33. Kapitel

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Von hinten hörte ich noch ein: "Dafür wirst du büßen. Das wird dich den Kopf kosten Ibrahim", dann bogen wir um eine Ecke und ließen die Iram Vindicem hinter uns. Wir rannten und rannten und ich hoffte einfach, dass uns keiner würde aufhalten kommen. Pistolen hatten sie ja offenbar nicht, denn sonst hätten sie uns nicht mit Schwertern bekämpft. Ich hatte keine Ahnung, wohin wir überhaupt liefen, aber Lysander rannte voraus und schien den Weg zu kennen. Der Gang schien nicht enden zu wollen, nur ab und zu gab es eine Abzweigung, die wir nehmen mussten. Mit dem Keuchen konnte ich gar nicht mehr aufhören, so lange zu sprinten, das war einfach zu viel für mich und so fiel ich immer weiter hinter Lysander und Taylor zurück. Letzterer drehte sich immer wieder zu mir um, aber ich schütttelte den Kopf um ihm zu bedeuten, dass er einfach so weiterlaufen sollte wie vorher.

Plötzlich allerdings, während ich mich umsah, blieb ich stehen und ließ die beiden einfach weiterlaufen. Neben mir an der Wand hing ein Bild und das darauf abgebildete Dorf kam mir sehr bekannt vor. Es war so gut wie aus der Vogelperspektive abgebildet und in der Mitte war ein Marktplatz zu erkennen, den ich nur allzugut kannte. Wer das Bild so gemalt hatte und wie ihm das möglich gewesen war, war mir allerdings ein Rätsel. Und dann war es auch noch so originalgetreu gemalt!

"Evelynn? Spinnst du?! Hier einfach so stehen zu bleiben! Weißt du, was ich mir für Sorgen gemacht hab als du plötzlich nicht mehr hinter uns warst?", Taylor war zurückgekehrt und stellte sich nun neben mich, "Was tust du denn hier? Die Iram Vindicem könnten uns finden. Und dann haben wir wirklich ein Problem. Also komm jetzt!" "Nein, Taylor ich glaub ich hab den Hinweis gefunden! Oder hast du den schon vergessen?" "Ja, also ehrlich gesagt schon. Immerhin wast du doch so fest davon überzeugt, deinen Bruder endlich zu finden", ich zuckte zusammen, "und als er nicht hier war, da dachte ich, du wärst reingelegt worden. Aber wie kommst du darauf, dass ausgerechnet das Bild der Hinweis sein soll?" "Dass das Bild der Hinweis ist hab ich nie gesagt. Eigentlich dachte ich eher daran, dass hinter dem Bild oder im Rahmen oder so der Hinweis versteckt sein könnte." Lysander schaltete sich ein, bisher hatte er nur auf die Signatur am unteren rechten Bidlrand gestarrt. "Wer ist Genevieve Irgendwas? Kennt die jemand? Die hat das Bild nämlich gemalt." "Keine Ahnung, was interessiert uns das? Vielleicht ist das eine Historikerin, die sich mit Hexenprozessen beschäftigt, zufällig gut malen kann und deswegen auf Huntsville gekommen ist. Konzentrieren wir uns besser auf die wichtigen Dinge." Vorsichtig nahmen Taylor und ich gemeinsam das Bild von der Wand, wir versuchten allerdings uns dabei zu beeilen, denn immernoch bestand die Gefahr erwischt zu werden. Die Suche wurde uns sehr vereinfacht, da sich hinter dem Bild eine Nische befand in der ein kleiner Zettel lag.

Kehre an den Ort zurück, an dem dein Leben begonnen hat.

Warum hinterließen die Iram Vindicem mir in ihrem eigenen Hauptquartier einen Zettel? Und wo sollte ich bitte hin? Falls ich zurück nach Miami sollte, war das ein wirklich schlechter Scherz, dann hätte ich mir diesen ganzen Stress hier sparen können. "Wo soll das sein Taylor? Miami?" Der zuckte nur ratlos mit den Schultern. Lysander allerdings hüpfte aufgeregt um uns rum. "Seid ihr zwei jetzt vollkommen hirnverbrannt?! Wo haben wir den Zettel denn gefunden?" Meine Stirn runzelnd dachte ich über seine Frage nach, "Na, hinter dem Bild von-", meine Stirn glättete sich. "Natürlich! Huntsville! Wir müssen nach Huntsville. Das meintest du doch Lysander oder?", man hörte meine Begeisterung ganz deutlich aus meiner Stimme heraus, ich war kurz davor mit Lysander durch die Gegend zu hüpfen. Taylor, der alte Pessismist, trieb mir meine Freude sofort aus, "Ich glaube wirklich, du bist hirnverbrannt. Huntsville existiert nicht mehr. Schon vergessen, das ist über 500 Jahre her." "Mh, ja da hast du wohl recht. Und jetzt?"
Plötzlich hallten Stimmen von den Wänden wider. "Jetzt hauen wir hier erst einmal ab. Im Hotel können wir uns dann überlegen, was wir als nächstes tun." Und nach einer Weile fanden wir den gleichen Weg nach draußen, den wir auch nach drinnen genutzt hatten. Damals -ja, es kam mir vor, als wäre es Ewigkeiten her, dabei war das gerade einmal etwas mehr als eine Stunde her- noch voller Hoffnung. Mit der festen Überzeugung meinen Bruder hier wiederzufinden.

Drei Stunden später hockte ich vor einem Computer im Hotel und versuchte etwas über unseren Zielort herauszufinden. Bereits dreimal hatte ich Hunsville eingegeben, wurde aber immer mit Gemälden des vergangenen Huntsvilles, wie ich es mittlerweile nannte, bombadiert. Die anderen Ergebnisse bestanden aus Berichten und Links zu Museumsseiten. Meine letzte Idee war es, und das kam mir total bekloppt vor, "aktuelles Huntsville" einzugeben. Und wieder bekam ich erst einmal nur Ergebnisse, die mich unter anderen Umständen zwar interessiert hätten, gerade aber nur störten. Auf Seite zehn fand ich dann tatsächlich ein vielversprechendes Ergebnis und begann augenblicklich leicht aufgeregt auf meinem Stuhl hin und her zu rutschen. In diesem Moment tippte mir ein Angestellter des Hotels auf die Schulter. "Miss? Ihre Zeit ist um." Was sollte das denn jetzt?! Hier warem zwei von Zwanzig Computern besetzt und ich saß auch nur hier, weil Taylor oben das Zimmer mit seinen Skype Gesprächen besetzte. "Ja, aber, bitte, ich brauche nur noch fünf Minuten. Dann gehe ich wirklich. Und es will doch sowieso keiner an die Computer. Heutzutage hat doch fast jeder seinen eigenen. Auch im Urlaub. Bitte!" "Ja gut. Aber wirklich nur fünf Minuten", er machte sich wieder auf den Weg zurück zu seinem Tresen.
Schnell drehte ich mich wieder zum Bildschirm um und klickte auf besagtes Ergebnis:

Die kleine Stadt Huntsville liegt im Norden von Alabama und erlangt aktuell keinerlei Beachtung von Touristen. Als Touristenfreie Stadt ist sie als Wohnort sehr beliebt. Besonders bekannt bei den Amerikanern ist sie durch das  Weltraumforschungszentrum in der Mitte der Stadt. Ebenso wichtig ist der Cummings Research Park, eine der größten Forschungsparks der Vereinigten Staaten. Ebenso wichtig für die umliegenden Städte ist das 2018 errichtete Gesunheitszentrum, Huntsville Hospital System, das großartige Arbeit leistet. Gegrüdet wurde es von der großartigen Amalia Willows, die....

Da hörte ich auf zu lesen, jetzt war ich mir sehr sicher, dass dieses Huntsville mein Ziel war. Nich nur, dass Lysander und ich beide von der Stadt namens Huntsville überzeugt waren, nein, jetzt gab es dort auch noch ein Krankenhaus dessen Gründerin meinen früheren Nachnamen trug! Das konnte kein Zufall sein! Garantiert hatten die Iram Vindicem das so beabsichtigt. 
Wieder unterbrach mich dieser wirklich nervige Hotelangestellte: "Miss, jetzt müssen sie wirklich gehen, sonst muss ich ihnen Extrakosten aufbrummen. Und das wollen sie doch nicht oder?" Schnell erhob ich mich, "Nein, sicher nicht. Könnten sie mir allerdings noch eine kleine Frage beantworten?", ohne eine Antwort von ihm abzuwarten fuhr ich fort, "Wie komme ich von New Orleans aus am besten nach Huntsville, Alabama?" "Mit dem Flugzeug?", jetzt wurde der Kerl auch noch unfreundlich, vielleicht sollte ich mich mal bei seinem Vogesetzten beschweren. "Ja, danke, aber mit welchem Flugzeug? Von wo? Und was ist wenn man beispielsweise lieber den Zug nehmen möchte?" "Dann wenden sie sich am besten an eine Hotelangestellte beim Kundendienst. Dafür bin ich nicht zuständig. Schönen Tag noch." Argh, was ein Idiot! Das mit dem Kundendienst ließ ich erst einmal bleiben und beschloss Taylor von meinen Entdeckungen in Kenntnis zu setzen.

"Großartig Evelynn. Du kommst ganz nach mir, so schlau wie du bist", Lysander grinste bis über beide Ohren. Auch Taylor schien überzeugt, zumindest so weit, dass er bereit war abzureisen. Während ich erzählt hatte, hatte sich bei mir die Müdigkeit langsam breit gemacht. Irgendeine Folge musste der ganze Stress ja haben. Auch Taylor runzelte schon die ganze Zeit die Stirn und als ich einmal meine Erzählungen unterbrochen hatte um zu gähnen, hatte er die Augen verdreht. "Darüber lässt sich streiten", trotz seiner offensichtlichen Sorge um mich konnte er mich noch ärgern, so schlecht ging es mir also anscheinend noch nicht. Trotzdem wies er mich an, ein bisschen zu schlafen: "Ich kümmere mich schon um unsere Reise. Zug nehme ich an?" "Das nimmst du ganz richtig an. Muss ich wirklich hierbleiben?" "Ja, musst du. Ich würde ja das Zimmer abschließen um deiner Sturheit entgegenzuwirken, aber-" "Lysander passt schon auf mich auf." "Ja klar, das tröstet mich jetzt wirklich." Pure Ironie, na klar. Damit verließ er das Zimmer und ich startete tatsächlich einen Versuch, was das Schlafen betraf. Allerdings nicht sehr erfolgreich.

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