8 ~ Abschied

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PoV Ju

Ich brauchte Ideen.

Kramte in meinem Gedächtnis. Hatte ich irgendwas Spannendes erlebt, über das ich einen Teil der Story schreiben könnte? Selbst in meinem Notizordner auf meinem Handy herrschte eisige Stille. Egal, ich war doch kreativ genug, um diesmal ohne ihn auszukommen, oder? Verzweifelt durchsuchte ich meine letzten Gehirnzellen nach irgendwas nützlichen, was meinen Videos zugute kommen könnte. Es konnte doch nicht sein, dass mir nichts einfiel!

Aber dieses Gefühl war nichts neues für mich. Schon seit ein paar Wochen hatte ich dieses Problem, mir wollte einfach nichts Neues einfallen. Normalerweise brauchte ich bloß ein paar Minuten ruhig sitzen, egal ob im Park, bei meinem besten Freund oder hier auf meinem Schreibtischstuhl. Sofort fielen mir dann unzählige Ideen ein, die ich, um sie nicht zu vergessen, in meinem heißgeliebten Ordner notierte. Doch wie gesagt, seit einem Monat war alles anders. Leeres Gehirn, keine guten Ideen, die letzten Videos noch schnell und einen Tag vor dem Upload mit Not-Inspiration vom Team gedreht. Dementsprechend mäßig sind diese auch geworden. Was mich wiederum ärgerte.

Das da in den Videos, das war nicht ich gewesen.

Aber ich wollte mich bessern. Versuchte es krampfhaft, war sogar schonmal kurz davor gewesen, mir Inspiration von anderen Youtubern geben zu lassen. Doch es klappte nicht. Irgendwann um 2 Uhr nachts gab ich es auf. Ich hatte keine Lust mehr, Motivation schon gar nicht. Müde ließ ich mich ins Bett fallen, mit dem Gesicht auf mein weiches Kissen. Die letzte Nacht war schon so verdammt kurz gewesen, da musste diese nicht auch noch herhalten. Erschöpft schloss ich die Augen, bekam ausnahmsweise mal Ruhe von dem Gedankenkarussell, was sich normalerweise sogar im Schlaf weiterdrehte. Das Land der Träume nippte schon an meinem Verstand, als es mich wie ein Geistesblitz durchfuhr. Ich hatte eine Idee.


'Sollte Ich das wirklich durchziehen?', fragte ich mich zwei Wochen später. Zweifel nagten an meinem gestern noch so fabelhaft erschienen Einfall. Es sprach einiges dagegen, jetzt, wo ich dabei war, es durchzuziehen. Was würde meine Familie sagen? Was mein Team?  Meine Freunde? Und erst Recht  meine Follower? 'Nun, das werde ich wohl nie erfahren können', dachte ich noch, bevor ich die Aufnahme startete.

Zwei Stunden später saß ich am Küchentisch, eine Hand an meiner Wange, die meinen Kopf davor bewahrte, auf den Tisch hinunterzurutschen. In der anderen hielt ich meinen Lieblingskugelschreiber, den, der mir mein bester Freund geschenkt hatte, nachdem ich über ein Jahr vergessen hatte, ihn zurückzugeben. Und an genau diesen Menschen mit den markanten blauen Haaren sollte dieser Brief gehen. Ein Abschiedsbrief, um genau zu sein. Jedoch wich mein Problem nicht, hatte nämlich keine Ahnung was ich schreiben sollte, das änderte sich auch nicht in den Briefen für mein Team, meine Familie und Freunde. Trotzdem blieb der, der an ihn gehen sollte, am schwierigsten. So viele Dinge wollte ich ihm erklären. Wie verzweifelt ich doch war, keinen Ausweg fand.


Doch bald würde dieses Problem Vergangenheit sein.





Fast ein halbes Jahr war vergangen. Ein halbes Jahr fern von zuhause, fern von Social Media, fern von allem Gewohnten. Ein halbes Jahr in einem anderen Land, ohne Stress, Druck, all die altbekannten Probleme. Anfangs war es noch schwer gewesen, sah die täglichen Anrufe meines höchstwahrscheinlich besorgten besten Freundes auf meinem früher überlebenswichtigen Display aufleuchten. Spielte noch mit dem Gedanken, alles abzubrechen und ihm wieder in die Arme zu fallen. Und in diesen Situationen, in denen ich an ihn dachte, weinend auf meinem Bett lag, welches gar nicht nach mir oder zuhause roch, erinnerte ich mich daran, wie schlecht es mir gegangen war. Und das diese Zeit hier mir guttuen würde. Niemand der mich stresste, niemand, der mich auf der Straße ansprach oder erkannte. Ich hatte mir eine Chance gegeben, mich selbst zu finden, nachdem ich mich hoffnungslos im Kampf mit mir selbst verrannt hatte.

Doch heute stand die Heimreise bevor, meine Koffer standen schon startbereit in der Wohnung, die 6 Monate lang als mein Zuhause gedient hatte. Ein letztes Mal sah ich durch das große Fenster in der winzigen Küche, bevor ich meine Jacke, die einsam und verlassen an einem Haken der Garderobe hing, nahm und dann den Schlüssel im Schloss umdrehte.

Viele Stunden später saß ich im Auto, fuhr durch die altbekannten Straßen meiner Heimatstadt, freute mich über jedes Haus, was mir bekannt vorkam, über jeden Menschen, der mir fröhlich zuwinkte. Und dann war dort die Kurve, die, die in unsere Straße führen würde. Was würde mich dort erwarten? Eine Willkommensparty? Oder, was viel wahrscheinlicher war, einfach nichts, weil ich niemandem von meiner Wiederkehr berichtet hatte? Wie würden alle reagieren, wenn ich wieder da wäre? Diese Gedanken ließen das Auto, in dem ich mich befand, stoppen. Ließen es ranfahren, die Bürgersteigkante streifen. Mich innehalten. War ich wirklich bereit dafür, zurückzukehren?

Nach mehreren Minuten des untätigen Rumsitzens fasste ich einen Entschluss. Öffnete die Tür, zog den Schlüssel und stieg aus, klappte den Kofferraum auf um einen Koffer hervorzuziehen. Bewaffnet mit dessen Stiel, an welchem ich wenigstens ein bisschen Halt fand, bog ich in die entscheidende Straße ein. Rötliches Licht der Abendsonne färbte diese, ließ die Wohnhäuser lange Schatten werfen. Ich blieb stehen, beobachtete die Stille und genoss den Anblick meiner Heimat, froh, wieder hier zu sein.

Bis sich plötzlich eine Tür im gegenüberliegendem Wohnblock öffnete, jemand herausrannte und ein lautes "JUUUUUUUUU!!!", von sich gab. Keine zwei Sekunden später schlangen sich zwei Arme um meinen schmalen Körper, drückten mir die Luft ab. Als ich die blauen Haare erkannte, warf ich meinen Koffer von mir, mitten auf die Straße, doch das war mir in diesem Moment vollkommen egal. Glücklich wie noch nie zuvor umarmte ich meinen besten Freund, der nicht ansatzweise Anstalten machte, mich loszulassen oder wenigstens seinen Griff etwas zu lockern. Und so standen wir dort, Arm in Arm, mitten auf der Straße, im Licht der untergehenden Sonne, die unsere verschlungenen Schatten auf den Asphalt projizierte .

Bis er losließ, hochblickte und mir den Blick auf seine meeresblauen Augen, die im Sonnenlicht besonders stark glänzten, freigab. Unaufhörlich flossen seine durchsichtigen Tränen, versanken in dem dunklen Stoff meines Hoodies. "Ich... Ich dachte...", schluchzte er. "Shhhh, alles ist gut", unterbrach ich ihn, strich ihm eine seiner Tränen beiseite, fuhr durch sein Haar, "Ich bin wieder da." Ein breites Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Und dann küsste er mich.


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Heeeeey, hoffe, es hat euch gefallen :)

Dieses Kapitel ist aus der Idee von Jesusheiligevorhaut  entstanden, wir tauschen gegenseitig Inspirationen aus, schaut da gerne mal vorbei :3 (da gibts prima Oneshots hehe)

Dann will ich mal net weiter stören und

Byyyye <3

{1066 Wörter}

Juzo ~ OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt