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„Liam, das geht auch schneller. Wenn Sie Ihren faulen Hintern einmal hoch bekommen würden, könnten wir schon längst bei der Arbeit sein.", bemerkt Miss Ducat abfällig, als wir uns für die Arbeit aufstellen sollen. Rita schaut misstrauisch zu meinem Exfreund. „Vielleicht ist wirklich etwas Wahres an den Beschwerden von Liam dran.", flüstert sie Linn zu, die zustimmend nickt. „Der Idiot sagt nie die Wahrheit.", bemerke ich abfällig. „Amy, reiß dich endlich mal zusammen. Wir sind hier doch nicht im Kindergarten.", herrscht mich unser Boss wütend an. „Was hat er überhaupt erzählt?", frage ich, nachdem ich mich ein kleines bisschen beruhigt habe. „Liam hat vor ein paar Tagen behauptet, dass Miss Ducat ihn quält, weil sie ihn nicht leiden kann. Angeblich hat sie ihm auch Valium in sein Bett gelegt.", erklärt Rita. „Aber zu uns ist sie total nett.", entgegne ich. „Da hast du natürlich recht, aber hast du mal gesehen, wie sie Liam anschaut und mit ihm redet?", erwidert unser Boss nachdenklich. „Und das ist nur das, was wir sehen. Wenn sie wirklich so einen Hass auf ihn hat, kann ich mir das schon vorstellen.", mischt sich jetzt auch Linn ein, die sich die ganze Zeit eher zurückgehalten hat. „Denkt ihr wirklich, dass sie das tun würde?", gebe ich zu bedenken. „Amy, Liebes, wir sind hier in einem Gefängnis und brutale Schließer sind hier absolut keine Seltenheit. Sie können vielleicht auf den ersten Blick ganz nett wirken, sind aber eigentlich das personalisierte Böse.", antwortet Linn und streicht mir zustimmend über die Schulter. „Außerdem solltest du deinen Hass auf Liam langsam mal vergessen. Ich weiß, dass er dich wirklich sehr verletzt hat, aber wir gehören zusammen und müssen füreinander da sein.", ergänzt unser Boss und schaut mich warnend an. Ich verdrehe genervt die Augen, aber eigentlich weiß ich, dass Rita Recht hat.

Eigentlich habe ich gedacht, dass sich die Ermittlungen im Fall Fledermaus erledigt hätten, aber plötzlich steht die Ermittlerin wieder auf unserer Station. „Was macht die blöde Kuh denn hier?", fragt Rita besorgt und schaut uns an. „Ich weiß es nicht, aber das ist definitiv kein gutes Zeichen.", flüstere ich besonders angespannt. Auch Linn ist sichtlich besorgt. „Ich habe gedacht, den Bullshit hätten wir hinter uns.", entgegnet sie leise. „Offensichtlich nicht.", erwidere ich. „Das wird uns wahrscheinlich noch ewig begleiten. Die ganze Sache regt mich so unglaublich auf.", bemerkt Linn. Oh, wie recht sie damit hat. Eine halbe Stunde später sitze ich mit der Ermittlerin an einem Tisch. Der kleine Teufel auf meiner Schulter pflanzt den Gedanken in mein Gehirn, den Verdacht auf Liam zu lenken, aber das wäre natürlich ziemlich fies und ich würde es auch auf keinen Fall machen, aber witzig wäre es schon irgendwie. Außer mir würde das wahrscheinlich auch niemand witzig finden, ich bin vermutlich einfach viel zu toxisch. „So, Amelia, hier sind wir also wieder. Haben Sie mir etwas zu sagen?", fragt die Ermittlerin, die übrigens Sasha heißt. „Nicht wirklich. Haben Sie denn etwas Neues herausgefunden?", frage ich mit meinem Pokerface und hoffe, dass sie nicht bemerkt, dass ich total Angst habe. „Die Spuren führen wieder zu Ihrer Station. Sie müssen etwas wissen und wir werden diesen Raum nicht verlassen, bis Sie mir gesagt haben, was mit dem Beamten passiert ist.", klärt mich Sasha auf. „Da können Sie lange warten.", entgegne ich mit verschränkten Armen und schaue sie genervt an.

„Verdammt, Rita, was soll dieser Scheiß?", fragt Liam wütend und zeigt unserem Boss ein paar weiße Tabletten. „Ist das etwa wieder Valium?", fragt sie und mein Exfreund nickt aufgebracht. „Denkst du, das war Miss Ducat?", will Linn sofort wissen. „Natürlich, wer soll es sonst gewesen sein? So eine fiese Aktion würde ich noch nicht einmal Amy zutrauen.", antwortet Liam. „Ist das dein Scheiß Ernst? Willst du mich komplett verarschen?", schieße ich wütend zurück. Linn legt mir beschwichtigend ihre Hand auf die Schulter. Ich beruhige mich tatsächlich ein kleines bisschen, aber trotzdem würde ich ihm noch immer gerne eine Backpfeife verpassen. „Du bist zwar ein absoluter Idiot und ich wünsche dir eigentlich alles Schlechte, aber das hast selbst du nicht verdient.", bemerke ich. „Amy, das hättest du ruhig etwas netter ausdrücken können. Eigentlich hättest du dir den Kommentar auch sparen können.", flüstert Linn, lächelt mich aber an, weil sie zumindest einen kleinen Fortschritt erkannt hat. „Wir brauchen jemanden, der Miss Ducat testet. Warum hasst sie dich eigentlich so sehr?", fragt Rita. „Ich denke nicht, dass es etwas damit zu tun hat, dass ich trans bin. Vielleicht denkt sie, dass ich undiszipliniert bin.", überlegt Liam. „Ich werde den Lockvogel spielen. Vermutlich hasst sie dich, weil du Drogen genommen hast. Damit kann ich dienen. In meiner Akte steht, dass ich trockene Alkoholikerin bin. So perfekt, wie sie ist, hat sie vermutlich alle unsere Akten gelesen.", erklärt Linn. „Bist du sicher, dass du das wirklich tun solltest? Vielleicht versucht sie, dich wieder abhängig zu machen.", gebe ich vorsichtig zu bedenken. „Ach was, so schwach bin ich nicht mehr.", entgegnet sie und lächelt mich an.

Bei dem ganzen Trubel um Liam und Miss Ducat hätte ich fast vergessen, dass wir noch diese dämliche Mordermittlung am Hals haben. Als ich wieder einmal im Befragungsraum sitze und die Ermittlerin mir Fragen stellt, wird mir das schmerzlich bewusst. „Amy, ich will doch nur wissen, wer den Schließer getötet hat. Ich glaube auch nicht, dass Sie es waren, aber Sie scheinen etwas zu wissen und früher oder später müssen Sie es mir sagen.", erklärt sie und schiebt mir einen Cold brewed Salted Caramel Coffee zu. Ich greife ohne ein schlechtes Gewissen danach, habe aber gleichzeitig auch nicht vor, ihr irgendwelche Namen zu liefern. „Sind Sie auf der anderen Station etwa nicht fündig geworden? Die Insassinnen dort sind ziemlich brutal. Fast alle sitzen wegen Mordes ein.", bemerke ich und hoffe, dass sie anbeißt, aber Sasha ist schlau. Eigentlich finde ich Intelligenz sehr attraktiv, aber nicht unbedingt in einer solchen Situation. „Naja, auf Ihrer Station ist das wohl auch keine Seltenheit. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie vier Polizisten erschossen. Also scheinen Sie wohl auch ein Problem mit Autoritätspersonen zu haben.", stellt Sasha fest. Verdammt, sie ist wirklich gut, das muss ich zugeben. „Ich bereue meine Tat sehr, ich war in dieser Situation einfach überfordert. Natürlich rechtfertigt das auf keinen Fall, was ich getan habe. Inzwischen bin ich total gegen Gewalt, egal von wem diese ausgeht. Glauben Sie mir, hier gibt es sehr viel Gewalt und ich bin wirklich kein Fan davon. Unter den Insassen dient Gewalt meistens als Bestrafung, ich finde aber, dass das auf Dauer keine Lösung ist.", entgegne ich. Mit dieser und weiteren Aussagen versuche ich die Ermittlerin abzulenken, was erstmal gut funktioniert. Schon bald werde ich wieder auf die Station gebracht.

„Liam, bist du dir sicher, dass Miss Ducat dir das Valium in die Zelle gelegt hat? Zu mir war sie total nett und sie hat auch nicht versucht, mich wieder abhängig zu machen.", berichtet unsere Mitgefangene von ihren Erfahrungen mit der Schließerin. „Denkst du nicht, dass es vielleicht Tammy und ihre Gang gewesen sein könnten? Immerhin könnten sie dich als zahlenden Kunden gut gebrauchen und für Rita wäre es ein Schlag ins Gesicht. Vielleicht wollten sie damit auch ein Zeichen setzen.", überlegt Linn. Mein Exfreund schüttelt den Kopf. „Miss Ducat wird auch noch versuchen, dich abhängig zu machen. Sie macht das Ganze viel subtiler.", antwortet Liam. „Die Vermutung mit Tammy finde ich aber auch logisch. Ich werde mich sofort darum kümmern. Am nächsten Tag nach der Arbeit suchen wir die Dealerin. Linn drückt sie gegen die Wand. „Hast du Liam Valium in die Zelle gelegt?", fragt unser Boss drohend. „So ein Quatsch, warum sollte ich der Transe kostenlos Valium geben?", entgegnet Tammy entrüstet. Dafür bekommt sie eine Ohrfeige von Linn. „Wenn du Liam noch einmal so nennst, ihm Drogen gibst oder ihn anfasst, wirst du richtige Probleme mit uns bekommen.", zischt sie der Dealerin zu und schaut sie wütend an. „Ich war es wirklich nicht. Welchen Grund sollte ich denn haben?", entgegnet Tammy. Natürlich können wir uns nicht zu hundert Prozent darauf verlassen, dass sie uns die Wahrheit erzählt hat, aber wenn sie es nicht getan hat, wird Rita sie bestrafen. „Denkt ihr wirklich, dass wir der Ratte vertrauen können?", fragt Linn. Ich zucke nachdenklich mit den Schultern. „Und was habe ich euch gesagt? Es war Miss Ducat. Sie hasst mich und sie wird alles tun, um mich zu manipulieren.", bemerkt Liam mit verschränkten Armen, als Rita ihm von dem Gespräch erzählt. „Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es Miss Ducat war. Immerhin hast du keine Beweise.", entgegnet Linn zweifelnd. „Du hast aber auch keine Beweise, dass sie es nicht war.", erwidert mein Exfreund pampig. „Im Zweifel für den Angeklagten, hast du schon einmal daran gedacht?", fragt sie. Liam verdreht die Augen und da ich ihn sehr gut kenne, weiß ich, dass er gleich ausrastet. „Schluss jetzt, ihr solltet euch lieber beruhigen.", beendet unser Boss die Diskussion. „Ist er immer so anstrengend?", flüstert sie mir zu und ich nicke grinsend. „Linn kann aber auch ziemlich anstrengend sein.", entgegne ich und jetzt muss Rita grinsen.

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