41. Kapitel

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"Evelynn! Du beruhigst dich jetzt erstmal. Wir gehen ja gleich nach Brownsville. Versprochen. Aber erst wenn diese Party hier rum ist. Lange kann das ja nicht mehr dauern. Und dann kannst du ja mit Evangeline reden. Sie wird wahrscheinlich da sein. Sonst wäre diese Nervensäge Robin doch längst aufgetaucht." Tief ein und ausatmen. Taylor hatte ja Recht, ich musste mich beruhigen. Wenn mein Hass auf diese Person dafür sorgte, dass ich einen Herzinfarkt bekam, wäre damit niemandem gedient. "Gut, aber wir fahren gleich sofort los, ja?" "Versprochen."

Eine Stunde später waren alle Gäste -bis auf Scarlett, aber die wollte ja zu meinem Bruder und nicht zu mir- gegangen und ich saß in Taylors Auto. Wenn ich Evangeline zu Gesicht bekam würde ich auf sie losgehen, davon war ich fest überzeugt.

"Robin, hey, schön dich zu sehen!" Ich umarmte den Ombré stürmisch, was Taylor wohl nicht gefiel. Er begrüßte Robin nur mit einem Kopfnicken. "Schön, dass ihr drei wieder da seid. Ich denke mal, ihr wollt zu Evangeline oder?" "Ja genau, aber Robin, ich muss dir was über sie sagen, was dir nicht gefallen wird." "Was denn?" Er wurde misstrauisch, das sah man ihm deutlich an. "Pass auf, sie hat meinen Bruder entführt und sie hat auch diese ganzen Zettel geschrieben. Man kann ihr nicht vertrauen." "Was redest du denn da?! Willst du mir ernsthaft erzählen, dass die Frau, die mich quasi großgezogen hat, dass sie böse ist und so etwas tun würde? Vielleicht hast du dir auf deiner Reise irgendwo den Kopf gestoßen, oder ihr habt ein riesengroßes Missverständnis, denn das kann nicht sein." Er schüttelte verärgert den Kopf, "Wir beide gehen jetzt sofort zu ihr und regeln das. Komm! Taylor, du kannst ja mit Lysander auf dein Zimmer gehen oder so." Dann packte er mich am Arm und zog mich mit sich. "Warte kurz. Ich muss noch was erledigen. Dann komme ich mit. Wo sind die anderen Ombré und ihre Goblins?" "Was zum Teufel hast du denn jetzt schon wieder vor?" "Mich entschuldigen." Sein Gesichtsausdruck wurde immer ratloser, "Wofür?" "Dafür, dass ich die Goblins beleidigt habe. Ich weiß jetzt, dass sie einfach wunderbare Wesen sind." "Gut, dann bitte: Sie dürften alle im Speisesaal sein." Sofort stolzierte ich los.

Meine Entschuldigung wurde aufgenommen, einige machten danach sogar etwas freundlichere Gesichter, aber leiden konnten sie mich alle trotzdem noch nicht so wirklich. Robin drängt mich die ganze Zeit, ihm endlich zu Evangeline zu folgen. "Komm jetzt!" Gemeinsam gingen wir aus dem Raum und die Stufen hinauf. Ich wartete, während Robin an die Tür klopfte und mich ankündigte. Das konnte ja was werden. Vielleicht ging sie sofort auf mich los und wollte mich umbringen? Immerhin wusste Robin dann, dass ich nicht gelogen hatte. Oder aber, kam mir ein furchtbarer Gedanke, er steckte mit ihr unter einer Decke und ich hatte mich in ihm getäuscht. Doch nichts dergleichen geschah. Evangeline rief mich zu sich herein und befahl mir mich zu setzen. Es war ein freundliches 'Nimm doch Platz', aber ich sah in ihren Augen, dass sie sich beim kleinsten Fehltritt meinerseits vergessen würde. Warum war mir das vor meiner Reise bloß nicht aufgefallen?  "Nun, wie du sicher bemerkt hast, habe ich einige Gedächtnisse verändert. Ich hoffe, dass dich das nicht allzu sehr stört." "Oh und wie es mich stört. Du wolltest dafür sorgen, dass meine ganze Familie mich vergisst! Weil du nicht gedacht hast, dass ich wiederkomme, weil du mich umbringen wolltest!" "Evelynn, das reicht jetzt! Wie kannst du es wagen, mir so etwas zu unterstellen?! Ich habe dich beschützt und dir geholfen, jetzt habe ich sogar dafür gesorgt, dass die Polizei euren gesamten Fall vergisst, sodass ihr nicht in Erklärungsnot kommt-" "Das hast du nur getan, damit deine Identität nicht aufgedeckt wird du verlogenes Miststück!" "DAS REICHT!", immerhin war es mir gelungen, die Hexe so weit zu provozieren, dass sie wenigstens einen Teil ihrer wahren Identität preisgab. Selbst Robin runzelte bei ihrem Verhalten die Stirn, schien dann aber eine plausible Erklärung zu finden, sein Gesichtsausdruck glättete sich. Auch Evangeline fasste sich wieder und grinste dann auf eine Art, die mir nicht gefiel. "Wie geht es denn deinem Bruder? Lebt er noch?" Was für eine Frechheit, so langsam verlor ich meine Fassung! "Wie kannst du es wagen, mich nach meinem Bruder zu fragen?", sagte ich gefährlich leise, "Du trägst doch die Schuld an dem, was ihm zugestoßen ist. Ohne dich, wäre er nie in Gefahr gewesen und ich hätte ihm nichts von Magie und Hexenprozessen erzählen müssen! Argh, ich fasse es nicht." Die Hexe ignorierte mich nun vollkommen und beschloss anscheinend, so zu tun, als ob ich verrückt geworden wäre. "Robin, Evelynn scheint erschöpft von ihrer Reise. Ich halte es für besser, wenn wir dieses Gespräch ein andermal fortführen. Bringst du sie bitte nach draußen?" Der Ombré nichte und packte wieder meinen Arm. Ich riss mich los, "Den Weg finde ich auch alleine, danke." Trotzdem ging er hinter mir her, schloss die Tür und riss mich unten am Fuß der Treppe erneut zurück. "Was sollte das? Du provozierst sie doch mit Absicht." "Nein, das tue ich nicht. Sie ist es, die mich ärgern will. Und das schafft sie hervorragend." Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Taylor und Lysander oben an der Treppe auftauchten, doch ich fokussierte mich auf Robin. "Du bekommst das nicht mit, aber sie unterstellt mir allen möglichen Kram, den sie gemacht hat und ich schwöre dir, dafür, dass sie meinen Bruder entführt und mich durchs halbe Land gejagt hat, dafür werde ich sie umbringen. Und das meine ich Ernst. Todernst." Mit diesen Worten drehte ich mich um um zu gehen, davon ausgehend, dass Taylor und Lysander mir folgen würden. Doch was ich dann hörte, war ein lauter Entsetzensschrei von Taylor. Daraufhin spürte ich, dass sich mir jemand von hinten näherte. Dem folgte ein stechender Schmerz an meinem Kopf und alles wurde schwarz.

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