Kapitel 35

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Als Steve wieder in Wakanda landete, ging er auf direktem Weg zurück in den Gästebereich.
An Tonys Zimmer angekommen, war das Erste, was ihm auffiel, das reparierte Türschloss.
Testweise platzierte er seinen Daumen darauf und war nicht wirklich überrascht als die Tür sich sofort entriegelte und er mit seinem Namen begrüßt wurde.
"Tony? Ich bin..."
Der Anblick auf dem breiten Sofa wärmte augenblicklich sein Herz.
Der Milliardär war mit seiner Tochter im Arm und einem Buch auf dem Bauch eingeschlafen.
Auf Zehenspitzen legte er das Schawarma in den Kühlschrank, machte ein lautloses Smartphone Bild von den beiden und deckte sie mit einer Decke zu, bevor er das Zimmer erneut verlies.

Das Bild auf dem Display seines Smartphones speichernd, begann Steve in seinem Zimmer sofort zu zeichnen.
Kohle auf dickerem handgeschöpftem Papier, das diesen beiden Modellen würdig sein sollte.
Tony sah so unglaublich friedlich aus...
Seine Tochter hatte den Arm um die Brust ihres Vaters gelegt, lehnte auf dessen Kopf, ein kleines Lächeln auf ihren Lippen.

Für einen langen Moment betrachtete er das fertige Werk und spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete.
Peter, Morgana... Das war Tonys Familie.
Seine Eigene war bereits seit über 80 Jahren tot...
Seine Familie war das Team und er wusste, dass es für Natascha ebenso war, da auch sie keine leiblichen Angehörigen mehr hatte.
Wie würde das Team wohl reagieren, wenn sie herausbekämen, was da zwischen Tony und ihm lief.
Würden sie es akzeptieren können?
Bei Sam war sich Steve relativ sicher, dass er das Ganze zwar für ein paar Tage sacken lassen musste, ihn aber nicht anders behandeln würde wie zuvor.
Bucky...
Nun, was ihn betraf war er sich sicher, dass es seinem Freund aus Kindertagen nur noch mehr das Herz brechen würde.
Aber wie würden die Anderen reagieren?
Steve hatte wirklich keine Ahnung und auf einer gewissen Weise hatte er eine größere Angst vor der Reaktion des Teams, als er es bei Tony gehabt hatte.
Was, wenn er alles verlieren würde, was ihm in den letzten Jahren so wichtig geworden war?
Würde Tony überhaupt wollen, dass die anderen es erfahren?
Würde er zu Steve stehen?
Gabe es überhaupt etwas, zu dem er stehen musste?

Steve hatte sich darüber bisher keine Gedanken gemacht.
Er hatte einfach gehofft, dass es so etwas wie einen Lebensabend mit Tony für ihn geben würde.
Frei von Kämpfen und Verantwortungen...
Aber war das überhaupt möglich?

Einen langen Atemzug lang betrachtete er das Bild von Tony mit Morgan und spürte wie seine Kehle ein wenig eng wurde.
Das Bild sauber vom Block trennend, beschloss er es in den nächsten Tagen zu rahmen und Tony dann zu schenken.
Völlig gleichgültig wie sich die ganze *Sache* zwischen ihnen entwickeln würde.

Gegen Mitternacht summte Steves Handy und ein Bild von Tony wurde angezeigt.
Er lag in seinem Bett, sah auf das leere Kissen neben sich und sah fragend in die Kamera.
Auch wenn diese Frage oder Aufforderung, bei Tony konnte man sich da nie so sicher sein, sehr verlockend war... So wollte Steve das Kind in diesem Raum definitiv nicht erschrecken, in dem er am nächsten Morgen neben ihrem Vater lag und nicht ihre Mutter.
Wie sollte er denn einer Vierjährigen DAS erklären?
Offensichtlich war Tony die Antwortzeit zu seiner Frage zu lange, denn kaum hatte Steve das Smartphone beiseite gelegt, klingelte es.
"Hab ich was angestellt, oder weichst du mir aus?"
Dieser besorgte Unterton in Tonys Stimme ließ Steve seufzen.
Was sollte er denn jetzt bitte darauf antworten?
"Es ist alles ok... Und nein, ich weiche dir nicht aus."
"Sondern?"
*Ich bin nur ein paar Zimmer entfernt?*
"Tony... Ich... Ich wollte euch nicht stören, das ist alles."
"Stören?" Jetzt wurde aus dem leicht besorgten Unterton ein deutlich besorgter Unterton.
Das Nächste, was er hörte, war das Auflegezeichen des Telefons und nur Sekunden später ein Klopfen an der Tür.

Als das Klopfen drängender wurde, stand Steve auf und öffnete die Tür.
Zwei Sekunden später war er mit dem Rücken an der Wand, mit Tonys Lippen auf seinen und zwei starken Händen auf seiner Brust.
"Tony..."
Sachte schob der Soldat die fordernden Lippen von sich und suchte den Blick seines Gegenübers.
"Tony was..."
Schweigend betrachteten die braunen Augen seine Lippen und glitten dann erst hoch um Steves Blick zu begegnen.
"Ich hab dich vermisst...", gestand er mit einem entschuldigen Lächeln.
"Ich war nur fünf Stunden weg...", lachte Steve und lockerte den Griff um Tony Hände, legte seine Hände an seine Hüften, um ihn dennoch von einem erneuten Überfall abzuhalten.
"Fünf Stunden können lang sein..."
"Hattest du wieder..."
"Nein..." Sich aufrichtend und die Arme vor der Brust verschränkend ging Tony einen Schritt zurück und lehnte sich an die andere Seite des Türrahmens.
"Fury hat sich bei mir ausgeheult...", wechselte er plötzlich das Thema und senkte den Blick kurz.
"Ich soll dich wieder zur Vernunft bringen..."
"Und... Das gerade sollte der Versuch werden?!" Den leichten Stich von Enttäuschung durch eine wohl formulierte Stimme verbergend.
"Hältst du mich für so... Berechenbar?" Tony verbarg seine Enttäuschung deutlich weniger gut.
"Sollte ich das?", gab Steve nun sanfter zurück, worauf Tony die Augen rollte.
"Rogers, worüber reden wir hier gerade?"
Da war sie wieder... Die Mauer aus Distanzierung, die Tony sofort hochzog, sobald er unsicherer wurde.
"Keine Ahnung worüber du redest... Stark...
Ich wollte einfach deine Familie nicht stören und habe mich daher aus Respekt zurückgezogen.
Da ist eine Vierjährige in deinem Zimmer, die erst vor wenigen Wochen ihre Mutter verloren hat.
Das habe ich einfach nur respektieren wollen.
Nicht mehr... Und verdammt noch mal nicht weniger!"
Für einen kurzen Moment war Tony sprachlos.
Dann legte er den Kopf zur Seite und Steve konnte förmlich die Zahnräder in seinem Gegenüber rattern sehen.
"Tony.
Deine Frau, Morgans Mutter...Ich weiß, dass ihr beide..."
"Trauert?
Ja. Ich habe getrauert, damals, als uns bewusst wurde, dass sie definitiv sterben würde.
Wir wussten das Extremis sie töten würde und haben alles getan, um unsere gemeinsame Zeit zu genießen.
Sie hat Abschied genommen... Und JA Morgan vermisst ihre Mutter..."
"Was ich respektiere. Tony... Ich will...", seufzend senkte er den Kopf und schloss die Augen, damit seine nächsten Worte nicht das massive Gewicht haben würden, die sie eventuell haben könnten.
"Morgan... Peter... Das ist deine Familie... Ich bin mir nicht sicher, wie ich... Ob ich..."
"Ob du was, Steve?", fragte Tony mit ausdrucksloser Stimme. Steve kannte ihn lange genug um genau zu wissen, wie gefährlich diese Stimme sein konnte.
"Rogers... Was genau willst du mir sagen?
Dass das Ganze zwischen uns nur eine Nacht war und das war‘s?
Dann sei ein Mann und sprech es aus."
Als Steve schwieg, hob Tony den Blick und sah ihm direkt in die Augen.
Augen, die so fragend und so unsicher waren, dass Tony bewusst wurde wie falsch er mit seiner Vermutung gelegen hatte.
Steve stieß ihn nicht fort... Er gab Tony die Möglichkeit IHN von sich zu stoßen, zu Gunsten seiner Familie.
"Du bist ein Idiot, Steve...", murmelnd, überbrückte er den Abstand zu ihm erneut und schüttelte den Kopf.
"Aber du bist MEIN Idiot. Und das darf auch gern die ganze Welt erfahren, wenn es das ist, was dich beschäftigt.
Steve ich bin 52 Jahre alt... Kein Teenager mehr, der sich seiner Sexualität unsicher ist oder gar Angst hat zu dem zu stehen, was ihn glücklich macht.
Du tust mir gut...
Das ist alles was wichtig ist...
Und ich bin mehr als gewillt Morgan zu erklären, dass du der Mensch bist, der mir sehr viel bedeutet..."
Tonys Rede sorgte dafür, dass Steves zunächst unterdrückte Tränen ihren Weg nach draußen fanden.
Es war das, was er sich gewünscht, aber nicht zu hoffen gewagt hatte... Und mehr.
"Ich hab dich gewarnt, dass ich dich eventuell nie wieder los lassen würde...", erinnerte Tony heiser, als er mit seinem Daumen die salzige Flüssigkeit von Steves Wangen wischte.
"Versprich es...", wisperte der Soldat heiser und lehnte seine Stirn gegen den nur wenige Zentimeter kleineren Mann.
"Ich beweise es dir..."
Seine Lippen ganz sanft auf Steves pressend, lächelte Tony und flüsterte:"Ich hab Fury gesagt, er kann sich ins Knie ficken und er soll meine Nummer löschen...
Ich will mein Leben zurück, Steve.
Und du, mein Lieber...
Du gehörst für mich dazu..."
Schließlich überbrückte er die letzten Millimeter und ließ sich von den starken Armen, die ihm Sicherheit und Geborgenheit zugleich waren, umfangen.
Lehnte seinen Kopf an das zuerst stolpernde und dann immer stärker schlagende Herz in Steves Brust, bis er spürte, wie er in Richtung Wand gedreht und nahezu mühelos angehoben wurde.
Seine Beine instinktiv um Steves Hüfte schließend, spürte er, wie sehr sein Gegenüber ihn begehrte und überließ sich der sanften, aber bestimmten Führung des Mannes vor ihm.

Stony.   My Shield  51 Kapitel LangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt