Noch einmal blickte ich mich um und sah in das von Tränen überströmte Gesicht meiner Mutter.
Sie war immerzu so gut zu mir gewesen, so fiel es mir schwer, jetzt, wo ich doch endlich erwachsen war und eigentlich alt genug, um mein Leben selbst in die Hand zu nehmen,
sie verlassen zu müssen.
Jedoch musste es irgendwann so weit sein, ich konnte nicht ewig bei ihr bleiben, es wurde Zeit, nicht mehr nur auf dem Papier als „Erwachsen" zu gelten.„Leb Wohl, mein Schatz. Pass gut auf dich auf, und mach ja keinen Unfug.
Ich hab dich lieb.
Und falls doch etwas passieren sollte...
mach dir keine Sorgen,
du weißt ja,
ich bin bei dir. Für immer und ewig."Mit diesen Worten nahm sie mich noch einmal in den Arm und gab mir einen kleineren, halbherzförmigen Stein in die Hand. Er schimmerte in einem leichten rot-violett. Ich stecjte ihn in die Tasche. Manchmal konnte es schon etwas beschähment sein, das Verhalten meiner Mutter, aber sie meinte es ja nur gut. Und wenn ihr der Abschied so leichter viel, warum nicht, würde sich sicherlich gut als kleines Dekor in meiner Wohnung machen.
Schweren Herzens drehte ich mich dann um und sagte so allem Bisherigen Lebwohl.
Mein Gang beschleunigte sich als das altbekannte Pfeifen des Schaffners und die darauffolgende Bitte, möglichst schnell den nächstgelegenen Wagon zu betreten, ertönte.So tat ich dies dann auch, worauf ich feststellte, dass der komplette Abteil, in dem ich mich befand, bis auf ein paar wenige jüngere Leute, wahrscheinlich Studenten, menschenleer zu sein schien.
Es war ein Platz am Fenster, den ich mir ausgesucht habe. Hier blickte ich für eine ganze Weile hinaus und dachte wieder über meine Situation nach.
Ich verlor mich in den Gedanken und so bemerkte ich es auch nicht, als eine jüngere Dame mich ansprach und nach dem Weg zu den Toiletten fragte.
Erst als eine Schaffnerin das Mädchen fragte, ob sie ihr behilflich sein könnte, und die Musik die ich hörte durch einen lauten Schrei der darauf folgte, übertönt wurde, bemerkte ich diese.
Erschrocken fuhr ich auf, blickte mich hektisch um und sah in das entsetzte Gesicht des Mädchens.
Die Schaffnerin schien ebenfalls überrascht zu sein, so drehte sie sich schnell in die Richtung des Blickes des Mädchens.Als ich den Blick mit meinen Augen verfolgte und dieser letztendlich am Ende des Ganges stoppte, kam auch schon der nächste Schrei.
Diesmal von weiter hinten im Wagen.
Dann war alles still.
Eine angespannte Atmosphäre trat nun ein, ausgelöst durch den Mann, hinten im Gang stehend, eine Pistole auf den Kopf eines älteren Herren gerichtet.
Ein breites Grinsen überzog seine rissigen Lippen, die Augen eng zusammengekniffen, sein Blick, vergnügt, auf das vor Angst zitternde Antlitz des alten Mannes gerichtet.Dann ein Schuss.
Rot zierte nun Wände und Boden, die Decke hatte ebenfalls ein paar Spritzer des kochenden Blutes abbekommen.
Schreie hallten aus allen Ecken des Wagons, Leute sprangen auf, rannten wie vom Teufel gejagt in die entgegengesetzte Richtung aus der der Schuss fiel.Weitere Schüsse.
Niemand rannte mehr.
Bis auf ein paar wenige, die sitzengeblieben waren, die Ruhe bewahrt hatten, lagen nun alle auf dem Boden, regungslos, teils übereinander gelegt, allesamt in Blut getränkt.
Ein schrecklicher Anblick.
Ich saß immernoch nur da, sah erschrocken in Richtung Angreifer, der nun langsam seine Pistole anhob und auf meinen Kopf richtete.
Nun wäre ich dran.
Doch noch bevor der Schuss mir das Licht hätte ausblasen können, fiel der Mann um.
Für einen kurzen Moment schien mein Herz stehenzubleiben, doch dann realisierte ich, was grade passiert war.
Etwas hatte den Mann am Kopf getroffen.
Grade, als der Zug an der nächsten Haltestelle hielt.
Als ich mich endlich wieder bewegen konnte und näher an den, der mich eben noch umbringen wollte herantrat, sah ich, was mir mein Leben gerettet und das seine dem Anblick und der anschließenden Pulskontrolle nach zu urteilen beendet hatte.
Ein rot-violettes Schimmern war zu erkennen in der Blutlarche des Mannes, als ich den etwa faustgroßen, halbherzförmigen Stein aufhob...
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