"Hi, und ich dachte ich würde dich so bald nicht wiedersehen!" Scarlett setzte sich mir gegenüber an den Tisch. Wir befanden uns in einem ruhigen, kleinen Café, in das ich schon länger mal hatte gehen wollen. "Ja, ich eigentlich auch." Wie auch meine Eltern hatte Evangeline bei Scarlett dafür gesorgt, dass sie einen Grund zu kennen glaubte, wegen dem ich nicht mehr in der Schule auftaucht. Aber ich hatte es einfach nicht übers Herz gebracht einfach ohne einen Abschied von ihr zu verschwinden. Taylor und Robin hatten es für keine gute Idee gehalten am Tag vor meiner Prüfung noch etwas anderes zu machen, aber ich war stur geblieben und hatte mich nicht umstimmen lassen. Allerdings hatte ich es genossen, sie so einer Meinung zu sehen. Sie hatten ihre Sticheleien, ohne die sie sonst keinen Satz beenden konnten, komplett vergessen. Nun saß ich natürlich trotzdem hier. "Wie geht es dir Scarlett?" "Na ja, wenn man bedenkt, dass erst dein Bruder und jetzt auch noch du von hier verschwindest geht's mir natürlich nicht so toll. Ist ganz schön einsam, wobei ich mich ein paar Mädchen aus unserer Stufe angeschlossen hab. Zoe läuft ohne dich wieder allein rum. Ich hab sie mehrmals gefragt ob sie mit uns essen will, aber sie hat immer abgelehnt, also schau mich nicht so vorwurfsvoll an." "Wenn du meinst. Zoe muss man manchmal ein bisschen überreden. Sie ist total schüchtern. Grüß sie bitte von mir, wenn du sie das nächste Mal siehst." "Ja. Klar, weiß ich doch. Aber sie hatte so einen Blick drauf, ich glaube wirklich, dass sie nicht wollte." Meine beste Freundin hörte auf zu reden, saß einen Moment vollkommen still da und zog dann ihr Handy aus der Hosentasche. "Ja?", sie klang ziemlich genervt, was mich ein bisschen freute, denn das hieß, dass sie gern hier war und mit mir redete und eigentlich auch keine Unterbrechung wollte. "Mh, ja wenn du meinst, dass es so wichtig ist. Ich hab nämlich eigentlich gerade keine Zeit." Sie warf mir ein Lächeln zu und verdrehte dann die Augen. "Jaha, Okay ich komme." Nachdem sie aufgelegte hatte, erhob sie sich. "Es tut mir echt leid. Ich muss gehen. Aber ich konnte ja auch nicht ahnen, dass diese blöde Ziege meint, uns ausgerechnet jetzt besuchen zu müssen." "Ist ja kein Problem." Ich umarmte sie zum Abschied und wollte sie gar nicht mehr loslassen.
"Klappe die Zweite." Taylor umarmte mich und wünschte mir viel Glück, dann ging er nach unten um abzuwarten. Sobald die Tür von innen aufgeschlossen wurde, betrat ich den Raum. Dieses Mal standen nur Evangeline und Robin dort und keine weitere Ombré. "So, dann hoffen wir mal, dass du heute gut genug vorbereitet bist, meine Liebe. Wenn nicht haben wir nämlich ein Problem. Ich befürchte, dass ich dir dann nämlich ein paar Leute mit auf deine Reise schicken muss die du gar nicht leiden kannst." Na super, bloß keinen Druck aufbauen. Pff. "Wir fangen heute mit der "Wissensaufgabe" an. Allerdings haben wir die Prüfung ein bisschen abgeändert, sodass sie sich mehr auf dein Ziel konzentriert. Deswegen: Erzähl mir alles, was du über die Iram Vidicem weißt." Damit konnte ich was anfangen. "Also, das ist eine Sekte, die Hexen jagt", großartige Aussage Evelynn. Mach weiter so! Was stand denn noch mal im Internet? Ich hatte da doch diesen Artikel gelesen. "Also nochmal. Die Iram Vindicem sind eine gottesfürchtige Gemeinschaft, die an Gott, den Teufel und seine Diener in der Unterwelt glauben. Diese bekämpfen sie allerdings gezielt. Speziell Hexen. Diese Gruppe ist sogar bereit für ihren Glauben einen Mord zu begehen, wenn sie glauben eine Hexe oder einen Teil ihrer Familie gefunden zu haben. Sie tragen meistens schwarze Kapuzenumhänge und können so bei ihren Taten schwer identifizert oder gefasst werden. Es gibt laut Internet circa 400 Mitglieder. Ich glaube mich zu erinnern, dass erste Aktivitäten im Jahr 1999 nachgewiesen worden sind. Ja, ich glaub das war alles." Ich lächelte zaghaft, eigentlich zufrieden mit meiner Leistung. "Gut. Nun kommen wir zur Kampfaufgabe, die wir aus Zeitgründen mit der Ausdaueraufgabe verbunden haben. Du wirst gegen Robin kämpfen." "WAS?! Wie soll ich denn gegen den gewinnen? Der haut mich doch nach zwei Sekunden um!" "Deswegen heißt es ja Ausdaueraufgabe. Ich will sehen wie lange du durchhältst. Und er wird dieses Mal nicht so schonend sein wie im Training. Und ihr kämpft komplett ohne Waffen." Ich war geliefert. Ganz und gar geliefert!
"Los." Er zischte die Worte nur, zu sehr auf mich konzentriert. Dass er das tat, wieß darauf hin, dass er mich ernstnahm und nicht für eine leicht zu besiegende Gegnerin hielt. Daran sollte ich aber in diesem Moment eigenlich nicht denken, denn es lenkte mich ab wie sonst nichts in diesem Raum. Er versuchte mich zu erwischen, aber ich hopste weg. Ja klar, das war nicht so gedacht, aber ich blieb auf den Beinen. Diesen Prozess seines "Auf-mich-losgehens" und meines Ausweichens wiederholten wir ein paar Mal. Dann begann er plötzlich nicht nur einmal in meine Richtung zu schlagen, sondern immerwieder. Und als ich noch weiter zurückweichen wollte, begriff ich auch warum: Wir standen mittlerweile an der Wand und zwar so nah, dass ich keine Ausweichmöglichkeiten mehr hatte. "Na was machst du jetzt?" Er grinste, aber da war keine Wärme in seinem Grinsen. Ich fragte mich wirklich, ob ich Angst haben sollte. Ihm machte das hier ja richtig Spaß! Er traf mich einmal seitlich in den Bauch, aber in der Zeit war er ungeschützt und ich konnte mich revangieren. Robin sah mich erschrocken an, er hatte trotz seines Respekts vor mir nicht angenommen, dass ich ihn treffen konnte. Ich wollte die Zeit nutzen, aber er reagierte blitzschnell und seine Faust traf mich ins Gesicht. Was dachte der sich denn dabei?! Ich würde ewig mit diesem elenden Veilchen rumlaufen! Und abgesehen davon tat das gerade saumäßig weh. Dieser Idiot! So langsam wurde ich wütend. Ich hielt mir die Hand vors Auge und sank nach unten, als könnte ich es nicht mehr aushalten, aber das war alles Taktik. Wenn er bereit war mir so wehzutun, dann konnte ich das auch. Langsam holte ich mit meinem Beim aus und versetzte ihm mit meinem Knie einen Tritt an die Stelle, die Kerlen am meisten wehtat. Und tatsächlich, erschrocken sog er Luft ein und sank dann tätsächlich zu Boden, leider nicht ohne mich mitzureißen. Trotz seines Schmerzes, der seinem Gesicht nach zu urteilen wesentlich größer war als der Meine, schaffte er es zu einem weiteren Schlag anzusetzen, aber ich wich so weit es ging zurück. Seine Hand hielt mich immernoch auf dem Boden fest, aber ich wusste, wenn ich es jetzt schnell schaffte aufzustehen und seine Hände irgendwie festzuhalten, dann hatte ich sogar im Kampf gewonnen und dann konnte ich doch quasi gar nicht mehr durchfallen. Leider kam Robin viel zu schnell auf die Beine. Er war immerhin auch ein Kämpfer. Ich war bereits auf den Knien als er meine Hände nahm, sie zusammenpresste und mich mit all seiner Kraft nach hinten auf den Rücken warf. Mit dem Aufschlag wich sämtliche Luft aus meinen Lungen und ich hustete. Zwar wusste ich, dass ich jetzt keine Chance auf Entkommen mehr hatte, trat mit meinen Knien aber trotzdem noch mehrmals gegen seinen Rücken. "Okay, Es reicht." Evangeline mischte sich ein und sofort sprang Robin von mir herunter und zog mich mit hoch. "Super Evelynn. Du hast bestanden."
Das Essen fiel etwas kleiner aus als das der anderen. Aber ich war immerhin auch nur eine Person und hatte nicht viele Menschen, die überhaupt kommen wollten. Evangeline, Taylor und Robin waren die einzigen und mit letzterem hatte ich seit dem Kampf kein einziges Wort mehr gewechselt. Ein paar der anderen Ombré gesellten sich zu uns, aber weniger wegen mir, sondern eher weil dieses Essen einfach göttlich war. Auch wenn ich diese Goblins nicht wirklich mochte, kochen konnten sie wirklich gut. Ich musste allerdings warten bis alle ihre Teller leer gegessen hatten bis ich meine Dolche bekam und ich hatte das Gefühl, als würden diese Ombré extra langsam essen nur damit ich auf die Folter gespannt wurde. Immer wieder warf ich ihnen giftige Blicke zu wenn sie gerade nicht hinsahen. Die Hexe bemerkte das allerdings und lachte: "Keine Sorge, das machen sie immer so. Die neuen auf die Folter spannen." Endlich waren die beiden fertig und Evangeline holte ein kleines Kästchen aus einer Kommode. Langsam öffnete sie es und da lagen meine Athamen mit meinem Namen eingraviert. ich hätte heulen können vor Freude. Diese zwei Dinger gehörten endlich mir! "Danke." Ich nahm die beiden Athamen entgegen. "Wenn du möchtest kannst du noch etwas eingravieren lassen, der Name allerdings ist obligatorisch." Robin schaltete sich ein: "So und jetzt wirst du auch erfahren was die Magie dieser Teile ist", mit einem Blick zur Hexe fügte er hinzu: "Ich hab ihr damit die Nase lang gemacht." Dann lachte er. Plötzlich wurde hinter uns die große Tür aufgeschoben und ein kleines Wesen, das ich nach einem Moment als Goblin identifizierte, trat ein. Er hatte spitze Ohren, große süße Welpenaugen und einen grasgrünen, leicht dicklichen Körper. Insgesamt sah der Goblin aus, als wäre er noch ein Baby. Während sein Körper ja eher mollig war, waren seine Beine und Arme dünn wie Stöcke und wirkten recht zerbrechlich. "Tja Evelynn. Das ist der Grund warum du von manchen hier so gehasst wirst. Du hast die Goblins verärgert. Denn der Zauber der Dolche ist die Verbindung eines jeden Ombré zu seinem Goblin. Der ihm hilft und ihn aufmuntert, und der in vielen Fällen der beste Freund der oder des Ombré ist. Wenn du sie ärgerst, ärgerst du auch ihre Besitzer." "Ja, das hat Robin recht gut erklärt. Und das hier ist dein Goblin. Sein Name ist Lysander."
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Hexenjagd
ParanormalDas ist der 2. Teil. (Der 1. Teil heißt Hexenflammen;) Was, wenn du von einer Sekte verfolgt wirst, die dich umbringen will? Was, wenn du kein Mensch bist und übernatürliche Kräfte hast? Was, wenn du von einer Hexe in eine andere Zeit geholt wirst...