Funkenschlag

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Funkenschlag

Hermine sah sich unsicher in der Mensa um und strich sich eine lose Haarsträhne hinter die Ohren. Sie konnte Draco noch nirgendwo sehen und steuerte deshalb einen freien Tisch direkt an einem der vielen Fenster an. Sie stellte ihre Tasche dort ab, holte sich ein Tablett und stapelte am Buffet kunstvoll einen Teller mit kalter Pizza, ein kleines Schüsselchen Salat, eine Schüssel mit Schokopudding, zwei Kekse und eine Tasse Kaffee darauf. Dann ging sie damit zurück zu ihrem Platz und fing schon einmal an, zu essen. Bis Draco die Mensa betrat, würde es wahrscheinlich noch eine Weile dauern. 

Sie behielt recht. Draco erschien erst gute 15 Minuten später. Zuerst sah er sich um und schien ein wenig desorientiert, was Hermine mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nahm. Sie beobachtete ihn noch eine Weile, bis sie der Meinung war, dass es Zeit war, ihn von seinem Leiden zu erlösen. Sie hob die Hand und winkte kurz in seine Richtung. Er sah erleichtert aus, als er sie erkannte, und kam dann zielstrebig auf den Tisch zu, den sie ausgesucht hatte. 

„Hi", sagte er und Hermine schob sich nur ein weiteres Stück Pizza in den Mund. Draco grinste selbstgefällig. „Du bist ja hier." Hermine ließ sich beim Kauen Zeit und schluckte dann.

„Natürlich bin ich hier", sagte sie leise und griff nach der Serviette. „Du hast gesagt, dass du was mit mir besprechen musst – also, hier bin ich." Sie lächelte ein wenig und Draco stellte seine Tasche ab. Dann schnappte er sich ein Tablett. 

„Ich bin gleich wieder da." Hermine nickte und sah ihm über die Schulter hinterher, als er sich auf den Weg zum Buffet machte. Sie musterte seinen Rücken und stellte fest, dass er heute besonders gut aussah. Es schien fast so, als wenn er heute Morgen zehn Minuten mehr vor dem Kleiderschrank verbracht hätte als sonst. Er trug verwaschene Jeans, ein grob rot-weiß kariertes Hemd, das er lässig bis zu den Ellebogen hochgekrempelt hatte, und Sneaker. Hermine versuchte erfolglos, sich einzureden, dass das Zufall und sicher nicht von ihm gewollt war.

„Alles klar?" Eine Hand wedelte vor ihrem Gesicht herum und Hermine erwachte aus ihrer Trance. Draco stand direkt vor ihr und sah sie mit einer Mischung aus Besorgnis und Unsicherheit an. „Warum starrst du mich an?", fragte er schließlich gerade heraus und Hermine kämpfte stark gegen die Rotfärbung an, die sich langsam aber sicher in ihre Wangen schlich. „Ich starre dich nicht an", sagte sie und drehte sich zu ihrem Teller herum.

Draco stellte sein Tablett auf dem Tisch ab und zog die Augenbrauen hoch. Er grinste schon wieder amüsiert und ließ sich schließlich auf den Stuhl fallen, der ihrem gegenüber stand. 

„Doch du hast mich angestarrt." 

„Habe ich nicht." 

„Doch - eindeutig." 

„Nein, verdammt." 

Draco lachte und warf ihr einen Ich-weiß-du-willst-mich-Blick zu. „Arschloch", sagte Hermine leise und sein Lachen verstummte. Sie knallte ihre Kaffeetasse auf den Tisch und schnappte sich ihre Tasche, die sie sich unbeholfen über die Schulter warf. Dann ging sie mit großen Schritten auf die Türen der Mensa zu und stieß dieselben auf. 

„Hermine, warte mal", hörte sie Dracos Stimme noch hinter sich, doch sie drehte sich nicht noch einmal herum. Sie war zu beschämt, weil er sie dabei ertappt hatte, und fühlte sich aus irgendeinem Grunde hintergangen. Warum fühlte sie sich auf einmal so zu ihm hingezogen? Warum spielte auch bloß auf einmal alles so verrückt? Und warum zum Teufel schaffte sie es, die erste friedliche Situation zwischen ihnen, die seit langer Zeit aufgetreten war, direkt wieder zu zerstören?

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