Kapitel 28

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In den nächsten zwei Nächten schlief der Milliardär besser.
Keine Albträume, keine Angst.
Es war verrückt und wenn man wie Tony alles immer genau analysieren wollte, extrem beschämend, doch genau dieses Gefühl fehlte ihm bei genauer Betrachtung der Situation.
Scham.
Es gab soviel, das er sich nicht erklären konnte, doch in einem irritierenden Punkt war er sich zu hundert Prozent sicher:
Er hatte sich in Steves Gegenwart sicher gefühlt.
Die Arme des Soldaten um sich zu spüren hatte Tony auf eine nie gekannte Weise beruhigte.
Wie ein Schutzschild vor dem Sturm.
"Ich bin im Eimer...", murmelnd wischte sich Tony Stark mit beiden Händen übers Gesicht und schüttelte in einer hilflosen Geste den Kopf.
Steve Rogers als seinen Schutzschild zu sehen, war im Grunde völlig logisch.
Zumindest war es das, was sein hämisch grinsendes Unterbewusstsein ihm gerade klar machen wollte.
Steve = Schildkämpfer- Also Steve Schutzschild... War doch eigentlich eine einfache Rechenaufgabe!
Wenn da nicht die Komponente X dazu gekommen wäre...
Die Tatsache, dass Steve kein Schild getragen hatte und es auch nicht das Schild gewesen war, das ihn aus dieser verfluchten Panik rausgeholt hatte, sondern Steves Arme und diese verdammte dunkle und raue Stimme, die dem Schwarzhaarigen nicht mehr aus dem Verstand ging!
Dieses Gefühl von Steves Hand auf seinem Herzen...
"Rogers, du verdammter Arsch!", fluchend warf er seinen Kopf zurück ins Kissen, nur um ergeben zu stöhnen, als sein süffisantes Unterbewusstsein ihm zugrinste.
* Und was für ein wohlgeformter Arsch...*

"Hey…"
"Oh hey..." Steve lächelte Natascha zu, die gleichzeitig mit ihm aus ihrer Tür trat.
"Gehst du joggen?"
"Klar, komm doch mit..."
Sie grinste breit, gab ihm ein kurzes Zeichen und huschte zurück in ihr Zimmer.
Nur wenige Minuten später kam sie in einem luftigen Einteiler zurück, der ihre Kurven mehr zeigte als verhüllte, ihr aber komplette Bewegungsfreiheit bot.
Steve wusste, wie sehr sie die Kampfanzüge der Wakandana zu schätzen gelernt hatte.

Die ersten Runden liefen sie schweigend nebeneinander her, passten einander die Schrittgeschwindigkeit an, die Gegenwart des Anderen einfach genießend.
Dann, als die Sonne langsam aufging, blieb die Topspionin an einer Palme stehen und schmunzelte ertappt, als ihr Laufpartner sie amüsiert neckte, dass sie wohl ein wenig aus dem Training sei.
"Ein wenig...", gestand sie und lehnte sich an die leicht kratzige Rinde hinter sich.
"Aber das ist es nicht... Ich... Ich wollte mit dir reden."
"Hab ich mir gedacht." Er wusste, wenn sie ihn zu einem Lauf einlud, war oftmals etwas Ernsteres dahinter.
"Geht es um Vormir?"
Der unterdrückte Schmerz, der für einen kurzen Moment über ihr Gesicht huschte, ließ Steve einen Schritt näher zu ihr treten.
"Dafür bin ich... Noch nicht, ok?"
Er nickte nur und versicherte ihr sanft, dass er immer ein offenes Ohr für sie haben würde, wenn sie reden wolle.
Seine Neugierde, wie Sam es geschafft hatte, sie zurück zu holen war riesig, doch verstand er auch sehr gut, dass es Zeit brauchte, um über ein solch traumatisches Erlebnis reden zu können.
"Worum geht es dann?", fragte er stattdessen und ließ sich neben ihr zu Boden gleiten.
"Um Bucky..."
Sofort war Steve wieder hochgeschnellt und hielt Natascha an ihren Schultern.
"Wo ist er?"
"Wooow… Sachte Brauner, ich brauch meine Schultern noch!"
Entschuldigend lockerte Steve seinen Griff etwas, doch sein Blick ließ ihren nicht los.
"Sam und ich... Wir haben ihn gefunden."
Steves Augen wurden dunkler und für einen Moment begriff Natascha, was Clint damit gemeint hatte, als er einmal erwähnt hatte, dass Steve mit Blicken töten konnte.
"Wo?"
"In der Nähe... Es geht ihm gut, ehrlich..."
Ein betrogenes Gefühl machte sich in der Brust des Soldaten breit.
Warum hatten sie es ihm nicht früher gesagt?
Hatten Sam und Nat nicht aus dem riesen Fehler gelernt, der damals das Team beinahe auseinandergerissen hatte?
Im selben Moment, wo er diesen Gedanken zu fassen bekam, wurde ihm klar, dass ER damals diesen Fehler gemacht hatte...
Niemand anderes.
"Wir haben versucht, ihn dazu zu bringen, mit dir zu reden", erklärte die Rothaarige ruhig und entwand sich dem seltsam einengenden Gefühl von Steves Nähe durch einen Schritt zur Seite.
Das überraschte und schockierte Steve gleichermaßen.
Was konnte so furchtbar sein, dass er nicht mal mehr mit ihm reden wollte?
"Wo kann ich ihn finden?"
"Wie wäre es... Wenn ich sage, dass ich dich gefunden habe?"
Die ihm seit seiner Kindheit so vertraute Stimme ließ Steve herumfahren.
Etwa 2 Meter entfernt stand Bucky mit einem Blick ins Steves Richtung und senkte den Blick, als ihre Augen sich trafen.

Das Erste, was Steve wahrnahm, war der schwarze krangenartige Gegenstand um Buckys Hals.
Langsam trat er seinem Freund entgegen, blieb etwa einen Meter vor ihm stehen und suchte den gesenkten Blick mit seinem.
"Ich hab dich vermisst...", gestand er leise, spürte wie sein Gegenüber sichtlich zusammen zuckte und schließlich in einem ergebenden Seufzen den Kopf hob.
"Ich dich auch..."
Eine seltsame Pause entstand zwischen ihnen, die Steve irgendwann einfach nicht mehr aushielt.
"Was ist passiert Bucky?
Was habe ich falsch gemacht?
Was genau ist... Zwischen uns... Passiert?"
"Immer direkt zum Punkt...", murmelnd zuckte Bucky hilflos und schloss kurz die Augen um sich zu sammeln.
"Buck..."
Den letzten Schritt überbrückend, wollte Steve seinem Freund eine Hand auf den Oberarm legen, doch der wich zurück, als habe er Angst sich zu verbrennen.
"Tu das nicht... "
Entsetzt starrte Steve seinen Freund an, ließ aber sofort langsam die Hand sinken.
Er verstand nicht was hier vor sich ging!
"Was habe ich getan um dich so... Zu verletzten, Bucky?"
Wieder einmal konnte James Barnes nicht anders, als sich über seinen Freund zu wundern.
Warum sah er immer alles als seine Schuld an?
"Du hast gar nichts gemacht, Steve...", seufzend schloss er die Augen. "Das ist das Problem."
Jetzt war Steve Rogers vollkommen verwirrt.
"Dann habe ich dich verletzt, indem ich dich nicht verletzt habe?", versuchte er diese absolut verwirrende Situation zusammen zu fassen.
"Nein du Superhirn...", knurrte Bucky nun genervter und beschloss diesem Mist endlich ein Ende zu setzen.
"Du hast mich verletzt, weil du einfach nicht zwischen Zeilen lesen kannst!"
"Und warum zum Teufel SAGST du nicht einfach, wenn ich etwas übersehen habe?", gab nun Steve ebenso genervt zurück und verschränkte die Arme.
"Weil es eben nicht so einfach ist!"
"Dann MACH es einfach... Herr Gott, Bucks es kann doch nicht so schlimm sein einfach mal den Mund auf zu machen!"
"Na schön… Ich liebe dich, verdammte Scheiße Steve... Ich liebe dich seit meiner Zeit VOR dem Eis und nach Sukovia... Nachdem ich mein Gedächtnis zurück bekommen habe... Ich..."

Also doch...
Steve Rogers hatte es vermutet, als er die Hinweise zusammengefügt hatte.
Die Berührungen...
Die Blicke, die Bucky ihm ab und zu geworfen hatte...
Doch wahrhaben...
Wahrhaben hatte er es nie wollen.
"Es tut mir leid...", flüsternd nickte der Blonde langsam.
"Steve, das ist nicht deine Schuld", stellte James klar und schüttelte in einer hilflosen Geste erneut den Kopf.
"Wie sollte es... Ich wusste, dass du auf Frauen stehst.
Ich hatte mich damit abgefunden. Was nicht bedeutet, dass es einfach gewesen ist.
Du warst immer da...
Ich HABE versucht diese Gefühle zu verbergen.
Doch manchmal..."
"Wie an dem Abend bevor..."
"Bevor ich Tony Stark beinahe ermordet hätte?
Ja.
Es war wunderschön dich... Berühren zu können.
Und dann..."
Steve nickte verständnisvoll.
Er konnte sich ziemlich gut vorstellen, wie es sich angefühlt haben musste, in diesem Moment zu erfahren, dass die Person, die man liebte, jemand anderen begehrte.
Irgendwie hatte die Situation etwas tragisch-komisches.
"Ich bereue zutiefst, was ich getan habe Steve... Und ich bin dankbar, dass T'Challa mir eine letzte Chance gegeben hat.
Auch wenn ich diese Chance nicht verdient habe.
Wenn... Wenn du das nicht kannst, verstehe ich das..."
"Du bist meine Familie Bucky", erwiderte Steve ruhig.
"Du wirst immer meine Familie sein... Auch wenn ich dir nicht das geben kann, was du... Was du dir von mir wünschst.
Aber du wirst immer mein Bruder sein. Egal was passiert."
Dankbar drehte sich James Barnes zu seinem Gegenüber und nickte.
"Und das ist genug.
Vielleicht nicht Heute... Vielleicht nicht Morgen.
Aber ich schwöre dir Steve, es ist genug um die nächsten 60 Jahre an deiner Seite zu sein....
Wenn du mich lässt."

Mit einem Lächeln öffnete der blonde Soldat seine Arme, bot seinem Kindheitsfreund seine Freundschaft erneut in dieser symbolischen Geste an und konnte kaum beschreiben, wie sehr es ihn erleichterte, als die Arme Buckys sich um seinen Körper schlossen.


Stony.   My Shield  51 Kapitel LangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt