40. Kapitel

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Wieder einmal seufzte ich. Ethan hatte alles gut aufgenommen; er war gefasst, viel zu gefasst meiner Meinung nach, aber er warf mir auch nicht vor, dass ich verrückt geworden war und ins Irrenhaus musste. Sogar die Tatsache, dass wir nicht verwandt waren, schien ihn nicht zu stören. An dieser Stelle hatte er mich einfach in den Arm genommen und gesagt: ‚Du bist meine Schwester. Egal ob wir verwandt sind oder nicht.' Komischerweise schien er sich für Lysander (der gerade auf meinem Bett schlief) am meisten zu interessieren. "Und es gibt ganz viele von denen? Und die sind jeweils einem...einem von euch zugeordnet." "Ombré. Ja genau." "Und sehen die alle so schrumpelig aus?" Ich schlug ihm gegen den Arm. "Hey,er ist nicht schrumpelig! Er ist total süß, finde ich. Mittlerweile." Wir grinsten uns an, froh, dass jetzt alls erstmal wieder gut war. Ethan hatte jetzt keine Probleme mehr, bis auf seine Müdigkeit und seine leicht angeschlagene Psyche. Ich musste mich da noch um einiges mehr kümmern, aber dafür war morgen noch genug Zeit. Mein Bruder gähnte und auch ich riss den Mund auf. Mein Körper brauchte definitiv mehr Schlaf.

Ein Klopfen an der Tür weckte mich. Mein Rücken tat weh und ich bemerkte beim Augenaufschlagen, dass ich mich nicht in meinem Zimmer befand. Das hier war Ethans Zimmer und er lag neben, halb unter mir: Mein Kopf lag auf seinem Bauch und auch sein linker Arm befand sich unter meinem Rücken. Wir mussten beim Reden eingeschlafen sein und das hatten wir jetzt davon. Auch Ethan wachte gerade auf, verschlafen rieb er sich die Augen und schüttelte den Arm. Ich streckte meinen Rücken und hoffte darauf, dass die Schmerzen noch verschwinden würden. "Guten Morgen ihr zwei. Habt ihr gut geschlafen? Hier zu Hause?" "Ja Mom. Wie spät ist es?" "Oh, kurz nach elf. In zweieinhalb Stunden kommen ein paar Gäste. Wir haben die ganzen Helfer eingeladen, quasi ein Willkommen-zurück-Essen. Bitte macht euch fertig." Wir stöhnten auf. Gerade wusste ich echt nicht, ob ich es gut fand, dass Evangeline meine Eltern die Sorgen vergessen ließ. Ein bisschen mehr Schonung hätte mir sicherlich nicht geschadet. "Ist gut. Wir kommen dann runter." "Ach ja, Evelynn, nebenan wartet jemand auf dich. Taylor sitzt da schon den ganzen Morgen und liest irgendeins deiner Bücher." "Jaha, ich geh ja schon." Mit diesen Worten stand ich auf und ging in mein Zimmer.
"Hey, Guten Morgen. Ich hab gestern noch so lange mit meinem Bruder geredet. Da sind wir wohl eingeschlafen." "Ist doch nicht schlimm", Taylor setzte sich so hin, dass ich mich an ihn lehnen konnte, was ich auch tat. Lysander saß neben uns und grinste, "Den Schokokuchen will ich aber schon noch haben, ja Evelynn?" Wir brachen alle drei in Gelächter aus, "Ja, keine Sorge. Versprochen ist versprochen. Und jetzt sollte ich mich eigentlich fertig machen für gleich. Ach! Mist! Taylor hast du noch was zum Anziehen? Sonst kann mein Bruder dir bestimmt was leihen." "Ach quatsch, deine Großmutter hat unser Zeug gestern direkt in die Waschmaschine gesteckt, davon ist bestimmt jetzt schon was fertig, so wie ich sie kenne."

Es war wirklich erstaunlich, dass an einem Sonntagmittag so viele Menschen Lust hatten zu kommen. Ich selbst hätte, beziehungsweise hatte, da keine Motivation zu. Aus diesem Grund stand ich in Jeans und Bluse in einer Ecke und versuchte einfach nicht aufzufallen. Doch genau in dem Moment kamen zwei Mädchen durch die Haustür, mit denen ich in den vergangenen Wochen einfach viel zu wenig geredet hatte. Zoe und Scarlett waren natürlich auch eingeladen. Scarlett rannte sofort zu meinem Bruder und küsste ihn. Beide schienen überglücklich, sich wiederzuhaben. Ich für meinen Teil hoffte nur, dass Ethan die Klappe halten konnte, auch vor meiner besten Freundin. Zoe stand etwas verloren im Raum herum und ich gesellte mich zu ihr. "Hey du. Wie geht's?" Sie sah mich etwas verschreckt an. "Sorry, aber...kenne ich dich?" Erschrocken trat ich einen Schritt zurück. "Ehm, hallo?! Ich bin Evelynn Donelly? Eine deiner besten Freundinnen? Ich war jetzt länger weg aber wir kennen und schon eine Weile. Du hast diesen grässlichen Einhornpulli, den du aber mit Stolz trägst." In ihren Augen war dann doch ein Erkennen zu lesen. "Gott! Evelynn, das tut mir ja so leid! Ich hab keine Ahnung was grad mit mir los war. Klar kennen wir uns, oh, ich fühle mich so grässlich grade." Sie umarmte mich, aber darauf konnte ich mich gerade nicht konzentrieren. Was bitte war das gerade gewesen? Erst meine Eltern und jetzt auch noch Zoe? Suchend sah ich mich um: Wenn Scarlett jetzt auch noch so reagierte, dann war hier definitiv etwas im Busch. Als ich sie entdeckt hatte, ging ich langsam auf sie zu und legte ihr dann eine Hand auf die Schulter. Gerade sprach sie mit meinem Bruder drehte sich aber sofort um, als sie meine Hand spürte. Und auch in ihren Augen sah ich kurze Verwirrung, allerdings nicht so lange wie bei Zoe. Direkt nachdem sie vor mir zurückgezuckt war schüttelte sie ihren Kopf und fiel mir dann in die Arme. "Du bist ein Genie! Du hast ihn zurückgeholt oder nicht? Gott, bin ich froh, euch beide wiederzuhaben, du glaubst gar nicht, wie langweilig es hier war, Zoe war zwar manchmal da, aber sie ist immer so still. Und Evelynn, du wirst nicht glauben, was Summer getan hat." Ich grinste nur. Meine beste Freundin war wieder sie selbst. Nachdem Ethan verschwunden war, war sie etwas stiller gewesen, jetzt plapperte sie wieder munter drauf los. "Hör mal, ich würd ja wirklich gerne weiter mit dir reden, aber ich bin grad so froh, dass es deinem Bruder gut geht. Und außerdem wartet da hinten Taylor auf dich. Scheint zumindest so." Daraufhin drehte sie sich doch tatsächlich um und ich stand da schön blöd, Ethan warf mir einen entschuldigenden Blick zu. Ich drehte mich um, Taylor wartete tatsächlich auf mich. "Evelynn, lass uns auf dein Zimmer gehen. Das wird mir hier zu langweilig." Ohne auf die anderen Gäste zu achten, küsste er mich, "Komm schon. Hier das bringt doch nichts. Die wollen hauptsächlich das Essen." "Lysander?" "Hat Schokokuchen bekommen." "Na dann, gut."

Wir waren gerade auf dem Weg in mein Zimmer, als mir plötzlich etwas einfiel. "Warte mal Taylor!" Er blieb stehen. "Was ist?" "Mir ist grad was eingefallen, was die Hexe gesagt hat. Sie hat mir gesagt, sie hätte zu viel Magie verbraucht um mich umzubringen und dass sie in letzter Zeit schon zu viele Gedächtnisse verändert hätte. Und jetzt erkennt mich hier plötzlich niemand mehr, also zumindest im ersten Moment nicht. Bei meinen Eltern solltest du es mitbekommen haben und bei Zoe und Scarlett war es sogar noch schlimmer! Ich wette mit dir, sie hat dafür gesorgt, dass die mich alle vergessen!" "Evelynn. Beruhige dich erst einmal. Erzähl mir von Zoe und Scarlett." "Zoe hat mich nicht erkannt, sie hat sogar allen Ernstes gefragt, wer ich bin und erst als ich es ihr dann gesagt habe, da wusste sie es wieder!" "Ihr seid zu lahaut. Ich konnte alles mithören", Lysander kam um die Ecke spaziert. Dessen war ich mir selbst bewusst gewesen, hatte es aber wegen meiner Wut auf Evangeline nicht unterdrücken können, also verschwanden wir drei jetzt in meinem Zimmer.
"Und was war mit Scarlett?" "Als ich ihr meine Hand auf die Schulter gelegt habe, da ist sie zurückgezuckt, hat sich dann aber anscheinend erinnert und versucht, das Ganze zu überspielen" "Also ich kapier das nicht, warum haben deine Eltern nur so einen winzigen Moment der Unwissenheit gehabt und Zoe so lange?" Da konnte ich Taylor nur zustimmen, das verstand ich auch nicht. Lysander zog die Augenbrauen hoch, "Ernsthaft Leute? Das ist doch offensichtlich! Je näher die Person Evelynn steht, desto schneller können sie sich wieder erinnern. Auch Evangeline hat nur eine eingegrenzte Macht über andere Menschen. Soweit ich das in der Akademie mitbekommen habe, muss man diese Zauber einmal am Tag erneuern, sonst verlieren sie an Stärke." "Also war dieses Miststück Tag für Tag hier? Während sie mir weisgemacht hat, sie würde meine Eltern trösten hat sie sie mich vergessen lassen? Ich fasse es nicht! Argh!" "Jetzt reg dich-" "Nein! Diese Person ist so schrecklich! Wie konnte sie das tun? Ich bringe sie um! Ich bin normalerweise ja nicht so gewalttätig, aber dafür bringe ich sie um! Ich schwöre euch, ich bring sie um!"          

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