Am nächsten Morgen bestellte Owena uns zurück in ihr Büro. Ich hatte die gesamte Nacht wach gelegen und über ihr Angebot nachgedacht, doch es war eines, das man einfach nicht ablehnen konnte. Auch wenn das bedeutete, dass ich die nächsten Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre mit Lucas verbringen musste, wollte ich eine zweite Chance. Ich wollte zurück in mein Leben, zurück zu meiner Familie. Ich wollte Navarro töten.
Doch schnell verpasste Owena meiner Freude einen Dämpfer.
"Bevor ihr eine entgültige Entscheidung trefft müsst ihr wissen, welche Regeln ihr in Zukunft befolgen müsst, solltet ihr das Angebot annehmen."
Sie tippte mit ihrem Stift auf den Tisch. Heute trug sie ihre Haare offen, was sie noch ein wenig jünger aussehen ließ. Dabei war es unmöglich, ihr Alter zu schätzen. Äußerlich mochte sie aussehen wie Mitte dreißig, doch wie lange war sie nun schon in der Zwischenwelt? 500 Jahre?
"Regel Nummer 1", riss sie mich aus meinen Gedanken. "Bis zu eurer Abreise erzählt ihr niemandem davon, was ich mit euch besprochen habe. Das hätte ich euch eigentlich schon gestern sagen müssen. Das Risiko ist zu hoch, dass auch die anderen zurück wollen. So etwas verbreitet sich schneller als ein Waldbrand. Bevor wir uns versehen haben wir eine Revolution vor unseren Füßen. Ich denke ihr versteht also, warum wir das hier geheim halten müssen."
Ich nickte. Auch Lucas schien die erste Regel zu akzeptieren, denn Owena setzte fort:
"Regel Nummer 2: Wenn ihr zurück in euren Körpern seid, erwarte ich von euch, dass ihr euch unter keinen Umständen trennt. Ihr seid ein Team. Keiner von euch wird Navarro alleine erreichen."
Keiner von uns beiden erwiderte etwas.
"Regel Nummer 2a: So lange, bis ihr eure Aufgabe erfüllt habt, erwarte ich Professionalität von euch. Kein Unsinn, keine Anlenkungen."
Auch diese Regel ging kommentarlos vorüber.
"Regel Nummer 3: Es ist euch nicht erlaubt, vor Beendigung zu eurem vorherigen Leben zurückzukehren. Das bedeutet, kein Kontakt zu Familie oder Freunden, keine öffentlichen Auftritte oder Aufmerksamkeit, nichts, was eure Aufgabe gefährden würde. Für eure Familien seid ihr tot und das wird auch so bleiben."
"Was?", unterbrach Lucas sie wütend. "Was ist dann überhaupt der Sinn zurückzugehen? Ich kenn den Typ noch nicht mal. Was schert es mich ob er lebt oder stirbt?"
"Bist du nicht genau deswegen Polizist geworden?", warf ich ein. "Weil es dir nicht egal ist, wenn Mörder frei herumlaufen?"
"Es ist eure Entscheidung. Überlegt es euch gut. Sobald die Aufgabe erfolgreich beendet wurde, werden wir nach einem Weg suchen, euch ohne viel Aufsehen mit euren Familien zu vereinen", sagte Owena und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
"Ich mach es", sagte ich sofort, kein Funken an Zweifel in meiner Stimme.
"Was solls. Ich bin dabei", stimmte nun auch Lucas zu.
"Das freut mich", sagte Owena lächelnd. "Dann lasst uns beginnen."
Nachdem sie uns unsere Aufgabe noch einmal genauer erklärt hatte, schickte Owena uns zu unseren Betreuern. Erlo schien nicht sehr begeistert zu sein, mich außerplanmäßig zu sehen, doch als ich im erklärte, was Lucas und ich mit Owena vereinbart hatten, wurde sein Gesicht ein wenig weicher. Vermutlich war es der Ausblick, mich schon bald loszuwerden, der ihn so glücklich machte, doch da war mir egal.
Die nächsten Stunden verbrachten wir damit, mir sämtliche Schritte von Owenas Auftragscheckliste einzuprügeln. Als Erlo endlich zufrieden war, seufzte ich erleichtert. Morgen früh würden wir von unseren Betreuern abgeholt werden, ein letztes Mal getestet werden und dann zum Tor gebracht werden. Ich hatte keine Ahnung wie ich mir so ein Tor vorstellen sollte, geschweige denn wo es überhaupt war, doch bevor das passierte, hatten wir einen letzten Nachmittag frei. Owena legte uns ans Herz, gemeinsam ein wenig durch die Abteilung zu schlendern und uns gegenseitig ein wenig näher kennenzulernen, aber ich lehnte dankend ab. Damit würde ich mich schon früh genug auseinandersetzen müssen. Kein Grund, noch meinen letzten sorglosen Tag hier aufzugeben.
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Etenia
AdventureArin ist gerade einmal 19, als ihr Leben ein plötzliches Ende findet. Sie erwacht an einem wundersamen Ort, ohne Erinnerung an ihren Tod. Gemeinsam mit anderen kürzlich Verstorbenen soll sie nun ihren Tod verarbeiten und sich von ihrem Verlangen nac...