8. Kapitel

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Taylor saß auf seinem Bett und las irgendein langweiliges Buch. „Hey. Hab den ersten Trainingstag hinter mir.“ Mein Freund hob den Kopf und lächelte mich an. “Ich weiß. Wie hat dir denn dein erster Tag mit Robin gefallen?“ „Super. Natürlich. Was denkst du denn?“ „War der Kerl wenigstens halbwegs nett zu dir?“ „Natürlich nicht! Der kann doch gar nicht nett sein.“ „Glaub mir, wenn du nicht da ist find ich den ganz okay. Die Uniform steht die übrigens ziemlich gut.“ „Danke. Aber ich hatte ja gehofft, dass ich auch schon Dolche bekomme. Aber ich hab vom heutigen Tag wahrscheinlich viel zu viel erwartet.“ „Ach, das wird schon alles noch. Der erste Tag ist immer so. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Tag bei der Schweizer Garde, ich war total aufgeregt und hab alles gar nicht richtig wahrgenommen.“ „Ja, so ähnlich war das bei mir auch, aber Robin macht mich echt fertig. Der Kerl ist ein totaler Idiot.“ „Das wird sich noch ändern. Der wird dich bestimmt besser behandeln, wenn du ihn länger kennst.“ Da bin ich mir nicht so sicher.“ Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass ich schon wieder viel zu spät dran war und eigentlich längst zu Hause sein müsste. „Taylor“, ich zog das Wort extra lang, „kannst du mich nach Hause fahren?“ Mein Freund seufzte und nickte. „Eigentlich wollte ich heute Abend noch ein bisschen alleine trainieren. Aber für dich tu ich doch alles.“

Zu Hause setzte ich mich erstmal vor meine Mathebücher und lernte für die Klausur am nächsten Tag. Bisher hatte ich mir die Aufgaben noch nicht mal angeschaut, aber ich hoffte einfach, es irgendwie hinzubekommen. Mathe war zwar nicht unbedingt mein stärkstes Fach, aber bisher hatte ich immer bestanden. Allerdings war es auch wichtig, genügend Schlaf zu bekommen, deswegen legte ich mich nach einer Weile einfach ins Bett.
Ein Fehler wie ich am nächsten Tag bemerkte, denn ich verstand gar nichts. Die Aufgaben vor mir schienen ein einziger Wirrwarr aus Zahlen und Buchstaben. Nach einiger Zeit bemerkte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel und sah, wie Zoe mir ein Ergebnis zeigte. Wenn es nur so wäre, dass man für das richtige Ergebnis volle Punktzahl bekam. Ich notierte die Zahlen und versuchte irgendwie auf den richtigen Rechenweg zu kommen. Am Ende hatte ich kein gutes aber auch kein schlechtes Gefühl. Es war einfach mittelmäßig. „Und? Hast du es noch hinbekommen?“, Zoe, die ein wirkliches Mathe-Ass war, half immer den anderen und dieses Mal eben auch mir. „Ich glaub schon. Aber es wir schon werden.“ „Dann ist ja gut. Aber dieses Mal waren es auch wirklich gemeine Aufgaben. Wie hat es dir eigentlich gestern auf dieser Schule gefallen?“ „Es war cool. Aber auch ziemlich anstrengend so den ganzen Tag.“ „Versteh ich.“

Am Mittwoch fragte ich Robin, warum ich keine Dolche bekommen hatte. „Damit würdest du dich doch nur selbst verletzen. Mit denen kannst du noch gar nicht umgehen.“ Beleidigt drehte ich mich weg. „Keiner von den Anfängern hier hat Dolche“, ein blondes, ziemlich zierliches Mädchen hatte sich neben mich gestellt. „Wir bekommen sie alle erst, wenn wir die Prüfung bestanden haben.“ Das Mädchen lächelte mich zaghaft an. „Ich bin übrigens Celeste. Ich wohne hier seit einem Monat im Internat.“ „Was ist denn mit deinen Eltern?“ „Die sind umgebracht worden als ich klein war. Seitdem war ich in einem Kinderheim. Und dann hat Evangeline mich gefunden und hierher gebracht.“ Sie sagte das, als wäre es völlig normal, aber ich war geschockt. „Sie wurden umgebracht? Aber von wem denn?“ „Kannst du dir das nicht denken? Dein Freund ist doch auch von ihnen getötet worden.“ „Die Iram Vindicem?“, ich sog scharf die Luft ein, „deswegen bist du hier? Wie furchtbar!“ „Kann schon sein. Aber ich kenne mein Leben nicht anders. Das ist schon okay. Du musst mich nicht bemitleiden.“ „Ruhe jetzt! Ich will mit dem Training beginnen.“ Nachdem Robin uns die heutigen Trainingseinheiten erklärt hatte, sprach Celeste mich noch einmal an: „Machen wir das Training heute zusammen? Ich denke wir können relativ gleich gut kämpfen.“ Mit ihr machten die Stunden um einiges mehr Spaß. Wir lachten, wenn einer mal etwas nicht konnte und niemand wurde getadelt. Lediglich Robin, der manchmal Kontrollgänge machte, meckerte uns durchgehend an. „Konzentriert euch lieber auf eure Waffen. Im Kampf dürft ihr euch auch nicht ablenken lassen. Oder wenn ihr von den Iram Vindicem angegriffen werdet? Was wollt ihr denn dann machen wenn ein kleines, süßes Vögelchen über euch hinweg fliegt?“ Seine provokante Stimme brachte mich zum Kochen. „Kleine Vögelchen werden mich wohl kaum davon abbringen können dir irgendwann diese „Waffen“ gegen den Kopf zu schlagen! Mal ehrlich, das sind Holzstöcke! Ein Wunder, dass sie noch nicht kaputt gegangen sind.“ „Ich hab es dir schon mal gesagt: Pass auf was du sagst.“
Als Robin weg war, kicherte Celeste los. „Ich bewundere dich für deinen Mut Evelynn. Niemand sonst meckert ihn so an. Er sieht eigentlich ganz nett aus, und normalerweise ist er das auch, aber er hat schon ein paar bösartige Phasen.“ „Kann man wohl sagen.“ Ich erhob meinen Holzstock, „En Garde, Madame Celeste.“ Sie kicherte los.

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