Kapitel 9

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Am nächsten Morgen wurde ich unsanft geweckt als Alex sich meine Decke schnappte und sie mir wegzog. Ich wachte kreischend auf und versuchte mir Alex' Decke zu nehmen, doch Alex war schneller. „Aufstehen meine Schöne, die Sonne lacht." Er hatte verdammt gute Laune so wie es aussah und riss voller Eifer den Vorhang zur Seite wobei mich die plötzliche Helligkeit aufstöhnen lies. Ich zog meine Beine eng an meinen Körper und wollte noch ein paar Minuten schlafen, doch da hatte ich mich geschnitten. Alex' Hand schlang sich um meinen Knöchel und er zog mich am Fuß aus dem Bett. Vor lauter Schreck schrie ich auf und landete mit einem lauten Knall auf dem Boden. „Aua, das hat wehgetan! Was fällt dir eigentlich ein mir die Decke wegzuziehen und mich aus dem Bett zu schmeißen? Hast du sie noch alle?" ich schrie ihn an und war kurz vorm überlaufen, doch Alex lachte nur. „Ach krieg dich wieder ein und mach dich lieber fertig, in 10 Minuten geht das Training los. Beeil dich lieber! Sonst kämpfe ich heute wirklich mal richtig gegen dich." Ein gefährliches Grinsen legte sich über seine Lippen. Widerwillig stand ich also auf und ging ins Bad um mir die Zähne zu putzen und mir die Sportsachen anzuziehen. Na toll, in der heiligen Früh jetzt auch noch laufen gehen. Gibt es was Schlimmeres? Ich glaube nicht. Ich weiß selbst dass ich ein ziemlicher Morgenmuffel bin, aber ich bin es absolut nicht gewöhnt dass mir jemand in der Früh schon so auf die Nerven geht. Meine Mum und meine Freunde wussten alle wie ich in der Früh drauf war und ließen mir somit meinen Frieden. An ganz schlimmen Tagen durfte man mich nicht einmal ansprechen da ich sofort auf hundertachtzig wäre. Heute war so ein Tag. Zum Glück legte sich das nach dem ersten Kaffee, aber ich glaube nicht dass ich den heute noch vor dem Training bekommen würde. Fertig angezogen, band ich mir die Haare noch zu einem kurzen Pferdeschwanz und ging wieder hinaus. Dort wartete Alex schon auf mich. Er trug wieder schwarze Adidas Shorts und ein weißes Sportshirt. Wir zogen unsere Sportschuhe an und gingen zum Aufzug mit dem wir in die Tiefgarage fuhren. Währenddessen hielt er zum Glück die Klappe und ich konnte entspannen. Mittlerweile war ich nicht mehr ganz so mies drauf, was allerdings nichts heißen muss. Wir gingen durch die Tiefgarage nach draußen und standen in einem Garten. Alex steckte zwei Stecken mit circa 50 m Abstand in die Erde und kam dann wieder zu mir. „Also als erstes laufen wir 10 Sprints. Der Anfang ist hier und das Ziel ist dort drüben. Mal schauen ob du mich besiegen kannst." Er deutete auf die beiden Stecken und grinste mich schief an. Ich nickte nur ergeben, als wir auch schon unsere Startpositionen einnahmen. Er rief laut: „Auf die Plätze, Fertig, Los!" und schon fing ich an zu sprinten. Alex war natürlich schneller als ich, aber ich schaffte es knapp nach ihm ins Ziel. „Na das war doch gar nicht einmal so schlecht." Ich schnaufte ein bisschen als er schon wieder in Startposition ging. Ich tat es ihm gleich und so hatten wir bald den 8. Sprint hinter uns gebracht. Ich war mittlerweile schon völlig aus der Puste, doch ich biss die Zähne zusammen und ging wieder in Startposition. Wir liefen wieder und als wir im Ziel ankamen musste ich lächeln. Ja, endlich der letzte Sprint, dann ist es endlich geschafft. Wieder gingen wir in Startposition und er gab das Zeichen zum Start. Ich nahm noch einmal all meine Kraft zusammen und kam fast gleichzeitig mit Alex im Ziel an. Dann schmiss ich mich ins Gras und trank einen großen Schluck Wasser aus der Flasche die Alex mir gab. „Das war doch gar nicht so schlecht für den Anfang." Lobte er mich. Er war überhaupt nicht aus der Puste. Er atmete nicht einmal ein wenig schneller. Die Kondition von diesem Jungen musste gigantisch sein. Ich hingegen saß keuchend und halb nach Atem ringend im Gras. Als ich nach 5 Minuten wieder aufstand und normal atmen konnte, sagte Alex:" So jetzt laufen wir noch ein paar Runden ums Haus." Ich ergab mich wieder meinem Schicksal und lief neben ihm her. Er nahm keine Rücksicht auf mich und ich musste mich ziemlich anstrengen ihm hinterher zu kommen. Das Anwesen war riesig, aber wunderschön. Überall wuchsen wild die Blumen und die Bäume spendeten ein klein bisschen Schatten vor der Sonne, die mittlerweile ziemlich stark auf die Erde brannte. Nach einer Weile rief er: „Da vorne bei dem Baum will ich 20 Liegestütze sehen." Ich nickte und als wir an dem Baum ankamen, ging ich in Position und er fing an zu zählen. Ich liebte Liegestütze weshalb dass kein Problem war. So ging das dann die Nächsten Runden weiter. Immer Mal wieder rief er verschiedene Übungen auf. Mal waren es wieder Liegestütze, mal Sit-ups oder auch Squats. Nach einer dreiviertel Stunde laufen, erklärte er das Training vorerst für beendet. Ich schwitzte wie ein Schwein und trank die Wasserflasche in einem Zug leer. Dann gingen wir hoch in die Küche und machten uns Frühstück. Beziehungsweise ließen es machen. Eine junge Frau Namens Sarah stand nämlich schon am Herd und machte Rührei und ein Omelette für uns. Alex musste ihr unten noch geschrieben haben was wir essen wollten, denn als wir in die Küche kamen stellte sie unsere Teller gerade auf den Tisch. Sie muss wohl die Köchin sein, was anderes konnte ich mir nicht vorstellen. Sie verabschiedete sich und wir fielen über das Essen her. Zu meinem Glück stand auch eine Tasse Kaffee neben meinem Teller. Wir ließen es uns schmecken und räumten danach die Teller wieder in den Geschirrspüler. Mit meiner Hoffnung den Nachmittag frei zu haben lag ich allerdings falsch, denn Alex zog mich wieder in den Fitness Raum. Dort machten wir zuerst Übungen mit Gewichten zum Muskelaufbau und danach noch weitere Angriffs und Verteidigungstechniken. Nach zwei weiteren Stunden Training war ich am Ende und war heilfroh als Alex es beendete. Wir gingen hoch in sein Zimmer und ich sprang schnell unter die Dusche. Heute benahm er sich wieder ganz normal. Keine Andeutungen wegen des Kusses gestern und auch sonst keine Annäherungsversuche. Aber das soll mir ganz Recht sein. Dieser Kuss hat mich nämlich mehr durcheinander gebracht als sonst irgendwas und das wollte ich vermeiden. Außerdem war ich gerade mal ein paar Stunden von Josha getrennt und knutschte schon mit dem nächsten. Ich sollte mich wirklich mehr zusammen reißen! Als ich fertig geduscht und geschminkt war, betrat ich das Zimmer nur mit einem Handtuch bekleidet und stand auch schon vor Alex der ebenfalls duschen wollte. Er musterte mich von oben bis unten und grinste hämisch. „Glotz nicht so und geh lieber duschen." Fuhr ich ihn an, worauf er nur noch breiter grinste und dann schließlich im Bad verschwand. Ich zog mir eine schwarze Jeans und ein weißes Oversized Shirt mit zwei schwarzen Schwalben vorne drauf an, wobei ich den vorderen Saum vom Tshirt in die Jeans steckte. Gerade als ich fertig angezogen war, kam Alex aus dem Badezimmer. Er trug nur eine Boxershort und musterte mich wieder. Dann ging er zum Kleiderschrank und holte sich eine schwarze Hose und ein dunkelgraues Shirt heraus und zog es an. Ich setzte mich derweil auf das Bett und tippte auf meinem Handy rum. Ich will den anderen lieber nicht zurück schreiben, denn dann müsste ich sie nur anlügen. Also beschließe ich sie lieber zu ignorieren. Als ich wieder aufsah, stand Alex direkt vor mir und grinste mich an. „Mein Shirt steht dir gut, Snow." „Ähm was?" brachte ich nur heraus. „Du hast schon richtig gehört, das ist mein Shirt." Er grinste immer noch breit. „Oh... sorry. Es lag auf meinem Stapel da dachte ich es gehört mir. Ich zieh mir was anderes an." Doch gerade als ich aufstehen wollte drückte er mich wieder zurück aufs Bett. „Lass es an, es steht dir." Ich flüsterte ein Okey und wurde mir seiner Nähe wieder schlagartig bewusst. Sein Gesicht war direkt vor meinem und er sah mir in die Augen. Ich merkte seine Hand auf meiner Schulter die mich vorhin wieder zurück gedrückt hatte. Ein wohliges Gefühl durchströmte mich und ich sah ihm ebenfalls in die Augen. Langsam kam sein Gesicht meinem näher. Doch gerade in dem Moment als ich dachte er küsst mich, zieht er die Hand von mir weg und geht zu seiner Kommode rüber. „Komm wir müssen zum Essen." Eine Ohrfeige hätte vermutlich die Selbe Wirkung auf mich gemacht. Wie in Trance stand ich auf und ging zur Tür. Langsam machte mich sein Verhalten echt wütend. Erst macht er mich heiß und ist kurz davor mich zu küssen, und dann zieht er sich ruckartig zurück und lässt mich sozusagen im Regen stehen. Als wir den Gang entlang zum Aufenthaltsraum neben der Küche gingen, sprachen wir beide kein Wort miteinander. Wir gingen in die Küche und trafen dort auf Tony und die anderen. Wir setzten uns zu ihnen an den Tisch und fingen an zu essen. Es gab Salat, Brot und Lasagne. Alle häuften sich einen Riesen Berg auf und ich nahm mir eine Portion Salat und ein Brot mit Schnittlauch, da ich im Moment keinen großen Hunger hatte. Während dem Essen redeten die anderen über eine „Mission" die sie heute Nacht durchführen müssen. Da ich nicht wirklich was davon verstand was sie sagten, widmete ich mich meinem Brot und schaltete ab. Erst als Fynn mich an der Schulter antippte wurde ich wieder auf die anderen Aufmerksam. „Ähm was?" fragte ich nur verwirrt. Alle grinsten mich an, wohl wissend dass ich gerade überhaupt nicht aufgepasst hatte. „Du wirst heute mit Tony und mir zu einem Deal mitgehen damit du mal siehst wie so was abläuft." Erklärte Fynn. Ich schluckte leicht geschockt, lies mir meine Panik aber nicht anmerken. Und sagte nur Okey. Wir räumten unser Geschirr weg und gingen aus dem Raum. „Also in einer halben Stunde treffen wir uns im Gemeinschaftsraum. Bis dann." Rief Tony noch kurz in meine Richtung und war kurz darauf auch schon um die Ecke verschwunden. Auch die anderen verdünnisierten sich bis nur noch Alex und ich da standen. Wir gingen hoch in unser Zimmer und er legte mir ein schwarzes Top und eine schwarze Sweatshirtjacke raus. Ich zog mich schnell im Bad um und ging wieder zu Alex ins Zimmer. Er betrachtete mich von oben bis unten und fing wieder an zu grinsen. „Schaust gut aus. Jetzt fehlen nur noch ein paar Details." Er kam auf mich zu und hielt einen schwarzen Gürtel mit einer Halterung auf der Seite, in der Hand. In der Halterung steckte eine Pistole. Meine Augen weiteten sich bei dem Anblick. „Keine Angst. Normalerweise brauchst du die heute nicht. Sie ist nur zur Sicherheit falls etwas schief laufen sollte. Aber der Kunde heute ist eigentlich immer sehr friedlich." „Na das beruhigt mich ja jetzt." Sagte ich sarkastisch und lies mir den Gürtel von ihm umbinden. Er hing etwas höher als der Hosenbund und die Waffe war zwischen meinem Beckenknochen und meinen Rippen. Er zeigte mir wie ich sie entsicherte und wie ich sie schnell aus der Halterung herausbekam. Dann steckte er sie wieder rein und ich zog den Reißverschluss meiner Jacke zu. In meinem Spiegelbild sah ich das die Waffe nun vollkommen verdeckt war. Man sah nicht einmal einen Abdruck da die Jacke etwas weiter geschnitten war. Ich bemerkte wie Alex langsam hinter mich kam und etwas in der Hand hielt. „So, jetzt fehlt nur noch das wichtigste." Er trat dicht hinter mich und legte mir mein Bandana um den Kopf. Nachdem er es anständig gerichtet hatte sodass mein Pony und ein paar weitere Haare über dem Bandana waren, zog er es fest und knotete es zu. „Jetzt siehst du perfekt aus. Perfekt für deinen ersten Einsatz." Flüsterte er an mein Ohr. Ich bekam leichte Gänsehaut als ich seinen Atem an meinem Hals spürte, und ich musste zugeben das mir dass Bandana wirklich gut stand. „Danke. Ich sollte dann wohl mal los." Ich drehte mich um und ging zur Tür. „Viel Spaß" rief mir Alex noch hinterher als ich schließlich die Tür hinter mir schloss und runter zum Aufenthaltsraum ging. Dort warteten Fynn und Tony bereits auf mich und zogen mich gleich weiter zum Aufzug. „Aww du siehst echt heiß aus mit dem Bandana, Snow." Rief Tony begeistert im Aufzug. Ich wurde rot und bedankte mich. Sie trug ebenfalls das Selbe Outfit wie ich und trug ihr Bandana um den Kopf. Es stand ihr ebenfalls sehr gut und lies sie gleichzeitig härter wirken als sowieso schon. Fynn grinste nur die ganze Zeit vor sich hin. Unten angekommen stiegen wir zu meiner Enttäuschung in einen der schwarzen Vans anstatt in einen schicken Sportwagen, aber nun gut, Mission ist eben Mission.

Der Van hatte vorne drei Sitze, Fynn war Fahrer, ich in der Mitte und Tony am Fenster. Eine Weile hörten wir noch laute Musik und ich fing an mich zu entspannen, aber nach ca. einer halben Stunde drehte Fynn die Musik leiser und wir begannen den Ablauf durchzugehen. Natürlich hatten Fynn und Tony bereits vorher schon einen genauen Plan ausgemacht wie das ganze Ablaufen wird, ich allerdings hörte ihn das erste Mal. Wir werden uns mit unserem „Kunden" in einem Park treffen. Dort wird Fynn dann den Deal erledigen und Tony und ich sind für die Deckung zuständig. Ich sollte in der Nähe des Autos bleiben, aber so dass ich Fynn noch sehen kann, und Tony wird sich hinter ein Paar Bäumen näher dran verstecken. Es ist zwar kein Geheimnis das man als Dealer immer ein Paar Leute im Hintergrund dabei hat, allerdings sollte man es als Hintermann nicht gerade darauf anlegen unbedingt gesehen zu werden. Der Käufer könnte sich dadurch bedroht fühlen und der Deal könnte eskalieren. Auch wir wissen dass unser Käufer gewisse Hintermänner dabei hat, aber solange diejenigen sich ruhig verhalten und der Deal nicht gefährdet wird, müssen wir nicht eingreifen.

Tony erklärte mir den Ablauf noch drei weitere Male und ich wurde immer nervöser. Dann bogen wir in einen dunkleren Teil der Stadt ab und kamen zu dem Park in dem der Deal stattfinden sollte. Wir stiegen aus und ich versuchte mich zu beruhigen. Es klappte. Ich redete mir einfach die ganze Zeit ein dass schon nichts schief gehen wird und komischer weise wurde ich ruhiger. Tony und Fynn gingen mit mir zu meinem Standort. Er war hinter einer Löwen Skulptur die am Rande des Weges stand. Unser Auto stand etwa 100 m weiter auf der Straße entfernt sodass wir schnell wieder abhauen konnten. Dann ließen mich die beiden auch schon allein. Tony ging geradewegs in das kleine Stück Wald das an den Weg angrenzte und Fynn ging den Weg weiter entlang. Ich sah ihm hinterher wie er drei Skulpturen weiter stehen blieb und sich auf eine Parkbank setze. Er zündete sich eine Zigarette an und schien zu warten. Es war still, der Mond leuchtete hell und die kühle Nachtluft strich mein Gesicht. Wie konnte sich mein Leben nur von einer Minute auf die andere so verändern. Ich war zwar noch nie das brave Mädchen von neben an, aber gedealt habe ich noch nie. Ich habe zwar schon öfter einmal an einem Joint gezogen, aber hatte mir noch nie selber Marihuana gekauft. Ich rauchte nur immer mit. Meine Gedanken wurden unterbrochen als sich eine schwarze Gestalt von der gegenüber liegenden Seite der Parkbank näherte. Sofort konzentrierten sich all meine Sinne wieder auf den Deal.

Snow White ~ cold as iceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt