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Die Frischvermählten blieben noch einige Tage in New York und sie folgten dabei den typischen Touristenpfaden. Zu Stiles Freude beherzigte Derek zumeist seinen Wunsch, es insgesamt ein wenig bescheidener anzugehen. Sie nahmen zum Beispiel zusammen mit all den Normalsterblichen die kostenlose Fähre hinüber nach Staten Island, um Lady Liberty zu besuchen und den grandiosen Blick hinüber auf die Skyline von Manhattan zu genießen, anstatt ein Boot für sie ganz allein zu mieten.

Innerlich amüsierte Stiles sich dabei köstlich über seinen Ehemann, welcher um sich zu tarnen damit er von niemandem erkannt wurde, eine Art Kostümierung anlegte. Statt förmlich im Anzug wie man ihn von den Titelseiten kannte, trug er Jeans, ein Henley-Shirt, darüber eine Lederjacke, eine Baseballkappe und eine verspiegelte Fliegerbrille. Das sah zweifelsohne heiß aus und dennoch wirkte der Geschäftsmann und Globalplayer darin eben seltsam unbehaglich und verkleidet.

Stiles kam sich unglaublich kultiviert vor, als er an Dereks Seite durch die Gänge des „MoMA", des Museum of Modern Art schlenderte und sich abwechselnd von der Mitarbeiterin des Hauses, welche die Führung durchführte und seinem allseits gebildeten Ehemann die Kunst erklären ließ, auch wenn er sich bei manchen Werken insgeheim fragte, welcher talentlose Fünfjährige sich hier wohl ausgetobt haben mochte. Andere Exponate hingegen sprachen durchaus zu ihm und sein Blick blieb wie gebannt daran hängen, also war für ihn und sein Kunstverständnis möglicherweise noch nicht alle Hoffnung verloren.

Am Abend desselben Tages ging es dann auch gleich mit Kultur weiter, denn nachdem sie sich auf dem Times Square von den unzähligen blinkenden Bildschirmen hatten überwältigen lassen, besuchten sie auf dem weltberühmten Broadway die Acht-Uhr-Vorstellung des Musicals „Chicago".

Es war vielleicht ein wenig ironisch, extra nach New York zu kommen um sich Chicago anzuschauen, doch der staunende Stiles ließ sich dennoch durch Songs wie „Cell Block Tango", „All that Jazz", oder „Nowadays" in die „Windy City" der 20er Jahre entführen.

Am Tag ihrer Abreise aus dem Big Apple, wirkte Derek bereits am Morgen schon irgendwie zerknirscht, doch weil er von sich aus nicht mit der Sprache herausrückte, fragte Stiles beim Frühstück streng:

„Sagst du mir freiwillig, was gerade in deinem Kopf vorgeht, oder muss ich dich foltern?"

Ertappt blickte sein Ehemann von seinem Obstsalat auf und murmelte dann:

„Na ja... du weißt doch, dass die Hale-Company hier in New York eine große Zweigstelle hat, oder?"

„Und...?" fragte Stiles ungeduldig, weil er sich fragte, warum sein Gatte wie so häufig wieder einmal nicht einfach auf den Punkt kommen konnte.

„Also... irgendwie erwartet man hier wohl, dass ich mich dort einmal sehen lasse, wenn ich schon in der Stadt bin." Derek schielte unsicher zu seinem Geliebten hinüber.

Stiles blickte ihn verständnislos an:

„Ja und? Dann tu das doch?"

„Aber es ist doch unsere Hochzeitsreise? Ich will dich nicht so im Stich lassen!" erwiderte Derek unglücklich.

Stiles lachte laut auf:

„Du musst doch nicht die ganze Zeit den Babysitter für mich spielen. Ich komme auch ein paar Stunden ganz alleine klar." versicherte er: „Oder ich begleite dich einfach. Was hältst du davon?"

„Das würdest du tun?" fragte sein Ehemann erstaunt: „Das wird doch todlangweilig für dich?"

„Ich kann ja verschwinden, wenn's mir zu lange dauert. Dann gehe ich eben shoppen und gebe dein Vermögen mit vollen Händen aus." lachte Stiles.

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