Claudia war ziemlich hin und her gerissen. Hatte sie doch genau bemerkt, wie die Stimmung zwischen Robert und Christian war. Da war definitiv etwas vorgefallen! Das konnte sie ja schon auf 5 Kilometer Entfernung erkennen. Wäre sie mit Laufen gegangen, hätte sie sicherlich mehr herausfinden können. Die beiden beobachten können. Aber Claudia und Joggen? Nie im Leben. Das war es ihr dann doch nicht wert. Sie würde es schon anders herausfinden. Aber gleichzeitig hatte sie ja noch eine Baustelle erkannt, weshalb es sich lohnte, nicht Joggen zu gehen. Annalena und Linda. Während des Frühstücks hatte sie Annalena ein wenig ausgefragt, was sie denn vor hatte, bis es das Treffen der Minister:innen mit dem Kanzler gab. Und natürlich hatte Annalena mit der Sprache raus gerückt. Ein Spaziergang in den nächsten kleinen Ort, gemeinsam mit Linda. Ha! Mit Linda! Das gefiel Claudia doch.
Und vielleicht könnte sie Annalena ja etwas über die beiden entlocken, bei dem anstehenden Treffen der Minister:innen. Und Christian und Robert wären dann ja auch wieder dabei! Claudias Vorfreude stieg beinahe bis ins Unermessliche. So lief sie dann auch in den Raum, in dem sie sich treffen wollten.
"Hallöchen ihr Lieben! Naa, gibt es hier etwa positive Energie?", rief sie beinahe durch den ganzen Raum. Der Kanzler nahm es einfach so hin. Er kannte mittlerweile Claudia's Lebensfreude. Die Frage war allerdings hauptsächlich an Annalena gerichtet, neben die sie sich jetzt fallen ließ.
"Wie war es mit Linda?", flüsterte sie ihrer Kollegin leise ins Ohr und wartete gespannt auf eine Antwort.
"Gut, wir hatten eine schöne Zeit, auch wenn es wirklich zu kurz war. Ich mag sie. Und ich hoffe, dass ich sie noch besser kennenlernen kann."
Bei den Worten wäre Claudia vor Freude beinahe von ihrem Stuhl gefallen. Aber sie konnte sich noch einmal zusammen reißen. Trotzdem stieß sie einen Laut aus, der ihre Freude sicherlich verdeutlichte. Auch wenn sie sich damit wieder irritierte Blicke von allen Seiten einfing. Naja, so viele der Minister waren bisher noch nicht anwesend. Marco kam gerade in den Raum und dementsprechend fehlten nur noch Robert und Christian. Was Claudia wieder zum Grinsen brachte. Es herrschte definitiv eine Spannung zwischen den beiden. Und die Sache mit dem Knutschfleck hatte Claudia natürlich auch mitbekommen, obwohl sie nicht am gestrigen Abend bei ihnen gesessen hatte. Und das Spiel nicht so ganz verfolgt hatte. Aber sie hatte ihre Augen und Ohren überall. Und während der folgenden Sitzung merkte sie genau, dass vor allem Lindner kaum bei der Sache war. Und das war für ihn äußerst ungewöhnlich. Claudia war sich eigentlich fast sicher, dass es mit Robert zusammenhängen musste. Deshalb wollte sie nach der Sitzung mal bei Robert nachbohren. Denn bei ihrer anderen Baustelle, Annalena und Linda, lief es ja offensichtlich ganz gut. Jetzt bräuchte sie mehr Informationen über Robert und Christian.
Da sie noch Zeit bis zum Mittagessen hatten, wollte Claudia Robert noch abfangen. Vielleicht konnte sie so aus ihm einige Informationen heraus bekommen.
"Robert, hast du jetzt etwas vor? Wenn nicht, möchtest du mich an den Strand begleiten? Nicht, dass ich mich nachher noch verlaufe. Dir vertraue ich da mehr.", lachte Claudia und Robert schien einen Moment nachzudenken. So ganz überzeugt schien er nicht. Aber wie konnte er seiner Kollegin diesen Wunsch abschlagen? Also stimmte er zu.
"Ja klar, können wir machen. Genug Zeit haben wir ja. Ich hole nur gerade noch meine Jacke und einen Schlüssel."
Einige Minuten später stand er wieder vor Claudia, die zufrieden lächelte. Ihr Plan würde sicherlich aufgehen. Und letztendlich war ja auch alles nur zu Roberts Besten. Gemeinsam liefen sie die wenigen Minuten bis zum Strand, wo sie tatsächlich eine Bank fanden. Und keine Menschenseele befand sich außer ihnen dort. Und Claudia merkte, dass auch Robert ein wenig schweigsam war. Dass nicht alles in Ordnung war. Hatte ihr ihre Intuition wohl keinen Streich gespielt.
"Danke, dass du mich begleitest. Manchmal brauche auch ich ein wenig Ruhe, auch wenn man es nicht immer merkt. Aber ist bei dir alles in Ordnung? Wie ist das erste Fazit dieser Fahrt?"
Robert dachte wieder einen Moment lang nach, bevor er Claudia antwortete. Es schien ihn etwas Überwindung zu kosten. So schien es zumindest Claudia.
"Ich denke für ein erstes Fazit ist es noch zu früh. Aber es ist alles ein wenig kompliziert. Ich weiß auch nicht so recht. Erst war ich eigentlich gar nicht begeistert, als wir hier angekommen sind. Dann dieser Spaziergang gestern, wo ich ja auch ein wenig mit meiner Verantwortung versagt habe. Aber irgendwie hat es sich nicht so schlimm angefühlt insgesamt. Aber gestern Abend haben wir in unserer Runde auf Christians Vorschlag noch Wahrheit oder Pflicht gespielt, ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast. Auf jeden Fall war die Stimmung danach nicht mehr sonderlich gut. Es war einfach komisch. Also alles sehr durchwachsen."
"Ja, das mit Wahrheit oder Pflicht habe ich mitbekommen. Da hast du ja auch wirklich gute Arbeit geleistet mit dem Knutschfleck bei Christian. Ist bei dem eigentlich alles in Ordnung? Er wirkte ein wenig komisch und du bist jetzt ja am nähsten dran."
Robert seufzte, fuhr mit seinen Händen über sein Gesicht und hüllte sie zunächst in Schweigen. Claudia merkte natürlich, dass sie da einen wunden Punkt getroffen hatte. Und sie jetzt bloß nicht zu forsch werden sollte. Wenn Robert ihr etwas erzählen würde, dann würde er es von sich aus tun. Da sollte sie jetzt keinen Druck aufbauen. Immerhin kannte sie Robert mittlerweile gut und wusste, dass das absolut nichts brachte bei ihm. Aber sie hatte noch wirklich Hoffnung, dass Robert sich ihr anvertrauen würde. Denn eigentlich konnte man ihr wirklich Vertrauen. Und so sprach Robert dann doch.
"Ja, so wirklich in Ordnung ist gerade gar nichts. Christian ist ein wenig distanziert seit gestern Abend, seitdem wir dieses dämliche Spiel gespielt haben. Und abweisend ist er auch. Und ich weiß auch nicht wirklich, wie ich damit umgehen soll. Ich weiß nicht wirklich, wie ich die ganze Situation bewerten soll."
Claudia nickte verständnisvoll und verarbeitete die Worte auch erst einmal. Sie wollte schon beinahe antworten, als Robert erneut ansetzte.
"Ich weiß nicht, warum ich dir das sage und ob es klug ist. Wahrscheinlich nicht. Und du musst das alles hier wirklich für dich behalten, sonst wird es wirklich schwierig. Also Claudia, ich vertraue dir. Das war nämlich nicht alles. Gestern Abend waren wir dann in unserem Haus und Christian war so komisch. Natürlich wollte ich die Sache dann aus der Welt schaffen und habe ihn auf diese Sache mit dem Knutschfleck angesprochen. Und er hat sich irgendwie rausgeredet, war aber trotzdem noch so komisch. Also wollte ich weiter nachbohren und naja... irgendwie, was soll ich sagen? Wir haben uns geküsst. Ich weiß nicht, wie es passieren konnte. Es ist wohl mit uns beiden etwas durchgegangen. Und seitdem haben wir uns nicht ordentlich ausgesprochen. Christian geht mir ziemlich aus dem Weg oder blockt jedes Gespräch ab. Ich weiß auch nicht wirklich, was ich tun soll. Ein Fehler war es auf jeden Fall. Sonst würde er nicht so reagieren."
Claudia staunte nicht schlecht, als Robert mit der Sprache raus rückte. Dass so viel schon passiert war, hatte sie dann doch nicht erwartet gehabt. Deshalb musste sie erstmal die richtigen Worte finden.
"Wow, das ist wirklich viel. Und natürlich, euer Geheimnis bleibt bei mir sicher, keine Sorge. Darf ich fragen, was mit dir und Andrea ist? Also wird das jetzt zum Problem?"
Robert schüttelte nur leicht den Kopf und starrte weiter aufs Meer.
"Nein, wir haben uns vor einiger Zeit dafür entschieden, uns Freiheiten zu geben. Ich bin ja gefühlt nie für sie da und ich bin dementsprechend auch oft alleine. Das ist nicht das Problem. Zumindest gerade noch nicht. Ich glaube das größere Problem ist, dass Christian verlobt ist. Wie wir ja alle wissen. Und er ist glücklich mit seiner Franca. Vielleicht ist das der Grund, warum er nicht mehr mit mir redet. Weil er ein schlechtes Gewissen hat. Und seine Verlobte in gewisser Weise betrogen hat. Bei mir und Andrea ist es nicht dramatisch. Aber bei Christian und Franca?"
Doch noch ein Kapitel heute :) So langsam kommt ein wenig Klarheit rein bei Christian und Robert, aber ob es so positiv ist?
Aber immerhin scheint es ja bei Linda und Annalena schonmal ganz gut zu laufen ;)Ich danke euch fürs Lesen und bis zum nächsten Kapitel!
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Fahrt ins Ungewisse
FanfictionZehn Tage. Die Führungsspitzen der Ampel-Koalition. Eine Idee des Kanzlers. Das Ziel: die Gemeinschaft in der Koalition stärken, abseits der politischen Debatten. Deshalb fährt eine Gruppe der Spitzenpolitiker der Ampel Parteien an die Ostsee, um di...