𝖈𝖍𝖆𝖕𝖙𝖊𝖗 𝖔𝖓𝖊

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Allison sah auf, als sich die Tür zu ihrem Büro öffnete und wieder schloss. Ihr bester Freund Liam hatte den Raum betreten, stützte seine Hände auf seinen Oberschenkeln ab, als er tief durchatmete.

„So schlimm?", fragte Allison mit einem belustigten Unterton nach, schloss die Akte, die sie gerade versucht hatte, zu lesen und schob sie von sich weg. „Da draußen ist die Hölle los. Wenigstens habe ich Harvey gesehen!"

Allison hob anerkennend die Augenbrauen, nickte langsam. Die Festnahme des jungen Mörders Grayson Harvey hatte ein großes Aufatmen für die Bevölkerung bedeutet. Vier junge Frauen, verteilt über ganz England, wurden ermordet aufgefunden, die Wunden waren nichts für schwache Nerven. Junge Frauen hatten jeden Schritt vor die Haustür gründlich abgewogen, die Angst hatte sich in ihre Glieder gefressen. Doch jetzt konnten sie endlich wieder aufatmen und es war ein großartiges Gefühl.

Dank des Ausmaßes der Morde und ihrer geografischen Lage wurde entschieden, den Mann auf Allisons Wache im Herzen Londons zu vernehmen, woraufhin Paparazzi und Schaulustige die Gänge der Wache füllten. Man bekam kaum Ruhe, es war reinstes Chaos. So war es für Polizisten wie Liam, die mit dem Fall nichts zu tun hatten, eine Herausforderung, die Gänge ungestört zu beschreiten.

„Sieht er gefährlicher aus in Person? Denn auf Bildern wie diesen ..." Allison deutete auf ein Foto von Grayson Harvey in der neuesten Zeitungsausgabe. Es schien etwas älter zu sein, bot das Bild eines glücklichen jungen Mannes, der so aussah, als würde er keiner Fliege etwas zu Leide tun können. Doch das Aussehen konnte offensichtlich täuschen. „... sieht er ganz normal aus!"

„Was heißt hier gefährlich? Beurteile ein Buch nicht nach seinem Cover! Es gibt genug Serienmörder, die gut und unschuldig aussehen, jedoch schon dutzende Menschen auf dem Gewissen haben!", meinte der dunkelbraunhaarige Mann, schmiss seine Arme theatralisch in die Luft und ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen, was Allison leise kichern ließ.

Die beiden kannten sich seit dem Beginn von Allisons Ausbildung, da Liam einer ihrer Ausbildner war. Sie verstanden sich auf Anhieb gut, hatten viele Gemeinsamkeiten. Liam war zwar ein paar Ränge höher als Allison, aber das störte diese kein bisschen. Sie fand es sogar besser, da sie so Ratschläge von einem erfahrenen Polizisten erhalten konnte, wann immer sie diese brauchte.

Liam rollte mit seinem dunkelbraunen, ledernen Bürostuhl über den Boden, bis er wieder an seinem Schreibtisch angekommen war und begann damit, Daten wie wild in seinen Computer einzutippen, während Allison das Gleiche versuchte. Das laute, aufgeregte Stimmengewirr am Gang ließ die Wörter auf den Zetteln mit ihren Gedanken verschwimmen, kreierte seine eigene Sprache und ließ Allison ihr Vorhaben frustriert abbrechen. Sie konnte sich bei lauter Ablenkung unmöglich konzentrieren.

„Was glaubst du war der Hintergrund für Harveys Morde?", fragte Allison schließlich nach, langte nach ihrem Caffè Latte, den sie jeden Morgen trank und nahm einen kräftigen Schluck, während sie auf eine Antwort ihres besten Freundes wartete. „Was soll schon Spannendes dahinter sein? Es gab ihm einen Kick, ganz einfach!"

"Die Psychologie eines Menschen ist spannend ...", murmelte Allison kaum hörbar, bevor sie etwas lauter fortfuhr: „Es scheint, als würde etwas Tieferes dahinterstecken ... warum würde die Staatsanwaltschaft sonst so sehr darauf pochen, Antworten aus ihm herauszubekommen?"

Liam schenkte seiner Freundin einen verwirrten Blick, woraufhin ihm diese einen Zeitungsartikel hinschob. „Sie wollen die Motive unbedingt wissen, steht hier. Deswegen wurde er von Salisbury hierhergebracht, da wir anscheinend besser ausgebildetes Personal haben und es einen guten Mittelpunkt zwischen den Wohnorten der Opfer bildet."

Der trainierte Mann las sich den Artikel kurz durch, bevor er sich seufzend zurücklehnte. „Ich glaube, es wäre besser, wenn du dich auf deine Fälle beschränkst, Allison. Harvey mag zwar gut aussehen und spannend wirken, aber deine Fälle warten ebenfalls auf eine gute Protokollierung!"

Allison warf Liam einen leicht genervten Blick zu, wandte sich dann jedoch wieder ihrem Computer zu. Die Stimmen auf dem Gang verebbten langsam, der junge Constable atmete einmal tief durch. „Wie du meinst. Dann widmen wir uns halt dem langweiligen Part unseres Jobs!"

~~~
Langsam aber doch beginnen wir ...

Vorschläge, Anregungen und konstruktive Kritik - ab in die Kommentare. (:

Alles Liebe,
Laura x
[657 Wörter]

The Whiterose Murderer | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt