Pol Ur. (Teil 4)

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01. November 2005

Es ist jetzt Abend, und ich werde mich möglichst kurz fassen. Dieses Dokument muss zu Ende geführt, und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Ich sitze vor meinem Haus; ich friere und tippe auf meinem alten Laptop, denn ich kann nicht zurück in die Wohnung.

Ich sehe gerade dass das Licht in meinem Arbeitszimmer aus ist. Als ich es verlassen habe, war es noch an. Hier draußen fühle ich mich relativ sicher. Ständig kommen Leute vorbei.

Es stimmt dass Pol Ur. einige körperliche Merkmale aufwies, die ihn als Horrorgestalt des Internets prädestinieren; wie z.B. seine langen Finger und seine Körpergröße von fast zwei Metern. Und seine Verletzungen im Gesicht tun ihr übriges.

Anfangs ging es mir darum, diesen Jungen zu verteidigen. Der Welt zu zeigen dass er kein Mörder war.
Aber ich bin gerade aus meiner eigenen Wohnung geflohen, indem ich ein Fenster eingeschlagen habe. Gott sei Dank ist die Wohnung alt und das Glas dünn.
Ich lasse, seit ich der Frau damals zugehört habe, meine Wohnungstür immer einen Spalt offen. Ihre Hysterie hat mich nicht angesteckt, aber ihre Schilderung hat mich beeindruckt. Ich lege extra einen Keil davor damit sie nicht zuschlagen kann. Wir kennen uns alle gut im Haus. Ich vertraue den Leuten
Als ich vorhin das Fenster im Wohnzimmer öffnen wollte, war es fest verschlossen. Auch das im Schlafzimmer. Die Hebel waren wie festgewachsen. Als riefen sie in meiner Hand: „Wir dürfen dich nicht rauslassen."

Ich ging sofort zu Wohnungstür, und sie war noch immer offen. Ich klopfte sofort bei den Nachbarn, doch man öffnete mir nicht. Auch auf den zwei Stockwerken unter mir machte niemand auf. Ich lief zur Haupttür im Erdgeschoss. Sie war verschlossen, wegen der Uhrzeit. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, doch er ließ sich weder drehen, noch wieder herausziehen. Dann hörte ich ein paar Stockwerke über mir ein Geräusch im Flur das ich kenne. Das Quietschen höre ich jeden Tag, wenn meine Finger über die alte Gummierung des Geländers gleiten. Ich rief die Namen meiner Nachbarn, doch niemand antwortete. Ich begriff dass ich alleine im Haus war. Alle waren ausgegangen.

Ich eilte hoch in meine Wohnung, nahm den eisernen Mülleimer und schlug ihn ins Bürofenster. Das Glas zerbrach und ich stieg nach draußen auf die Feuerleiter; nachdem ich meinen Laptop vom Schreibtisch genommen habe.

Ich habe einen großen Fehler gemacht; und habe es zu spät gemerkt; obwohl ich eine Warnung erhalten habe.
Nie glaubte ich an Übernatürliches. Zumindest nicht an Geister mit Messern, die angreifen nachdem das Licht in der Wohnung gelöscht ist.

Herr K. hatte Recht. Jeder Chemiker könnte ein Bild herstellen auf dem sich nach ein paar Tagen eine Schicht auflöst und die darunterliegende freigibt. Ich habe so etwas noch nie gesehen, aber ich bin sicher dass es existiert.
Mein Lösungsansatz nach unserem Gespräch war folgender:

Da die Morde in verschiedenen Ländern geschahen, schloss ich aus dass es sich nur um einen Täter handelt. Aus den Schilderungen der Frau hörte man deutlich heraus dass der Täter das Haus genau kannte, und alles ins Detail organisiert haben muss. Bei der Durchsuchung des Hauses ließen sich sämtliche Türen und Fenstern öffnen, und man fand keine Spuren daran.
Man reist nicht durch die Welt und begeht so eine Tat mal eben. So etwas erfordert lange Vorbereitung; und die Morde fanden teils in kurzen Abständen, aber mit großer Entfernung dazwischen statt. Am sechsten November letztes Jahr beispielsweise starb ein Mann in Namur in Belgien, und am zehnten ein anderer Mann in Caribou, Maine.

Es musste sich um eine Bande handeln, so glaubte ich; vermutlich organisiert übers Internet. Eine Gruppe Menschen von allen Kontinenten deren Fantasie von Pol Ur.s Geschichte beflügelt wird, und es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Menschheit glauben zu machen dass dieser verstorbene Luxemburger auf der ganzen Welt mordet.

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