Kapitel 29

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Ein paar Tage nachdem Tony, entgegen ärztlichem Rat, den Krankenhaustrakt verlassen und sein Zimmer im Gästebereich bezogen hatte, schien das Team langsam zur Ruhe zu kommen.
Clint und Natascha hatten einen Auftrag von S.H.I.E.L.D angenommen, Sam und Rhodey begannen zusammen mit den wakandischen Truppen eine Art Sonderkommando auf die Beine zu stellen, damit in einem erneuten Ernstfall die Welt aus allen Bereichen Unterstützung bekommen würde.
Steve verbrachte immer mehr Zeit damit im Park zu zeichnen oder sich über die Zukunft Gedanken zu machen.
Er hatte das Gefühl, dass jetzt, wo die Bedrohung durch Thanos vorbei war, es vielleicht bald keinen Platz mehr in dieser Welt für ihn geben würde.
Was fing ein über hundert Jahre alter Soldat mit seinem Ruhestand an?
Gab es so etwas wie einen Ruhestand für jemandem wie ihm überhaupt?

Als der Himmel sich über ihm zusammenzog und die für die Jahreszeit üblichen Regenstürme ankündigte, zog sich Steve ins Innere zurück und beschloss den Tag einfach mit einem ruhigen Abend mit einem guten Buch zu beenden.
Er hörte wie Tony am Telefon mit irgendwem stritt und schmunzelte, als er durch die Tür ein wütendes "FRIDAY, gib mir jemand kompetenten ans Telefon!"
Irgendwie tat ihm der "Kompetente" gerade sehr leid...

Das Schmunzeln auf seinen Lippen wurde zu einem Lächeln, als er spürte, wie sehr ihm die Nähe zu seinem Freund gefehlt hatte.
Dieser Avengers Flügel, wie der Gästebereich mittlerweile unter den Bewohnern genannt wurde, erinnerte ihn irgendwie an seine Zeit im Tower.
Eine Zeit, die zu einer Art Schatz in seinem Herzen geworden war.
Irgendwie vermisste er diese unbeschwerte Zeit.

Als die ersten Donnerschläge die Luft über Wakanda zum Beben brachten, zuckte Tony lediglich leicht zusammen.
Gewitter waren noch nie sein favorisiertes Wetterphänomen gewesen, war jedoch nie etwas, das ihm Angst gemacht hatte.
Der Wissenschaftler in ihm wusste genau wieviel Ampere und welche Geschwindigkeit so ein Blitz aufbauen konnte.
Wie man die Geschwindigkeit des Sturms berechnete und dessen Entfernung von seinem Standort hatte er bereits im Kindergarten gelernt.
Doch als die Donnerschläge lauter und der Himmel zu einem schwarzen Wabern über ihm wurde, da spürte auch Tony wie seine Atmung hektischer wurde.
Kalter Schweiß tränkte seine Stirn und ein eiskaltes Gefühl kroch langsam seinen Nacken herauf.
"Boss...", hörte er die leise Stimme seiner KI aus dem Lautsprecher in seiner Brille. "Boss, ihre Herzfrequenz ist gerade um 50 Punkte gestiegen, ich rate zur Entspannung."
*Gute Idee....Vielleicht hilft ein Glas Whisky...*
Stolpernd griff der Milliardär die gläserne Flasche mit feinstem Burbon, versagte beim Anheben aber vollends.
Das Zittern ließ seine Finger krampfen, die Flasche klirrte zu Boden und zerschellte.
"Scheiße..." Fluchend starrte Tony auf seine bebenden Finger und spürte wie ihm seine Brust immer enger wurde.
Ein erneuter Blitz warf ihn zu Boden.
"Boss... Ihr Adrenalinpegel ist gefährlich hoch...", warnte Friday erneut, doch Tony hörte sie nicht mehr.
Krampfend brach er zusammen und sank in einer embryonalen Stellung zu Boden, den Namen flüsternd, von Tony wusste, dass es das Einzige war, das ihm nun helfen konnte.

Steve war gerade eingeschlafen, als sein Smartphone neben ihm zu summen begann.
Mit halb geschlossenen Augen denjenigen verfluchend, der ihn mitten in der Nacht anrief, drückte er den Bestätigungsknopf.
"Ich hoffe es ist wichtig..."
Am anderen Ende war zunächst nichts zu hören.
Steve wollte bereits auflegen und das Ganze für einen miesen Scherz halten, um den er sich Morgen kümmern würde, als er plötzlich ein heiseres Keuchen hörte.
"Steve... Kontaktiere... Ste…"
Sofort schnellte er aus dem Bett, riss die Tür auf und rannte den Flur herunter zu Tonys Zimmer.
Das elektrische Schloss mit einem kurzen Schlag in tausend Teile zerschmetternd, brach Steve die Tür auf und sah Tony im nächsten Augenblick auch schon auf dem Boden liegen.
"Tony… Ist ok, ich bin da..."
Vorsichtig hob er den völlig verstörten Mann vom Boden auf und trug ihn auf das breite Bett in der Ecke des Raumes.
Tonys Zittern ließ die Matratze vibrieren, während Steve sich an die Wand gelehnt mit ihm darauf niederließ.
Das Herz des Schwarzhaarigen raste und seine immer flacher werdende Atmung würde über kurz oder lang zu einer sauerstoffmangelbedingten Ohnmacht führen, wenn er Tony nicht langsam beruhigen würde.
"Steve... Ich… "
"Ich weiß. Ganz ruhig... Wie beim letzten Mal, hier..."
Steves Hand legte sich auf Tonys Herz und verweilte dort.
An seinem Rücken nahm Tony tief in der Schwärze der Panik Steves Atmung wahr und versuchte sich dieser anzupassen.
"Ein... Aus... So ist gut.", drang die dunkle, so beruhigende Stimme an Tonys Ohr.
Sandte wohlige Schauer über dessen Rücken.
Ganz langsam bewegte sich eine Hand zu seinem Arm, fuhr ihn im Rhythmus der Atmung herauf und herunter.
Ließ das Kribbeln des wieder zurück in seine Adern fließenden Blutes zu etwas wundervoll Sinnlichem werden.
Die starke Brust an seinem Rücken...
Die muskulösen Arme, die ihn einfach hielten...
Er war in Sicherheit.
Beschützt...
Steves Aftershave drang an Tonys Nase, mischte sich mit dem so eigenen männlich markanten Geruch des Soldaten, der ihm erst seit dem Tag nach seiner ersten Attacke bewusst geworden war.
Der Geruch, der ihn durch die letzten Nächte gebracht hatte, ohne dass er es wirklich wahrgenommen hatte.
Der Geruch, der in Tonys Körper eine Entspannung auslöste, die jedem Sedativum Konkurrenz machen konnte.
Die Augen schließend atmete Tony einen langen zitternden Atemzug aus und ließ seinen Kopf gegen die breiten Schultern hinter sich sinken.
Im selben Moment, spürte er etwas seltsam Erhabenes an seinem Steißbein und Steves Versuch sein Gesäß ein paar Zentimeter näher zur Wand zu schieben.


Stony.   My Shield  51 Kapitel LangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt