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Ich öffnete die Augen. Ich saß auf einem Stuhl, die Beine überschlagen, den Kopf auf die Hände gestützt. Es war hell. Zu hell. Geblendet kniff ich die Augen zusammen und schob die Hände vor das Gesicht. Doch so sehr ich mich auch anstrengte, einen klaren Gedanken zu fassen, mein Kopf war wie betäubt.
Also saß ich einfach da, mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen und tat nichts. Dachte nichts. Atmete einfach. Obwohl, vielleicht tat ich selbst das nicht. Ich konnte es nicht sagen.
Plötzlich ertönte ein schrilles Geräusch. Es war ein alles durchdringender Ton, wie eine Alarmsirene, der in kurzen, gleichmäßigen Abständen in meine Ohren drang. Irgendetwas daran rüttelte mich wach. Ich riss die Augen auf und blinzelte wild, bis ich mich nach einigen Sekunden an die Helligkeit gewöhnt hatte und meine Sicht klarer wurde.
Ich saß in einem Raum. Alles um mich herum war weiß, vom Boden, den leeren Stühlen, die in einer langen Reihe an der Wand standen, bis zur Decke. Sie alle strahlten die selbe bedrückende Helligkeit aus, als wäre sämtliche Farbe aus diesem Raum gewaschen worden, bis nur noch das weiße Skelett übrig geblieben war. Selbst die Zimmerpflanze in der Ecke war schneeweiß.
Gegenüber davon, an der Wand zu meiner linken, war eine schmale Glastür, doch durch die milchige Scheibe konnte ich nicht erkennen, was sich dahinter befand. Darüber blinkte alle paar Sekunden ein kleines Licht auf, im selben Rhythmus wie der Alarmton, der noch immer schrill durch den Raum schallte.
Neben dem blinkenden Licht hing ein Bildschirm, leicht nach unten geneigt, so dass man ihn von den Stühlen aus gut erkennen konnte. Obwohl ich ein wenig schräg zum Bildschirm saß, konnte ich in der Mitte ein Tabellengitter erkennen. In der ersten Zeile stand ein einziger Name. Arin Wiedemann.
Arin. Das war ich.
Mein Blick wanderte nach unten. Wie der Raum, in dem ich mich befand, hatten auch meine Klamotten kein bisschen Farbe. Der Pullover, den ich trug, war viel zu groß und ging mir selbst im Sitzen fast bis zu den Knien. Darunter trug ich eine dünne Stoffhose, knöchelhohe Socken und am rechten Fuß eine Badelatsche.
Ich erschrak, als sich die Tür öffnete und ein Mann den Raum betrat. Seine kurzen, dunkelbraunen Haare standen in alle Richtungen ab, als hätte er sich gerade durch einen Sturm gekämpft. Auch er trug weiß, im Gegensatz zu seinen wirren Haaren jedoch einen makellos glänzenden Anzug mit hohem, fast bis zum Kinn stehenden Kragen und silbernen Knöpfen, die wie kleine Spiegel das Licht reflektierten. An seiner Brust war ein kleiner, ebenfalls silberner Anstecker. Ein Unendlichkeitszeichen. Unter dem Anzug trug er einen dünnen Schal, den er wie eine Krawatte geknotet und in den Kragen gesteckt hatte. In den Händen hielt er ein Klemmbrett.
"Wiedemann?", fragte er.
"J-jaa?", antwortete ich schüchtern.
"Folge mir."
Ich stand auf und verließ hinter ihm das Zimmer. Aus dem Augenwinkel konnte ich gerade noch erkennen, wie auf dem Bildschirm über der Tür ein weiterer Name unter meinem erschien.
Der Mann mit dem Klemmbrett führte mich durch einen langen, geradezu endlos erscheinenden Gang. Auf beiden Seiten waren Dutzende von Glastüren. Genau wie die, durch die ich den Gang betreten hatte, waren sie jedoch milchig, so dass ich dadurch nicht mehr als nur gelegentliche Schatten sehen konnte. Ein paar Mal passierten wir andere Männer in weißen Anzügen, einige alleine, andere mit einer etwas verloren aussehenden Begleitung. Irgendetwas an deren Erscheinung wirkte schräg, fast schon leer, so als wären sie geistig gar nicht richtig hier. Wie in Trance stolperten sie vorwärts, den Blick starr nach vorne gerichtet, den Mund leicht geöffnet. Die Männer in den Anzügen nickten uns kurz zu, wenn sie an uns vorbei liefen, sagten jedoch kein Wort.
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Etenia
AdventureArin ist gerade einmal 19, als ihr Leben ein plötzliches Ende findet. Sie erwacht an einem wundersamen Ort, ohne Erinnerung an ihren Tod. Gemeinsam mit anderen kürzlich Verstorbenen soll sie nun ihren Tod verarbeiten und sich von ihrem Verlangen nac...