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POV Kai
Ich musste wohl wieder eingeschlafen sein, denn als ich das nächste mal aufwachte lag ich nicht mehr in der Badewanne, sondern wie zuvor auch, im Bett. Wie ich da hingekommen war, konnte ich mir denken, war mir aber nicht sicher. Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch die beiden Panoramafenster in mein Gesicht und vertrieben die letzte Müdigkeit. Mein Körper fühlte sich noch immer unglaublich schwer an, weswegen ich beschloss einfach liegen zu bleiben und meine Augen noch für ein paar Momente zu schließen. Wenig später betrat jemand den Raum und ich öffnete meine Augen wieder etwas, um zu erkennen, wer sich da gerade auf das Bett gesetzt hatte. Es war Keno. Wer auch sonst schnaubte Silver. ,,Wie geht es dir," fragte dieser nun leise. ,,Uns gehts scheiße. Danke der Nachfrage, hättest du dir auch sparen können", fuhr Silver ihn an und Keno brachte ein wenig Abstand zwischen uns, als erwarte er, dass wir ihn gleich anfallen würden. ,,Sorry Silver ist einfach im Moment ziemlich schnell auf der Palme. Mir gehts besser als gestern aber um ehrlich zu sein, fühle ich mich nicht in der Lage auch nur irgendwas heute zu Stande zu bringen. Verzeih mir." entschuldigte ich mich. ,,Was bist du eigentlich so nett zu ihm. Er hat uns schließlich entführt. Nicht zu vergessen, was er unserer Familie angetan hat", meinte Silver nur knurrend. Was er sagte stimmte schon gewissermaßen aber irgendwie konnte ich ihm nicht böse sein, vor allem, da ich besonders mit meinen Eltern gar kein gutes Verhältnis gehabt hatte. Mein kleiner Bruder war tatsächlich der einzige, den ich zumindest ein klein wenig vermisste. ,,Du kannst da ja wohl am wenigsten dafür. Wenn dann bin ich derjenige, der sich entschuldigen muss. Ich hätte dir mehr zur Seite stehen sollen. Aber ich wusste einfach nicht, wie ich dir helfen sollte. Der Arzt meinte das gestern war die heftigste Reaktion die er je gesehen hatte." Damit unterbrach er meine innerlichen Selbstgespräche, sah mich besorgt an und legte dann seine kalte Hand auf meine Stirn. Das tat unglaublich gut und Silver schnurrte leise, was gänzlich im Gegensatz zu seiner vorherigen Reaktion stand. ,,Das hat selbst mich überrascht. Die Hitze war noch nie so schlimm. Ich weiß auch nicht warum," bestätigte ich. ,,Wann wirst du 18? Der Arzt meinte, sobald du 18 bist musst du so schnell wie möglich deinen Mate finden und dich binden. Ansonsten kann es sein dass diese Hitze deine letzte war," meinte er mit Besorgnis. Wenn er nur wüsste kicherte Lev. ,,Wenn du mir sagst, welches Datum wir heute haben, weil ich habe am 24. Mai Geburtstag", entgegnete ich. Keno's Augen wurden größer und man konnte ihm die Überraschung deutlich ansehen. ,,Wir haben heute den 20. also wirst du in vier Tagen schon 18," stellte er fest. Überrascht sah ich ihn an. Ich hatte nicht erwartet dass seit der Entführung schon so viel Zeit vergangen war. Gut, in dem Keller hatte ich mein Zeitgefühl komplett verloren. Ich wusste nicht einmal ob mein Vater noch lebte oder wo er sich befand falls er noch atmen sollte. Auch wenn ich vorsichtig mit solchen Wünschen sein sollte und man das eigentlich keinem wünschte, aber in dem Moment wünschte ich er hätte ebenfalls den Tod gefunden. Auch wenn es vielleicht anfangs nicht so gewirkt hatte, aber ich hasste meine Eltern und mein Zuhause und ich würde auch ganz sicher nicht dorthin zurückkehren. Denn mein Vater, der so getan hatte als würde ihm etwas an mir liegen hatte mich verachtet und zwar seit dem Moment, in welchem ich meinen ersten Atemzug getan hatte. Nur weil ich als Omega geboren wurde. Mich hatte es gewundert, dass sie mich nicht irgendwann einfach umgebracht hatten, damit sie die, wie sie es nannten, Schande endlich los hatten. Aber nein sie hatten mich gequält, eingesperrt ja beinahe gefoltert. Irgendwann hatte ich es einfach über mich ergehen lassen und sie in dem Glauben gelassen dass ich mich ihnen unterwerfen würde. Aber ich hatte für mich beschlossen, dass ich ihnen meine eigentliche Stärke niemals freiwillig zeigen würde. Deshalb war ich auch unendlich froh, dass sie nicht mehr waren. Erstens musste ich mich nicht mehr verstecken und zweitens hatten diese immer währende Verachtung und Unterdrückung endlich ein Ende. Ich fühlte mich so frei wie, ja wie eigentlich noch nie in meinem Leben. Ich wollte raus an die frische Luft und endlich Silver einmal wieder die komplette Kontrolle überlassen. Dieser flippte fast aus und drängte mich geradezu aus diesem Bett zu steigen und am besten auf direktem Weg in den Wald zu laufen. ,,Kann ich vielleicht nach draußen gehen und ein bisschen frische Luft schnappen", fragte ich den anderen leise. Die Aussicht auf frische Luft hatte das letzte bisschen Unwohlsein aus meinem Körper vertrieben und durch Ungeduld, ja freudige Erwartung ersetzt. Ich hatte ihn wohl aus seinen Gedanken gerissen, denn er sah mich erstmal mit vollkommen leerem Blick an, ehe er sich kurz schüttelte und mich fragend ansah. Ich seufzte, wiederholte aber meine zuvor gestellte Frage, die zuerst auf heftigen Prostet stieß. ,,Du musst dich doch ausruhen. Bist du nicht müde? Und außerdem muss dein Arm erst verheilen. Du solltest im Bett bleiben." ,,Wenn du uns nicht lässt dann werde ich wohl ungemütlich werden müssen," drohte Silver unverblümt. ,,Hast du mir gerade gedroht." Ungläubig starrte uns Keno an, hatte aber tatsächlich einige Schritte rückwärts gemacht. ,,Ich habe gesagt wenn du uns nicht vorbei lässt. Ich hoffe natürlich, vor allem für dich, dass du uns vorbei lässt", meinte Silver ironisch. Ich wusste ganz genau, dass er ihn am liebsten hier und jetzt anfallen würde anstatt einfach klein bei zu geben. Aber Keno anscheinend verstand ihn falsch. Was ein Pech. Ich schlug die Decke zurück und verließ das Bett und somit auch das Zimmer. Ich hatte seinen überraschten Blick im Rücken gespürt, als ich an ihm vorbei gegangen war und es war mir gerade herzlich egal dass er mir hinterher lief. Unten angekommen sah ich mich kurz um, entdeckte eine Tür, die auf eine offene Terrasse führte und ging sogleich darauf zu um ebendiese zu öffnen. Sofort strich eine sanfte Brise durch mein Haar und ich genoss sichtlich den frischen Duft des angrenzenden Waldes. Ich trat hinaus und übergab die Kontrolle an Silver. Sofort verwandelte ich mich in einen kleinen braunen Wolf mit vereinzelten Weißen Punkten und grauen wachsamen Augen. Keno hinter mir flüsterte mehr zu sich selbst: ,,Was hab ich mir da nur eingebrockt."  ,,Tja das hätte ich mir halt vorher überlegt. Wenn du uns loshaben willst dann sag es mir und wir sind auf der Stelle weg. Überleg dir das gut weil wenn wir einmal weg sind dann kommen wir sicher nicht mehr zu euch zurück, egal ob ihr nun auf dem Boden kriecht und bettelt oder nicht", fuhr Silver ihn an. Angesprochener sah verwundert und leicht verletzt auf, da er wohl nicht damit gerechnet hatte, das wir ihn hören würden. ,,Wirst du denn gehen", fragte er besorgt. Ich schnaubte. ,,Sicher ich werde jetzt in den Wald gehen, damit ich meine lang ersehnte Freiheit genießen kann. Aber ich werde bis zur Dämmerung zurück sein, natürlich nur wenn du das willst", beantwortete ich seine Frage. Er schien mit der Antwort sichtlich zufrieden und meinte dann: ,,Ich werde mitkommen." Es hat keinen Sinn mit ihm zu diskutieren, da ist er wie ein kleines Kind. Aber wenigstens lässt er uns gehen. Das rechne ich ihm hoch an. Ich konnte Silver nur zustimmen und gab Keno mit meinem Kopf einen schnellen Wink, dass er uns folgen könne. Keine Sekunde später hatte er sich in einen geradezu riesigen dunkelbraunen Wolf mit eisblauen Augen verwandelt und sah mich ungeduldig an. Er war tatsächlich wie ein kleines Kind. Augenrollend rannte ich los und ließ in verdutzt stehen. Der würde mich schon einholen.

POV Keno
Kai und Silver hatten mich ehrlich überrascht. Anfangs dachte ich er würde voll und ganz dem Klischee eines Omegas entsprechen, da sein Körperbau im ersten Moment darauf schließen lässt. Allerdings hatte ich schon in dem Keller bemerkt, dass er für einen Omega ungewöhnlich muskulös und stark war. Allein wie er die beiden Männer zugerichtet hatte war erstaunlich und hatte mich nur noch mehr in meiner Annahme bestätigt, dass er alles andere als gewöhnlich und klischeehaft war. Ich wusste nicht ob er so geboren wurde oder wie er zu dieser immensen Kraft gekommen war aber ich würde es wohl früher oder später herausfinden. Und ein weiterer wichtiger, nicht zu vergessender Punkt war, dass er mir, einem einige Jahre älteren Alpha, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, gedroht hatte. Und vor allem diese Drohung ernst gemeint hatte und diese ohne zu zögern in die Tat umsetzen würde. Nach meinem jetzigen Stand zu urteilen, würde ich ihm tatsächlich zutrauen, dass er im Stande wäre mich ordentlich zu verletzten, wenn er es denn wollte. Der Junge hat es ordentlich in sich. Da hatte Lev allerdings recht und ich sollte mir von nun an gut überlegen ob es sinnvoll war ihn zu provozieren. Denn auch wenn ich ein Alpha war und schnell heilte, eine ordentliche Fleischwunde war trotzdem alles andere als angenehm. Kai riss mich aus meinem Gedankenstrom, indem er an mir vorbei aus dem Zimmer stapfte und die Treppe hinunter ins Erdgeschoss ging. Kopfschüttelnd eilte ich ihm hinterher, da ich nicht wusste was genau er vorhatte. Er sah sich kurz um und ging dann mit gezielten Schritten auf die Terrassentür zu, um diese zu öffnen und hinauszutreten. Was hat der denn jetzt vor. Er wird ja wohl kaum so da stehenbleiben können. Da musste ich Lev allerdings recht geben, den er hatte immer noch nur eine Boxershorts von mir an, die ihm nebenbei bemerkt außerordentlich gut stand. Ich musste schmunzeln. ,,Was hab ich mir da nur eingebrockt."  ,,Tja das hätte ich mir halt vorher überlegt. Wenn du uns loshaben willst dann sag es mir und wir sind auf der Stelle weg. Überleg dir das gut weil wenn wir einmal weg sind dann kommen wir sicher nicht mehr zu euch zurück, egal ob ihr nun auf dem Boden kriecht und bettelt oder nicht", fuhr Silver mich an. Das war alles andere als beabsichtigt gewesen, dass er das hören würde aber ich hatte es ja nicht so gemeint. Das konnte ich allerdings den beiden nicht verraten, sonst läge ich schneller unter ihnen als ich überhaupt blinzeln kann. ,,Wirst du denn gehen", fragte ich besorgt. Er schnaubte. ,,Sicher ich werde jetzt in den Wald gehen, damit ich meine lang ersehnte Freiheit genießen kann. Aber ich werde bis zur Dämmerung zurück sein, natürlich nur wenn du das willst", beantwortete er meine Frage. ,,Ich werde mitkommen", entkam es mir und ich verwandelte mich noch im selben Moment, damit ich auch mit ihm mithalten konnte. Er gab mir ein kurzes Zeichen dass er damit einverstanden war und rannte sogleich los, ohne auch nur einmal zurückzublicken. Etwas verdutzt sah ich ihm hinterher, setzte mich dann aber auch in Bewegung, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Er war schnell und ich hatte tatsächlich einige Mühe zu ihm aufzuschließen. Als ich dann endlich neben ihm her rannte, brach er auf einmal nach rechts aus und verschwand in den Sträuchern und Büschen zu seiner Seite. Abrupt blieb ich stehen. Ich wurde einfach nicht schlau aus diesem Schlingel. Immer wieder, wenn ich dachte ich hätte ihn durchschaut und verstanden, tat er etwas völlig unerwartetes und warf alles durcheinander. Er war etwas besonderes und überraschte mich jedes mal aufs neue mit seinem Tun. Unweigerlich schlich sich ein Grinsen auf mein Gesicht und ich musste über mich selbst schmunzeln. Ich hatte nicht bemerkt, wie Kai wieder durch die Büsche geschlupft war, einen großen Hasen vor sich fallen ließ und sich hinhockte. ,,Was grinst du so blöd ?" Mit offenem Mund starrte ich ihn an.

Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt