft. Die schwarzen Punkte allerdings blieben, verdichteten sich und mir wurde schwarz vor Augen. ,,Los hol sofort den Arzt und geh mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse", knurrte Keno und grub seine Hand in das Fell an meinem Bauch. Ein stechender Schmerz schoss durch meinen Körper und ich kniff wimmernd die Augen zu. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt, dachte ich, bevor ich das Bewusstsein verlor und aller Schmerz von mir abfiel.

POV Keno
Ich hatte ja erwartet, dass Kai alles andere als zufrieden damit war, mich als seinen Mate zu erkennen. Aber dass er so neben sich stand, hätte ich tatsächlich nicht erwartet. Es war verständlich, dass er Zeit zum nachdenken brauchte, aber ich machte mir durchaus große Sorgen, als er das Haus verließ. Schließlich kannte er sich hier nicht aus und ich hatte ihn noch keinem Mitglied des Rudels vorgestellt, nicht einmal Isabelle meiner Beta. Das hieß, die Wölfe, die an den Grenzen patrouillierten, würden ihn als Feind ansehen und das konnte Böse ausgehen. Ich hoffte einfach, dass er heil und unverletzt wieder zurückkam, wenn er denn überhaupt zurück kam. Ich hatte Kai jetzt schon ins Herz geschlossen aber er schien das anders zu sehen. Immer noch vertraute er mir nur bis zu einem gewissen Grad und ich hoffte, dass die Mateverbindung mir da etwas helfen würde, sodass er sich mir öffnete und ich ihm mit der Lösung seiner Probleme zur Seite stehen konnte. Was ich allerdings mit Sicherheit wusste, wir würden alles dafür geben, dass er bei uns blieb. Mit dem Rest würde ich mich befassen, wenn es soweit war.

Ich hatte fast den halben Tag damit zugebracht, mir Gedanken über die Zukunft zu machen, was mir allerdings nicht weiterhalf. Kai war inzwischen seit sieben Stunden verschwunden und meine Sorgen wuchsen von Minute zu Minute. Lev drängelte schon, dass wir ihn endlich suchen gehen sollten und so unrecht hatte er damit gar nicht. Ich rappelte mich vom Sofa auf und trat an die Terrassentür um diese zu öffnen. Als ich in die Sonne trat, musste ich mit weit aufgerissenen Augen feststellen, dass Isabelle gerade mit Kai rang und ihn unter sich festgepinnt hatte. Kai versuchte sich unter ihrem Griff zu winden um zu entkommen, was zur Folge hatte dass Isabelle mit beiden Vorderpfoten tiefe Furchen in den ungeschützten Bauch zog. ,,Isabelle geh sofort von ihm weg oder ich bring dich um." Ich stürzte die wenigen Treppen hinunter und sprintete auf die Beiden zu. Kai gab einen erstickten Laut von sich und ich griff in seinen Nacken um ihn ein bisschen zu beruhigen. Isabelle stand daneben und verstand die Welt nicht mehr. ,,Los hol sofort den Arzt und geh mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse", knurrte ich sie an. Mit eingezogenem Schwanz eilte sie davon. Kai's Atem wurde immer flacher und er wimmerte kurz, als ich unbewusst meine Hand in sein Fell krallte. Ich lockerte sofort den Griff aber Kai hatte schon das Bewusstsein verloren.

Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt