Kapitel 28

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Sicht Dana:

Einen Moment glaube ich zuerst, mich verhört zu haben, doch in Mikes Augen stehen Verstehen, alte Wut und Schuldgefühle darin. Er kennt es also wirklich. Jemand, der ihn viel bedeutet, ist ein solches Schicksal auch schon passiert. Aber so, wie Mike guckt, war es bei ihm wohl schlimmer. Viel schlimmer.

Oh nein!

Ich mag mir nicht vorstellen, was wohl passiert sein mag.

Meine andere Hand legt sich langsam auf seine, die meine umfasst und drückt sie sanft. Einen Augenblick lang sehen wir uns in die Augen. Wir verstehen einander, weil dasselbe durchgemacht wurde. Wir beide sind uns da ähnlich. Fühlen uns hilflos, verletzlich und wissen überhaupt nicht mehr weiter. 

"Mike", fange ich dann endlich zu sprechen an. "Danke. Danke, dass du mich gerettet hast."

Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie Leif neben mir leicht zusammenzuckt, so als hätte ich ihn gerade eine Ohrfeige verpasst. Es sticht mir im Herz, aber er ist nicht schuld an das, was passiert ist. 

Mike umfasst meine Hände und drückt sie. "Gerne. Stacy hat meine Nummer, falls du mal mit mir reden willst."

Ich nicke, danke ihn nochmal und Mike lässt jetzt endlich meine Hand los, damit Leif die Tür zuziehen kann. Irgendwie gefällt mir der Blick nicht, den er tut. Er sieht wütend aus und traurig. Und ... sehe ich da Eifersucht? Weswegen?

"Leif-"

"Fahren Sie los", sagt er an den Taxifahrer gewandt und wir fahren los. Der Fahrer fragt nach der Adresse, die Leif ihn nennt. Ob das sein Zuhause ist?

Bestimmt. Nach Heute lässt er mich sicher nicht mehr aus den Augen. Er greift nach meiner Hand und drückt sie warm und tröstend, aber ich schaue raus in die Nacht. Wodurch ich nicht bemerke, wie er mich einige Sekunden lang verletzt ansieht, ehe er selber den Blick abwendet und in die Nacht rausschaut.

Die Nacht ist dunkel, die Stadt aber hell erleuchtet von Laternen, Leuchtreklamen und die Gebäuden der gesamten Stadt. Die Stadt, die niemals schläft heißt es, was es auch wirklich zutrifft, wie ich nun aus eigene Erfahrung hab feststellen müssen. Ob ich jemals wieder raus gehen werde nach dem Geschehen vor fast ne Stunde weiß ich nicht. Sicher ist nur, dass das, was mir widerfahren ist nicht nochmal geschehen wird. Und der widerliche Mistkerl ist in Gewahrsam genommen worden.

An das, was mir passiert ist, will ich nicht mehr denken, die Angst sitzt noch zu tief in meine Knochen und bringt mich zum zittern. Leifs Hand drückt fester, um mir zu signalisieren, dass er da ist und ich nicht allein bin. Ich bin dafür dankbar, dass er jetzt da ist, aber er kann nicht fühlen, was ich fühle. Wie ich mich fühle. Diese Hilflosigkeit, diese Angst, das Gefühl der plötzliche Schwäche und dass niemand einen helfen kann. Dass man dem hilflos ausgeliefert ist. Wäre Mike nicht rechtzeitig da gewesen, dann wüsste ich nicht, was sonst noch alles passiert wäre. Der Gedanke, dass er es beinahe wirklich getan hätte, wenn Mike zu spät gekommen wäre, bringt mich stärker zum zittern und mir treten wieder Tränen in die Augen. Ich kann immer noch den Alkohol riechen, den er intus hatte und seine Hände haben sich zu sehr auf mir eingebrannt, sodass ich das Gefühl habe, sie nie wieder fortwaschen zu können.

Ich spüre, wie Leifs Daumen mir über die Handrücken streichelt. "Wir sind gleich Zuhause, Süße. Dann trinkst du erst einmal was und wäschst dich, okay."

Kein Ton verlässt mein Mund, deswegen nicke ich nur. Die andere Hand hebt sich zu meinen Gesicht und seine Finger streicheln mir warm und weich über die Wange. Die einfache, schlichte Berührung ist tröstend, erwärmend, auch wenn mir noch im Inneren sehr kalt ist und ich mich trotz Leifs Gesellschaft so einsam fühle.

Passion in SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt