Kapitel 13

150 18 0
                                    

"Ok Captain... Entspannen Sie sich.
Wir werden jetzt mit der Entnahme beginnen... Wie besprochen, zwei Einheiten heute."
Das professionelle Auftreten des Ärzteteams um ihn herum nahm Steve mittlerweile kaum noch wirklich wahr.
Die Analyse der Serumdichte im Blut des Supersoldaten hatte ergeben, dass etwas mehr als eine Phiole des Serums nötig werden würden, um einen ausreichenden Heilungsvorsprung für Tony herzustellen.
Das bedeutete für Steve, dass er zwölf Beutel seines Blutes für Tony spenden musste, um die ausreichende Menge des Serums gewinnen zu können.
Eine Menge, die selbst für einen körperlich optimierten Organismus nicht in ein paar Tagen zu erneuern war.
1 Liter Blut zu verlieren, über mehrere Tage hinweg, würde einem normalen Menschen erhebliche gesundheitliche Schädigungen zufügen.
Ein Umstand, der auch den betreuenden Ärzten erhebliche Sorgen gemacht hatte.
Daher hatte man sich auf einen Tag Abstand zwischen den Behandlungen geeinigt.

Der kurze Schmerz, als die Nadel sein Fleisch durchstach, war zu einem vertrauten Begleiter geworden.
Ebenso wie die Struktur der Zimmerdecke, deren Erhebungen er mittlerweile nahezu millimetergetreu nachzeichnen konnte.

Etwas in ihm sehnte sich nach dem Zustand, den er in 15 Minuten erreichen würde.
Die Schwere, die seine Glieder in einen wohlig dämmrigen Zustand bringen würde.
Die Dämmrigkeit, die ihm die Träume bringen würde.
Träume, die Steve Rogers auf der einen Seite bis in seine Grundfesten erschüttert hatten und auf der anderen Seite zum Nachdenken gebracht hatten.

Immer wieder waren die Bilder aus Sibirien aufgekommen.
Die grausamen Ereignisse, als er mit Tony gekämpft hatte.
Jeder einzelne Schlag hatte sich in seinem Bewusstsein eingebrannt wie eine Narbe.
Buckys Schrei, als er Tonys Arcreaktor zu fassen bekam... Der Moment, in dem Buckys künstlicher Arm durch die Luft flog.
Ihre gespenstische Synchronität, die immer wieder auf Tony einschlug...
Der Moment, wo Tony ihm das Schild entriss und über ihm stand und alles in Steve Tony anflehen wollte, es einfach sein zu lassen... Es einfach gut sein zu lassen... Es bitte einfach einzusehen, dass Bucky unter Hydras Kontrolle gestanden hatte, als er Tonys Eltern getötet hatte.
Der Moment, wo er mit seinen letzten Kräften zwischen Bucky und Tony in die Knie gegangen war, seinen Kindheitsfreund vor dem Zorn seines Gegenübers beschützend.
"Er ist mein Freund..."
"Das war ich auch..."
Niemals würde er Tonys Stimme in diesem Moment vergessen.
Und niemals würde er die Rage vergessen, die ihn daraufhin erfasst hatte.
Die Angst, den so lange vermissten und gerade erst zurück gewonnen Freund durch Tonys verblendete Rage zu verlieren...
Vor die Wahl gestellt zu sein, den einen Freund über den anderen stellen zu müssen... Mit dem tödlichen Ausgang für denjenigen, den er nicht wählen würde...

Pure hilflose Wut, die schließlich darin gegipfelt hatte, dass er Tony auf dem Rücken liegend zu Boden gebracht und seinen Helm zerschlagen hatte.
Die Panik in Tony Starks Blick, als Steve sein Schild hob und es mit all der Hilflosigkeit, der Wut über sich, über Tonys Sturheit und über das Unrecht, das Bucky widerfahren war in Tonys Arcreaktor jagte.

Die Todesangst in Tonys Augen...

Sie waren es, die Steve an den Tagen verfolgte, wenn er in einer Embryonalstellung zusammen gekauert mit tränennassem Kissen erwachte...

Es waren die Träume, die er nun seit Tagen immer wieder analysierte.
Immer wieder fragte er sich, was er damals anders hätte machen können?
Ob es einen Unterschied gemacht hätte, wenn er von vornherein ehrlich zu Tony gewesen wäre... Wenn er ihm die Videos gezeigt hätte, die er im Hydra Archiv gefunden hatte, auf der langen Suche nach seinem totgeglaubten Freund.
Und jetzt...
Nach all diesen Jahren... Jetzt wusste er, dass er damals völlig falsch gelegen hatte.
Er allein hatte es zu verschulden, dass das Team auseinander gebrochen war.
Er allein hatte Tonys Vertrauen mit Füßen getreten...
Und nun… rückblickend ... Wurde Steve klar, dass er es bereits damals auf eine ganz bestimme Weise gewusst hatte...
Das er Tony niemals ganz aus seinem Leben verstoßen können würde, egal was auch passiert war.
Das er immer auf irgendeine Weise sicher sein musste, dass er Tony erreichen können würde... Oder Tony ihn.
Dass er immer Tonys Starks Rückendeckung sein würde... Egal gegen welche Bedrohung er sich stellen musste.
Gegen jede...
Außer Bucky.

Mit diesen Träumen konnte Steve umgehen.
Sie waren seit Jahren ein grausamer Begleiter in der Nacht.
Sie waren etwas, das er analysieren konnte und denen er sich auch seit ein paar Tagen intensiv stellte.

Doch da waren dann noch diese anderen Träume...
Diese Träume, die sich so warm und auf andere Weise realistisch anfühlten.
Träume, die Steves ureigene Sicht auf sich und sein Leben völlig auf den Kopf gestellt hatten.

Während seiner Armyzeit war es Peggy Carter gewesen, von der er geglaubt hatte, sie wäre die Person, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollen würde.
Ihr Lächeln, als er sie am Vortag seines Absturzes um einen Tanz gebeten hatte... Ihre letzten Worte miteinander, als er den Hydrabomber ins arktische Meer lenkte, um Hunderttausende Menschen in New York vor dem sicheren Tod zu bewahren.
Das waren immer seine kostbarsten Erinnerungen gewesen.
Seine Überzeugung, dass dieses Gefühl in ihm für Peggy... Das dies wahre Liebe sein könnte.
Er hatte in seinem Leben genau vier Frauen geküsst, doch zu mehr war es nie gekommen.
Und ja... Es hatte sich *gut* angefühlt...
Doch nichts hatte sich jemals in seinem Leben so angefühlt, wie die Träume in denen starke und doch gleichzeitig sanfte Hände seinen Körper berührt hatten.
Das imaginäre Gefühl eines Bartes an seinen Lippen, an seinem Körper...
Das heisere Wispern seines Namens.
Allein das, was Steve nach den Träumen noch wusste, sorgte bei einem erneuten Gedanken daran an ein warmes, knotenartiges Gefühl in Steves Magengegend.
Ein warmer Schauer, begleitet von einem nahezu ziehenden Pochen in seinen Leisten.
Ein Gefühl, das mit nichts zu vergleichen war, dass Steve jemals empfunden hatte.

Diese Träume waren es, die er nicht analysieren konnte...

Stony.   My Shield  51 Kapitel LangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt