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Meine Süßen, ich wollte mich ganz herzlich bei euch für die Reads, Kommentare und Votes bedanken! :)

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Liam

Der Mensch an sich ist primitiv. Sein Denken, sein Handeln, sein ganzes Wesen ist von Natur aus primitiv. Somit sind auch die meisten seiner Werke zumindest primitiv angehaucht. Das, was die Menschlichkeit als primitiv definiert, ist in Wirklichkeit gar nicht primitiv. Das, was wirklich primitiv ist, ist das Menschliche, das in jedem von uns steckt.

Aber das hier, das kam mir so anders vor. Niall kam mir so anders vor. Als wäre jede seiner Bewegungen bis in die hinterste Ecke seines Gehirns durchdacht, als hätte er eine schreckliche Angst davor, etwas falsch zu machen.

„Liest du eigentlich?", wollte er da plötzlich wissen, „Also, Bücher, meine ich."

Ein bitteres, allerdings erheitertes Lachen drängte sich aus meiner Brust. „Als Student habe ich keine wirkliche Wahl, oder?"

Er legte seinen Kopf für einen Moment lang schief. „Du studierst?"

„Ja", nickte ich und schob den Monitor meines Laptops ein wenig weiter nach hinten. „Hatte ich dir davon etwa noch nie erzählt?"

Niall schüttelte entschlossen seinen Kopf. „Nicht, dass ich wüsste."

„Oh", machte ich, „Ich dachte, das hätte ich erwähnt."

Ein Schulterzucken, aber keine Gestik, die auf ein Problem hätte schließen lassen. „Kein Problem. Was studierst du denn?"

„Mathe und Chemie", gab ich zur Antwort, „Auf Lehramt."

Niall zog beide Augenbrauen nach oben und grinste mich dann schief an. „Du willst Lehrer werden? Ausgerechnet für die beiden unbeliebtesten Fächer, die man sich als Schüler vorstellen kann?"

„Das stimmt so nicht ganz", korrigierte ihn, „Physik ist auf der Liste der meist gehassten Schulfächer viel weiter vorne als Chemie."

Er lachte. „Ich hatte gegen keins von beidem was."

„Im Ernst?"

Niall schüttelte seinen Kopf, und eine Strähne des blonden Haares fiel ihm ins Gesicht. „Nein. Meine Begabungen lagen schon immer etwas weiter auf der mathematischen Seite."

„Aber um auf deine Frage zurückzukommen", ich wedelte nachdenklich mit meinem Zeigefinger, „Ja, ich lese auch in meiner Freizeit Bücher. Warum fragst du?"

Wieder ein gleichgültiges Schulterzucken. „Keine Ahnung. Ich habe mir die Frage einfach gestellt."

Ich lächelte. „Welche Bücher liest du denn?"

Ein nachdenklicher Ausdruck schlich sich auf das müde Gesicht. „Früher habe ich viele Romane gelesen, mittlerweile lese ich fast ausschließlich Psychothriller, mit denen ich mir Nächte wie diese um die Ohren schlagen kann."

Ein bitteres Lachen entfuhr meiner Brust. „Würde ich das tun, könnte ich vermutlich auch nicht schlafen."

Niall

Er war ein guter Mensch. Ich konnte es sehen, an der Art und Weise, wie er auf meine Fragen antwortete, an seiner Körperhaltung und seiner Mimik. Er hatte keine bösen Absichten, und ein gewisses Grundvertrauen war gegeben. Anders als bei dem Großteil der Menschen, die ich täglich um mich hatte.

Er sah mich an, und verurteilte mich noch nicht einmal dafür, dass ich ein im Grunde genommen arbeitsloser Versager war, der auf Metalcore-Musik und Psychothriller stand und den Großteil seiner Nächte rauchend oder auf Tumblr verbrachte.

Stattdessen lächelte er mich an und sagte mir, dass nicht alles falsch war, was ich tat. Ich legte meinen Kopf schief - eine Geste, die bereits seit meiner Kindheit Verwirrung signalisierte - und begann schließlich, doch zu lächeln. „Du hast das Bild gesehen, richtig?"

Er nickte. „Ich dachte du freust dich vielleicht darüber, wenn dir jemand sagt, dass das nicht wahr ist."

Einer. Einer von sieben Milliarden.

Liam

Metal, Psychothriller und Zigaretten. Niall war in keinem Punkt, wie die anderen jungen Männer in seinem Alter, mit denen ich zu tun hatte. Hier in Australien war der Großteil der Studenten zwar Nikotinabhängig und gab sich regelmäßig die Kante, aber einen tieferen Hintergrund hatte das bei den wenigsten. Zumindest hatte ich das immer geglaubt.

Obwohl Niall eine gewisse depressive Aura umgab, hatte ich bessere Laune, seitdem ich mich mit ihm unterhielt. Während Harry neben mir schlief und den gesamten Raum mit einer scharf riechenden Mischung aus starkem Alkohol und Erbrochenem füllte, achtete ich ganz konzentriert auf dem Bildschirm, während das geöffnete Fenster die schlimmsten Gerüche von mir fern hielt.

„Ich habe dir versprochen, dir von mir zu erzählen", sagte er da plötzlich und schluckte. „Weshalb ich weder studiere, noch richtig arbeite, meine ich."

Ich nickte. „Du musst das aber nicht tun."

Nun war er derjenige, der nickte. „Ich weiß."

Niall

Ein Teil von mir wollte nicht darüber sprechen. Ein anderer spürte, dass die ganze Sache nach außen drängte. Sie wollte gehört werden, ein offenes Ohr finden für die Dinge, die ich jahrelang niemandem erzählt hatte.

Ich atmete hörbar ein und wieder aus. „Den Anfang der Geschichte kennst du ja."

Liam nickte, sagte allerdings kein Wort. Dabei wusste ich ganz genau, was er dachte. Der Unfall.

„Jedenfalls war ich damals gerade alt genug, um allein für mich sorgen zu können, aber noch viel zu jung, um auch nur ansatzweise zu verstehen, was genau da vor sich gegangen war."

Ich machte eine kleine Pause, atmete ein- und wieder aus, bevor ich erneut ansetzte. „Einmal in der Woche hatte ich einen Termin bei einem seltsamen alten Herrn, der zwar Psychologe war, meiner Meinung nach aber absolut nichts von dem verstand, was er studiert hatte. Also habe ich den Großteil der Sitzungen ausfallen lassen, bis ich gar nicht mehr hingegangen bin."

Liam

Ich saß geduldig vor meinem Laptop und gab mir Mühe, ihm ein Gefühl von Interesse und Anteilnahme zu vermitteln, ohne ihn unterbrechen zu müssen.

Er hatte seine Arztbesuche also ausfallen lassen. Aber wie sonst hätte er diese Erlebnisse aufarbeiten wollen?

„Ich weiß wirklich nicht, wie ich dir das erklären soll", schüttelte er seinen Kopf, sichtlich nach den richtigen Worten ringend. „Aber das Schicksal kann echt ein verdammtes Arschloch sein."

Ich nickte, kaum merklich. Ich weiß, dachte ich.

„Wenn du während einem solchen Erlebnis kurz vor deinem Schulabschluss stehst, ist das ein sehr gutes Beispiel dafür", fuhr er fort, und es kam mir vor, als würde er seine Arme noch weiter um seinen eigenen Körper schlingen. „Welche Universität nimmt Menschen wie mich an, die einen noch nicht einmal ansatzweise plausiblen Notenschnitt haben?"

Ich musste kurz an meine eigenen Noten denken. Die waren an der Uni nämlich deutlich in den Keller gesunken. Vorher hatte ich nie gravierende Probleme gehabt, wenn ich denn nur genügend getan hatte.

„Kennst du das Gefühl, wenn dich etwas innerlich so sehr lähmt, dass du nicht mehr dazu in der Lage bist, die Dinge ins Reine zu bringen?"

Obwohl er vermutlich keine Antwort darauf erwartete, nickte ich, sagte allerdings gar nichts. Kein einziges Wort.

„Und genau das ist der Grund, weshalb ich heute hier sitze und mir in der Mitte des Monats den Kopf darüber zerbreche, wie ich die nächsten zwei Wochen über die Runden kommen soll."

Ein Atemzug, eine Pause. „Und ich erzähle dir das nur, weil das Leben wirklich schreckliche Dinge tun kann."

Tumblr. (Niam AU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt