𝖋𝖎𝖋𝖙𝖞𝖙𝖜𝖔

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Es fühlte sich so falsch an, im Leben eines toten Menschen herum zu graben, doch Allison musste es tun. Sie hatte keine Ahnung, wie oft sie Graysons Akten und die Akten von Graysons Schwester, Glynn, aufgerufen hatte. Bei genauerem Hinsehen, was nun schon um die vierzig Minuten in Anspruch genommen hatte, fiel ihr auf, wie leer Akten tatsächlich waren. Es gab kaum Informationen über die beiden, obwohl bei dem, was passiert war, sicher um einiges mehr die Zeilen füllten sollte. Wie sie das im Vorhinein einfach so hinnehmen konnte, war Allison ein wahres Rätsel.

Die Frau seufzte, nahm einen weiteren Schluck von dem Kaffee, den sie sich gemacht hatte. Sie streckte ihren Nacken durch, was sich gut anfühlte, dank der gekrümmten Haltung, die sie schon seit Ewigkeiten hatte. Ihre Augen brannten von dem starrenden Blick auf den Computer, woraufhin sie ein paar Mal blinzelte, um ihre Augen besser zu befeuchten. Sie brauchte nicht erneut Kontaktlinsen, die ihr im Auge austrockneten.

Allison legte ihren Kopf auf ihrem Knie ab, da sie einen Fuß auf dem Drehstuhl abgestellt hatte. Sie war allein im Büro, da Liam frei hatte, was sie gekonnt ausnutzte. Sie hatte all die Ruhe, die sie brauchte, konnte sitzen, wie sie wollte und niemand regte sich über den Radio auf, den Allison den ganzen Tag am Laufen hatte. Sie mochte es, informiert zu sein, sowie Lieder zu hören, die im Moment im Trend waren.

Die junge Frau summte leise mit, als ‚Smooth Criminal' von Michael Jackson lief, scrollte erneut durch die Dokumente. Es war ein endloser Kreislauf, sie würde nie zu einer Antwort kommen. Auch Google lieferte ihr keine Hinweise. Es gab keine Zeitungsartikel, keine Blogeinträge, nichts. Es war so, als hätte die Zeit vor Graysons Gefängnisaufenthalt nie existiert. Doch wie konnte ein Mord einfach so unentdeckt bleiben?

Allisons Gedanken kreiste um das Gespräch, das sie mit Grayson gehabt hatte. Er meinte, dass sie nichts finden würde, aber hieß das auch, dass es nichts gab? Gab es irgendeine versteckte Funktion, mit der man Dinge sichtbar machen konnte, die vorher nicht da zu sein schienen?

Daraufhin hatte Allison keine Antwort, doch sie kannte jemanden, der sehr wohl eine darauf finden konnte. Sie griff in ihre Tasche und kramte darin herum, bevor sie ihr Handy herausholte und entsperrte. Sie suchte nach der Telefon-App, bevor sie eine Nummer wählte und abwartete.

„Ja?", vernahm Allison kurz darauf eine vertraute Stimme, woraufhin sie leicht lächelte. „Hey, Alayna, ich hätte eine kleine Frage ..." „Okay?" „Gibt es eine Möglichkeit, Daten so zu verschlüsseln, dass sie für das ungeübte Auge nicht sichtbar sind?"

„Wovon reden wir?", fragte Alayna nach, ihr Interesse schien geweckt zu sein. „Der Datenbank der Polizei. Weißt du, ich habe ja Grayson Harvey zugeteilt bekommen und mir fehlt noch immer sein Geständnis, warum er diese Morde begangen hat. Ich habe das Gefühl, dass ich nah dran bin, aber dafür bräuchte ich mehr Information über ihn und seine Schwester!"

Eine kurze Stille trat ein, Allison hörte, wie ein Drehsessel über den Boden rollte, bevor jemand etwas auf der Tastatur eingab. „Beide haben verschlüsselte Register, ja. Bitte mich nicht, sie zu öffnen! Wenn das jemand mitbekommt, bekomme ich bestimmt Probleme!"

„Nein, ich werde dafür sorgen, dass es niemand mitbekommt. Außerdem habe ich gute Drähte mit den meisten hier, ich kann sie sicher dazu bringen, das ein oder andere Auge zuzudrücken!", entgegnete Allison, brachte ihren Sessel dazu, sich langsam um die eigene Achse zu drehen.

„Lieb von dir, aber ich glaube, ich passe.", antwortete Alayna, die Stimme emotionslos wie immer, sodass Allison ihre Stimmung nicht abschätzen konnte. „Bitte? Ich schulde dir auch was, Alayna!"

Erneut wurde es still am anderen Ende. Allison befürchtete, dass Alayna einfach auflegen würde, was sie oft als Zeichen der Ablehnung tat, doch wider Erwarten vernahm sie die Stimme der Frau erneut. „Ich habe heute einen guten Tag, also okay. Du bekommst die Ergebnisse aber erst in ungefähr in einer Stunde, ich muss hier dringend was fertig machen, okay?" „Danke, das bedeutet mir echt viel! Vielen Dank!" „Schon gut. Ich muss jetzt auch wieder. Man hört sich!" „Bye Alayna!"

The Whiterose Murderer | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt