Zwei Unheimliche Legenden 2

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Du da vor dem Computer...Du schon wieder! Was hat dich denn erneut an so einen abwegigen Ort getrieben? Nun ja, ich bin froh dich wieder zu sehen, denn die meisten Menschen meiden mich mittlerweile... Wie du weißt bin ich ein eingefleischter Einzelgänger, Gesellschaft kann so schrecklich laut und schnell sein.

Sie vertreibt den Geist der Geschichten, verstehst du? Wenn du ganz leise bist, dich ruhig hinsetzt und eine Weile in die Nacht hinein lauschst, kannst du sie flüstern hören, glaub mir...

Deshalb liebe ich die Einsamkeit.

Versuch es doch auch einmal! Hier, setz dich zu mir unter die alte Weide auf die Decke, glätte deine Gedanken, schließe die Augen und lass die Welt auf dich wirken. Hörst du es? Dieses leise, verlorene Wispern in den Ästen des Baumes? Das Knacken der Rinde, verursacht von den träumenden Käfern darunter und das ferne, tausendstimmige Rauschen des Waldes. Das muntere Gurgeln des Baches. Ja, es ist wunderschön, da hast du recht mein lieber Freund... Erkennst du die Geschichten dahinter? Nicht? Schade...

Aber wo habe ich denn meine Manieren? Hier irgendwo müsste ich doch noch etwas Tee... Ah, da ist er ja! Nimm dir den Keramikbecher dort, er hat zwar einen Sprung, jedoch schützt er deine Finger vor übermäßiger Hitze. Ich will ja nicht dass du dich verbrennst. Ich habe da noch ein Glas mit selbst gemachtem Honig in meinem alten Rucksack. Ja, im Sommer gehe ich meiner geheimen Passion als Imker nach, aber sag das niemandem, die Kluft sieht allzu lächerlich an mir aus...

Riechst du den leichten Duft von Tannennadeln? Ich bin sehr stolz darauf, musst du wissen. Oh verzeih, ich bin gedanklich mal wieder abgedriftet, wo waren wir doch gleich? Die Geschichte öffnet sich dir nicht...

Ach, ihr jungen Leute! Immer mit dem Kopf in den Wolken, immer in Eile und abgelenkt! Ihr habt vergessen was es heißt, im Gleichklang mit der Welt zu atmen, die euch Tag für Tag umgibt. Aber gut, lass mich dir helfen.

Ich weiß doch, dass du meine Anwesenheit nur abermals aufgesucht hast, um eine weitere Erzählung zu hören. Sei nicht so verlegen, ich kenne dich bereits besser als du denkst und natürlich erzähle ich mit Freuden. Huh, die Nächte werden nunmehr zwar länger, aber es ist noch immer lausig kalt, findest du nicht? Ich sehe, dass du eine Gänsehaut hast. Nimm dir bitte noch eine dieser Decken dort, ich werde eben ein Feuer entzünden. Sieh dir diese heißen, blutroten Flammen an. So zerbrechlich und hilflos. Und gleichzeitig von unglaublicher Zerstörungskraft. Die Nacht ist kalt und dunkel... Nimm meine Hand und begleite mich an einen wärmeren Ort.

Wir befinden uns auf den Philippinen. Nein, nicht um Urlaub zu machen, wir werden hier von einer Geschichte erwartet. Und es wird keine angenehme, dass soll dir gesagt sein... Aber du kennst mich ja. Hast du bereits einmal das Wort „Aswang" gehört?

Die Legende vom Aswang

Der Aswang ist von grauenerregender Scheußlichkeit, egal ob an Gestalt oder Gesinnung. Bereits seit Jahrhunderten versetzt er die philippinische Bevölkerung in Angst und Schrecken. Woher die Aswang einst kamen, weiß niemand. Sie sind so alt wie die Menschheit selbst, wurden mit uns geboren, begleiteten uns durch die Äonen hinweg, doch starben nie mit uns. Sie sind immer noch da, so offensichtlich und doch so verborgen. Denn genau das, ist das Schreckliche an ihnen: Man erkennt sie nicht. Erst dann, wenn es zu spät ist. Und vertraue mir: die Erkenntnis wird grauenhaft sein. Und blutig rot. ==

Ein Aswang kann von männlicher, als auch von weiblicher äußeren Erscheinung sein, tagsüber passen sie sich an, leben unter uns und gehen rechtschaffenen Berufen nach. Oftmals handelt es sich um Berufe, in welchen man mit totem Fleisch zu tun hat, etwa Metzger, Bestatter oder Pathologe. Sie sind weder jung, noch alt, weder hässlich noch schön, dick, dünn oder in jeglicher erdenklicher Hinsicht auffällig. Sie sind ein Musterbeispiel an Normalität.

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