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POV Keno (Entführer)
Nachdem der Arzt gegangen war und mich mit der Lösung des Problems zurückgelassen hatte, rutschte ich von der Liege herunter und nahm mein Jackett von der Stuhllehne. Ich zog mein Handy hervor und bat zwei meiner Untergebenen, mich kurz abzulösen, damit ich etwas essen konnte. Den verpassten Schlaf konnte ich immer noch nachholen, wenn es Kai wieder besser ging. Gerade als ich mein Handy wieder in meine Tasche zurücksteckte ging die Tür vor mir auf und die angeforderte Unterstützung stand mir gegenüber. Die beiden nickten kurz, nachdem ich ihnen die Situation erklärt hatte und ihnen eingeschärft hatte, nicht lange zu fackeln, falls sich die Situation verändern sollte, und mich und den Arzt zu holen. Ich drückte mich an ihnen vorbei und hörte die schwere Türe hinter mir zufallen, ehe ich mich auf den Weg zu unserem Kontrollraum machte, um dort nach dem Rechten zu sehen und mir endlich eine Kleinigkeit zu essen zu holen. Dort angekommen stieß ich fast mit dem Arzt zusammen, der mich entsetzt ansah und schon an mir vorbeirennen wollte. Ich hielt ihn am Arm fest und fuhr ihn knurrend an: ,,Sie glauben wirklich ich lasse ihn alleine, hmm. Dass Sie mir so wenig Verantwortung und Fürsorge zutrauen verletzt mich schon ein wenig." Der Angesprochene zuckte leicht zusammen und entschuldigte sich kleinlaut, ehe er sich aus meinem Griff wand und schnell mit der Ausrede verschwand, er hätte noch etwas zu erledigen. Unzufrieden brummend schüttelte ich meinen Kopf und ging meinem eigentlichen Plan, mir etwas zu essen zu besorgen, nach. Wenig später hatte ich zwei Äpfel, eine Banane und drei belegte Brötchen in eine kleine Papiertüte gepackt, damit ich dem Omega auch etwas anbieten konnte, wenn er aufwachte. Ich verschlang gerade den Rest meines zweiten Brötchens, als einer der Männer, die für die Videoüberwachung zuständig waren, schnellen Schrittes auf mich zugeeilt kam und mich mit sich zog. Vor der Reihe der Computer angekommen, blieb er stehen und zeigte auf den zweiten Bildschirm von links. Dieser zeigte den Raum, in dem ich Kai zurückgelassen hatte und ich konnte meinen Augen nicht trauen. Die Beiden, die mich abgelöst hatten, bedrängten gerade den jungen Wolf, der in der Zwischenzeit aufgewacht war und panisch versuchte den Fängen der Männer zu entkommen. Ich fühlte eine unbändige Wut in mir aufsteigen und Lev knurrte bedrohlich. Gerade als ich losrennen  wollte sah ich im Augenwinkel, wie der eine Kai sein Shirt vom Körper riss und ihn zu sich zog. Jetzt konnte mich nichts mehr halten und mit einem lauten knacken verwandelte ich mich in einen großen dunkelbraunen, fast schwarzen Wolf und stürmte den Weg zurück, den ich gekommen war. Kurz vor der Türe bremste ich ab, verwandelte mich wieder zurück und riss die Türe auf. Der Anblick, der sich mir da bot verschlug mir allerdings die Sprache. Der, der Kai's Shirt zerrissen hatte, lag bereits arg zugerichtet an der gegenüberliegenden Seite des Raumes und regte sich nicht mehr. Den anderen hatte der Omega in den Schwitzkasten genommen und rang mit ihm, ehe mit einem lauten knacken das Genick des Angreifers brach und er schlaff zu Boden fiel. Kai kniete immer noch mit tränenüberströmtem Gesicht auf der Liege und zitterte fürchterlich. Ich verlor keine Sekunde und eilte auf ihn zu, um ihn zu beruhigen. Dies wollte der Junge aber erst nicht zulassen und wehrte sich vehement gegen meine Umarmung. Als ich jedoch begann ihm sanft über den nackten Rücken zu streichen, realisierte er, dass ich ihm nichts tun würde und sank schluchzend gegen mich. Er zitterte immer noch, also zog ich mein Jackett erneut aus, legte es ihm um die Schultern und zog ihn vorsichtig auf meinen Schoß. Mittlerweile waren der Arzt und drei meiner Männer zu uns gestoßen. Während der Mann in weiß zögernd auf uns zukam, legten seine drei Begleiter den Bewusstlosen in Ketten und schleiften ihn aus dem Raum. Der Arzt kniete sich zu dem Mann unterhalb von uns und gab dem verbliebenen der drei ein Zeichen, den Toten ebenfalls mitzunehmen. Der Junge in meinen Armen weinte und zitterte immer noch hemmungslos und ich gab dem Arzt zu verstehen, dass dieser sich etwas zurückziehen sollte. Es dauerte bestimmt zwei Stunden den aufgewühlten, jungen Wolf zu beruhigen, der mittlerweile vor Erschöpfung in meinen Armen eingeschlafen war. Nachdem er eingenickt war, kam der Arzt auf uns zu und besah sich die dunkel lila verfärbten Blutergüsse auf seinen Unterarmen, die die Hände der beiden Männer hinterlassen hatten. Der Mediziner kramte ein wenig in seiner Tasche, um kurz darauf die Arme des Jungen mit einer Heilsalbe zu beschmieren und schließlich zu verbinden. ,,Er muss sich ausruhen und wieder zu Kräften kommen, damit er einigermaßen fit ist, wenn er in seine Hitze kommt. Am besten Sie bleiben in seiner Nähe weil Sie scheinen ihn zumindest etwas zu beruhigen."

Gesagt getan. Ich legte den schlafenden kurzerhand auf der Liege ab und befahl meinem Fahrer den Wagen bereit zu machen, damit ich ihn mit in das Rudelhaus nehmen konnte. Nach dem kurzen Gespräch legte ich auf und hob Kai auf meine Arme und verlies, gefolgt von dem Arzt das Unterirdische Tunnelsystem. Oben angekommen hielt mein Fahrer bereits eine der hinteren Wagentüren auf und ich legte den Omega vorsichtig auf die Rückbank, ehe ich mich dazusetzte und seinen Kopf auf meinen Schoß bettete. Der Arzt stieg vorne eine und wenig später lenkte der Fahrer den Wagen vom Parkplatz und fuhr auf direktem Weg zum Rudelhaus.

Dort angekommen sprang ich aus dem Wagen und hob Kai auf meine Arme und trug ihn auf direktem weg in mein Schlafzimmer, um ihn dort auf dem Bett abzulegen. Der Arzt kam mir entgegen, als ich das Zimmer wieder verlassen wollte, um ein Glas Wasser zu holen. Er gab mir zu verstehen, dass er sich die Verletzungen an den Armen nochmals ansehen wollte und so lange ich weg war auf ihn achtgeben würde. Etwas erleichtert verließ ich mein Schlafzimmer und machte mich auf den Weg in die Küche um besagtes Glas und etwas Obst zu holen, da ich die vorbereitete Papiertüte natürlich in der Hast vergessen hatte. Als ich alles hatte, was ich wollte, machte ich mich wieder auf den Weg zurück und betrat nur Sekunden später durch die Tür mein Zimmer. Der Arzt saß auf der Bettkante und sah seine Notizen durch. Als er mich bemerkte hob er seinen Blick und bedeutete mir, mich zu ihm zu setzten. Ich setzte mich in Bewegung und lies mich neben ihm ebenfalls auf das weiche Bett sinken. Er nestelte etwas an dem Saum seines Kittels herum, bevor er schließlich die Stimme hob und mich ansah.  ,,Sein rechter Arm ist gebrochen. Ich müsste kurz ins Rudelkrankenhaus, damit ich den Arm vernünftig schienen kann. Außerdem hat seine Hitze begonnen. Ich muss Sie bitten unbedingt bei ihm zu bleiben, damit die Schmerzen für ihn sich in Grenzen halten." Als er zu Ende gesprochen hatte, erhob er sich und verschwand, um das benötigte Material zu besorgen. Ich rutschte etwas nach oben und ergriff seine Hand, die schon merklich zitterte. Kai wurde auch immer unruhiger und wälzte sich im Schlaf hin und her. Er tat mir leid und ich fühlte mich so unnütz, da ich nichts für ihn tun konnte, außer weiterhin neben ihm sitzen zu bleiben und seine Hand in meine zu nehmen, um ihn wenigstens etwas zu beruhigen. Ein paar Minuten saß ich so neben ihm, ehe er mit einem entsetzten Schrei aus seinem unruhigen Schlaf hochfuhr. Seine Atmung war deutlich beschleunigt und er wusste offensichtlich nicht wo er sich gerade befand. ,,Alles gut," fragte ich vorsichtig und er schrak zusammen, da er mich wohl noch nicht bemerkt hatte. Zu meiner Überraschung, machte er nicht einmal Anstalten, wieder von mir wegzurutschen, sondern lies sich erschöpft zurück in die Kissen fallen.

POV Kai
Ich hatte wieder einmal einen Albtraum und schrak verzweifelt aus dem Schlaf hoch, nur um festzustellen, dass ich mich gar nicht mehr in dem kleinen Kellerraum befand. Stattdessen, saß ich nun in einem weichen Bett neben welchen Keno saß und mich besorgt musterte. ,,Alles gut," fragte er und als Antwort lies ich mich einfach wieder zurück in die weichen Kissen fallen und schloss erneut meine Augen. Ich war so unendlich erschöpft, warum wusste ich nicht genau aber meine beginnende Hitze machte das ganze nicht besser. Kurz nach dem ich aufgewacht war, betrat der Arzt den Raum und zog meine volle Aufmerksamkeit auf sich. Ich hatte beschlossen, ihn nicht zu mögen, aus dem einfachen Grund, dass er mich ohne mein Einverständnis ins Traumland geschickt hatte. Das würde ich ihm nicht verzeihen. Keno bemerkte anscheinend meine und Silver's Unruhe, denn er drückte meine Hand etwas fester, was tatsächlich seinen Zweck erfüllte und mich wieder etwas beruhigte. Silver schnurrte zufrieden und schockte mich damit etwas, da er eigentlich nicht so zutraulich war, sondern auf jeden und alles losging. Der Arzt bemerkte anscheinend, dass meine Unruh ihm galt und lächelte mich beruhigend an. Silver knurrte, ,,Sein beruhigendes lächeln kann er sich sonst wo hin schmieren." Keno stattdessen streichelte ununterbrochen meine Hand und flüsterte mir leise ins Ohr, ,,Er will dir nur helfen. Und übrigens, die Anweisung, dir ein Beruhigungsmittel zu spritzen, kam von mir. Einer der beiden Männer hat dir bei dem Übergriff wohl den Arm gebrochen. Der Arzt hat gemeint, er muss den Knochen richten und den Arm danach eingipsen." Der Mann in weiß nickte und fügte noch hinzu, ,,Das kann jetzt schmerzhaft werden. Möchtest du, dass ich dir etwas gegen die Schmerzen gebe?", fragte er. ,,Das kannst du vergessen. Ich trau dir nicht."

Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt