Ich sah mich ein wenig in dem großen Raum um und sah dass noch weitere Jugendliche hier waren. Alle hatten das Selbe Schwarze Bandana um den Kopf wie Alex und bei einigen konnte ich auch das Selbe Tattoo entdecken das von heute an auch meine Haut ziert. Doch plötzlich wurde ich von hinten geschubst. Chris. Na super, das heißt dann wohl es geht los, und alle würden uns zusehen. „Du kennst die Regeln?" fragte mich Chris. Er spuckte die Worte quasi aus. Vielleicht hätte ich ihm doch keinen Kinnhaken verpassen und ihm in die Eier schlagen sollen, denn ich habe das dumpfe Gefühl das ich das in wenigen Sekunden doppelt und dreifach zurückbekommen würde. Ich nickte nur und blickte ihm ebenfalls geradewegs in die blauen Augen und bemerkte die kleine aufgeplatzte Stelle über seinem Auge die ich ihm verpasst hatte und die mittlerweile blau war. „Sehr schön, dann wollen wir dir doch mal ein bisschen Respekt einprügeln. Austin hast du's?" Er grinste dreckig, was mich innerlich zum kochen brachte. Dann sah er zu einem braunhaarigen Jungen der eine Stoppuhr in der Hand hielt und ihm das okey gab. Chris kam immer näher und ich legte mir meine Arme zur Deckung vors Gesicht, allerdings so dass ich Chris immer noch sehen konnte. Er holte aus und seine Faust traf direkt in meinen Bauch. Ich biss die Zähne zusammen und sagte mir in Gedanken immer wieder „Bloß nicht schreien, bloß nicht schreien!" Ich wollte keine Schwäche zeigen. Ein weiterer Schlag, diesmal auf die Schulter, ich stöhnte vor Schmerz auf aber da traf mich schon ein weiterer Schlag, diesmal mit dem Fuß, meine Knie gaben kurz nach und ich landete am Boden, rappelte mich aber sofort wieder auf. Es hagelte nur noch so von Fäusten und Tritten und die 30 Sekunden kamen mir wie eine Ewigkeit vor. Doch dann die Erlösung! Austin schrie „Stopp!" und Chris hörte auf. Irgendwie war ich stolz auf mich, ich hatte es tatsächlich geschafft kein einziges Mal laut aufzuschreien obwohl die Schmerzen kaum auszuhalten waren. Chris sah mich an und grinste wieder. „Das sollten wir wiederholen du kleines Miststück." Ich kochte vor Wut, und mir brannte die Sicherung durch. Mein schmerzender Körper war für einen Moment vollkommen vergessen und ich sprang auf Chris zu, der wohl überhaupt nicht mit meiner Reaktion gerechnet hatte, denn bevor er überhaupt wusste was passiert war hab ich ihm schon einen rechten Haken und einen sauberen Faustschlag auf die Nase verpasst. Doch dann wurde ich zurückgezogen. Ich ließ mich ohne mich zu wehren wegziehen, aber sagte noch, so bedrohlich ich nur konnte: „Nenn mich gefälligst nie wieder Miststück." Chris funkelte mich wütend an während er sich mit einer Hand an die blutende Nase fasste und an der anderen von Austin nach draußen gezogen wurde. Die Tür schloss sich hinter den beiden und ich entspannte mich. Ich hatte es geschafft. Aber das hieß auch dass ich ab jetzt einer von ihnen war, und das passte mir eigentlich überhaupt nicht. Alex zog mich ein wenig weg von den anderen die mich immer noch mit offenen Mündern anstarrten. Wir setzten uns auf ein leeres Sofa in der Ecke und erst jetzt merkte ich die Ausmaße des Aufnahmerituals. Mein ganzer Körper fühlte sich an wie ein einziger Blauer Fleck. Aber wie konnte ich nur so ausrasten? Ich hatte noch nie so dermaßen die Kontrolle verloren. Aber als er mich so gehässig angegrinst hatte und mich dann auch noch Miststück genannt hat, da ist bei mir irgendwie alles durchgebrannt. In diesem Augenblick wusste ich nicht einmal wirklich was ich tat, ich habe einfach gehandelt. „Geht es dir gut?" riss mich Alex aus meinen Gedanken. Ich sah ihn an. „Ja, es wird schon wieder." „Was du da gerade abgeliefert hast, es war..." „Dumm? Kompletter Selbstmord? Na sag schon." schnauzte ich ihn an. Ich wollte nicht darüber reden wie dumm es war sich mit einem starken Burschen wie Chris anzulegen, schließlich hatte ich ja schon genug andere Probleme. „Nein, es war mutig. Hätte nicht gedacht das du soviel Feuer unterm Hintern hast. Und so eine Respektschelle hat Chris wirklich mal gebraucht." Ich war baff. Ich dachte er hält mir jetzt erst einmal eine Standpauke darüber mich besser nicht mit Gangmitgliedern anzulegen und einfach still und brav zu bleiben und keinen Ärger zu machen. Andererseits war ich ja von jetzt an selbst ein Gangmitglied. Damit allerdings hatte ich nun gar nicht gerechnet. Und er lächelte. Nicht dieses ekelhafte Grinsen das er sonst immer drauf hatte, sondern ein herzliches Lächeln. Der Junge überraschte mich wirklich von Sekunde zu Sekunde mehr. „Woher hast du gelernt so zu kämpfen?" fragte er nach einer Weile. „Was meinst du?" erwidere ich. „Naja du kannst mir nicht erzählen dass du noch nie irgendwas mit Boxen oder so zu tun hattest. Die Technik bei deiner Deckung und bei den beiden Faustschlägen war perfekt. So etwas kann man nicht einfach so aus dem Stegreif." Er lächelte immer noch, diesmal war sein Blick etwas neugieriger. „Ich mache seit 7 Jahren Kickboxen." Sagte ich ein wenig stolz. Ich liebte Kickboxen. Es war meine Art mit Stress umzugehen und Aggressionen loszuwerden. „Dein Ernst? Hätte ich jetzt nicht gedacht. Aber so wie du Chris verprügelt hast sollte ich das wohl lieber. Er hat es verdient. Und es ist perfekt dass du schon eine Kampfsportart beherrscht, dann müssen wir wenigstens nicht komplett von vorne anfangen. Bloß solltest du vielleicht noch ein paar andere Sportarten kennen lernen. Kickboxen allein bringt dich bei einem Streetfight wahrscheinlich nicht allzu weit. Aber keine Sorge ich werde dir das schon noch beibringen. Morgen beginnen wir mit MMA. Ich freu mich schon drauf mit dir zu kämpfen, Süße." Er freute sich wie ein kleines Kind an Weihnachten als er erfuhr dass ich für meine Leben gern Kickboxen machte. Und als ich zu einem kleinen Fight morgen mit ihm zustimmte konnte er gar nicht mehr aufhören sich zu freuen. Die einzige Bedingung meinerseits war, dass wir mit Handschuhen und Schonern kämpften, was er ohne Widerworte einwilligte. Ich erkannte Alex kaum wieder wie er so dasaß und vor sich hingrinste. Er reichte mir eine Salbe mit der ich meine immer noch schmerzenden Knochen einrieb. Dann gingen wir zu den anderen die gerade die Shisha erneut anschürten und genüsslich Pizza aßen. Mir lief das Wasser im Munde zusammen und ich starrte geradezu hypnotisierend auf die Pizza. „Willst du auch ein Stück?" fragte mich das Mädchen vor dem die Pizza lag. Sie lächelte und war richtig hübsch mit ihren langen blonden zerzausten Haaren, dem dunklen Make up und dem weißen Top mit dem Caro Hemd drüber. Ich nickte eifrig und nahm mir ein Stück. Gott tat das gut. Ich glaube ich habe seit einerhalb Tagen nichts mehr gegessen. „Ich bin übrigens Tony, und du heißt Jenny oder?" „Ja" antwortete ich nur knapp und schenkte ihr ein lächeln während ich mich weiter meinem Pizzastück widmete. Nachdem wir gegessen hatten rauchten wir noch gemeinsam Shisha und unterhielten uns alle. Außer Tony lernte ich noch ein paar weitere kennen. Jonny, ein strohblonder Junge mit Grübchen und einem ziemlich breiten Kreuz und muskulösen Armen; Leander, oder Leo wie er von allen anderen genannt wird und sich als Alex' 2 Jahre jüngerer Bruder herausstellte; Fynn, ebenfalls blond und ziemlich cool, mit ihm glaube ich kann man viel Spaß haben, und zu guter letzt Jace. Er hatte kurze schwarze Haare die er hoch gegelt trug und die komplette Zeit eine Zigarette in der Hand. Ich muss zugeben ich rauche auch des Öfteren, und auch an diesem Abend hatte ich geraucht, aber Jace rauchte wirklich durchgehend. Kaum war die eine leer, hatte er auch schon die nächste angezündet und er sah ziemlich nervös aus, aber vielleicht war das ja auch einfach seine Art so.
Der Abend war wirklich schön. Ich fing an diese Leute zu mögen und so wie es aussah mochten sie mich auch. Wir sprachen über mein Aufnahmeritual und sie beteuerten die ganze Zeit wie hart im nehmen ich war das ich kein einziges Mal geschrieen hatte, und wie mutig ich doch war, Chris eine zu verpassen. Diese ganzen Komplimente fand ich sehr lieb, aber ich fühlte mich dann immer so komisch, wurde sofort rot und wich ihren Blicken aus.
Als das Thema zu meiner Erleichterung endlich rum war, unterhielt ich mich mit Tony, und ich schloss sie sofort in mein Herz. Sie war eine wunderbare Person. Ich verstand mich auf Anhieb mit ihr und wir merkten schnell dass wir auf der Selben Wellenlänge waren. Wir hatten den Selben Musikgeschmack und fast die gleichen Hobbies. Sie liebte Thaiboxen und ich Kickboxen. Aber das kann man ja kombinieren zur Not. Als es immer später wurde und die mittlerweile dritte Shisha ausgeraucht war verabschiedeten wir uns voneinander und gingen zu Bett. Alex führte mich nach oben in sein Zimmer. Dort schmiss ich mich sofort aufs Bett. Ich war so unglaublich müde und mittlerweile spürte ich wieder jeden einzelnen Fleck an dem Chris' Faust meinen Körper berührt hatte. Alex zeigte mir das Bad und ich machte mich Bettfertig. Wieder im Zimmer reichte mir Alex ein großes weißes Tshirt und eine Blau karierte Boxershort. Zögernd nahm ich die beiden Sachen an. „Die sind aber schon gewaschen oder?" fragte ich ihn skeptisch, doch er lachte nur und bejahte meine Frage. Ich zog mich schnell um während er selbst im Bad war, und legte mich ins Bett. Komisch, wie konnte ich mich in der Gegenwart dieser ganzen kriminellen so wohl fühlen? Und wieso renne ich nicht schreiend weg vor Alex? Denn das sollte ich! Er ist Kopfgeldjäger und ich will wirklich nicht wissen wie viele Leute er schon auf dem Gewissen hat. Aber er ist auf einmal so nett. Ich verstehe diesen Typen einfach nicht. Erst brutal und gemein und auf einmal fürsorglich und recht nett zu mir. Tief in meinem inneren weiß ich dass es falsch ist hier zu sein, mit Kriminellen Pizza zu essen, mit ihnen zu lachen und vor allem mit einem Kopfgeldjäger zusammen in einem Bett zu schlafen. Aber ich weiß auch das ich keine andere Wahl habe als mein Leben hier zu führen und wahrscheinlich auch zu beenden, denn auf dem Heimweg von Marija und dem Laden sagte mir Alex dass flüchten sinnlos wäre. Wenn ich weglaufe bin ich automatisch eine Verräterin, und Verräter werden auf der Stelle getötet. Und das nicht auf die nette Art meinte er noch. Ich will mir gar nicht vorstellen was die R-Blood mit Verrätern macht. Wahrscheinlich erhängen, oder zerstückeln sie sie. Andererseits kann ich mir soviel Grausamkeit nicht vorstellen. Oder vielleicht doch? Schließlich bin ich jetzt in einer Gang oder Mafia oder keine Ahnung was das hier ist, und da sind doch alle brutal, oder? Alex kam aus dem Bad und löschte das Licht. Dann kam er zum Bett und deckte sich zu. Er lag rechts, ich links. Dank der Größe des Bettes war in der Mitte noch sehr viel Platz zwischen uns, was mir ganz recht war. „Gute Nacht Jenny!" flüsterte er noch, und ich sagte ebenfalls Gute Nacht. Dann fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
DU LIEST GERADE
Snow White ~ cold as ice
ActionZur falschen Zeit am falschen Ort und dein Leben wird innerhalb von Sekunden ein anderes. Du erfährst Dinge über deinen Vater die du dir nicht einmal im Traum hättest ausmalen können und landest von heute auf morgen gezwungener Maßen mit einem Auft...