31 - Christian

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Sie waren alle unfassbar erleichtert, als die Nachricht kam, dass es Annalena besser ging. Robert und Linda sind dann gemeinsam mit Daniel, der am frühen Morgen auch eingetroffen ist, zu dem Krankenhaus gefahren. Währenddessen wurden die anderen vom Kanzler informiert, wie es nun weitergehen würde. Es war immerhin viel passiert.

In erster Linie hatten sie entschieden, die Fahrt nicht vorzeitig abzubrechen.  Denn jetzt war Annalena ja wieder da und ihr ging es auch schon besser. Nur hatten sie sich darauf geeinigt, dass sie nicht mehr an ein Programm gebunden sein wollten. Also hatten sie jetzt in den nächsten Tagen mehr Freizeit. Das fand Christian definitiv nicht schlecht. Aber dann gab es da noch eine andere Nachricht, die Olaf ihnen verkündete. Und von der Christian zuvor noch keine Notiz genommen hatte.

"Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen, auf jeden Fall ist die ganze Sache schon in der Presse gelandet. Ich werde nachher eine Pressemitteilung rausgeben, bei der ich die Situation erklären werde. Allerdings hat das gleichzeitig bewirkt, dass einige von euren Partnerinnen und Partnern angekündigt haben, hierhin kommen zu wollen. In den Medien wird auch jetzt einfach noch sehr dramatisch darüber berichtet. Wahrscheinlich wollen sie sich selber überzeugen, dass es uns gut geht. Naja, man kann es ihnen wohl nicht verübeln. Und da wir jetzt eh das Programm aussetzen, will ich dagegen nichts sagen. Nur, damit ihr Bescheid wisst, falls ihr es selber noch nicht mitbekommen habt."

Christian durchfuhr ein Schock. Und plötzlich kreisten seine Gedanken wieder um seine eigenen Probleme. Er hatte seit Gestern Francas Nachrichten ignoriert. Natürlich hatte sie sich Sorgen gemacht. Und ihn mit Fragen bombardiert. Aber Christian hatte nicht den Nerv dazu, ihr zu antworten. Mit Franca war sowieso alles schwierig. Und wenn sie jetzt kommen würde? Dann säße er da mit Robert auf der einen Seite und Franca auf der anderen. Und er weiß, dass er sich von Franca trennen muss. Aber hier? Wo sie nichtmal annähernd Privatsphäre hatten?

Vielleicht hatte er aber Glück und Franca würde nicht hierher kommen. Diese Hoffnung hatte er wirklich. Denn alles andere würde Christian in eine zutiefst komplizierte Situation bringen. Aber ein Blick auf seinem Handy genügte, um eine Nachricht von Franca zu sehen, die ihm ankündigte, dass sie sich auch auf den Weg machen würde. Verdammt. Christian stand der Schock, die Aufregung noch ins Gesicht geschrieben, als alle anderen den Raum verließen. Was war passiert? Naja, hoffentlich hatte er nichts relevantes verpasst. Aber das wichtigste war jetzt wohl sowieso, wie er mit Franca umgehen sollte. Und eigentlich musste er dringend mit Robert reden. Aber der war ja im Krankenhaus.

Deshalb lief Christian in ihr Haus, wo er seine Ruhe hatte und rief Robert an. Es dauerte einige Zeit, bis er Roberts Stimme am anderen Ende seines Handys wahrnehmen konnte.

"Christian, ist alles gut?", meldete sich der Grüne.

"Ja. Nein, eigentlich nicht. Kannst du einen Moment in Ruhe mit mir reden oder ist es schlecht?"

"Nein, natürlich. Was ist los?"

"Franca wird hierher kommen. Und einige andere Partnerinnen und Partner auch. Aber Franca hat mir schon geschrieben. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn ihr aufeinander trefft, und sie es weiß, dann weiß ich nicht ansatzweise, wie das nicht eskalieren soll."

"Warte Christian, lass uns das lieber gleich in Ruhe besprechen. Ich war gerade bei Annalena und würde mich jetzt auf den Weg zurück machen. Ich glaube, dann muss ich auch mal schauen, ob Andrea mir geschrieben hat. Bis gleich."

Und schon hatte Robert aufgelegt. Etwas enttäuscht und unfassbar nervös legte Christian sein Handy wieder weg und fragte sich, wann Franca wohl ankommen würde. Und was er ihr dann sagen würde. Nichts sagen? Ihr sagen, dass er sich trennen will? Ihr die Gründe dafür geben? Einfach vor ihr weglaufen? Christian hatte keine Idee. Auch wenn er wusste, dass es eigentlich nur eine richtige Antwort gab. Nämlich Franca die Wahrheit zu sagen. Aber gerade fühlte er sich absolut nicht in der Lage, das zu tun. Und wenn Andrea auch noch kommen würde? Wie sollte er damit auch noch umgehen? Er merkte immerhin immer stärker, dass er ein ganz komisches Gefühl hatte, wenn Robert wieder mal über sie sprach. Wenn er wieder den Gedanken fasste, dass Andrea und Robert verheiratet waren, währenddessen er nur ein Zeitvertreib für ihn war. Dieser Gedanke störte ihn immer mehr und mehr. Obwohl er doch genau wusste, dass er jetzt erstmal mit Franca abschließen musste. Und Robert sich niemals von Andrea trennen würde. Aber so langsam konnte er nicht mehr leugnen, dass er Robert wirklich mag. Vielleicht sogar etwas mehr als das.

Es fühlte sich so an, als ob Stunden vergangen wären, bis Robert ihm gegenüber stand und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen drückte. Was war nur los mit Robert? Sie hatten doch immerhin Gestern ihre Situation geklärt. Auch wenn Christian aus bestimmten Gründen nicht mehr so ganz glücklich damit war.

"Hey, wie war es bei Annalena? Wie geht es ihr? Und wie geht es dir?", fragte Christian nachdenklich. Vielleicht auch, um von der restlichen Situation abzulenken.

"Ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Aber natürlich ist sie noch total erschöpft und bleibt erstmal im Krankenhaus. Aber sie hat wohl einiges direkt mal mit Daniel und Linda geklärt. Die sind beide noch bei ihr. Und ich bin unfassbar erleichtert, dass ich mit ihr reden konnte. Also da müssen wir uns jetzt keine großen Sorgen mehr machen. Anderes bereitet mir größere Sorgen. Andrea kommt auch. Und Claudia wusste zu berichten, dass sonst wohl noch Marco's Frau und Lars' Frau kommen wollen. Ich verstehe es nicht so ganz, immerhin ist uns ja nichts passiert. Aber gut, das kann man ihnen wohl nicht mehr ausreden."

Christian musste schlucken. Andrea würde kommen. Und damit war er bei Robert wohl erstmal wieder abgeschrieben. Und so ganz fair fand er das eigentlich nicht. Immerhin würde er sich auch von Franca trennen. Aber gut, sie waren auch in vollkommen verschiedenen Situationen. Aber trotzdem. Gerade fand Christian gar nichts fair!

"Wie sollen wir damit umgehen? Wie sollen wir uns verhalten?", fragte er deshalb mit einem durchaus genervten Unterton.

"So wie wir es normalerweise vor anderen auch tun? Immerhin musst du erstmal mit Franca reden und ich sollte Andrea wahrscheinlich auch davon erzählen. Aber solange die beiden hier sind, sollten wir uns wohl nichts anmerken lassen. Ich denke, das wäre am besten."

"Hmm", gab Christian nur von sich. Das war nicht so wirklich das, was er sich erhofft hatte. Aber es war wohl das einzig realistische Szenario.

"Du wirst es Franca doch erzählen, oder? Oder willst du einen auf heile Welt machen?", bohrte Robert dann auch nach. Er merkte genau, dass Christian drauf und dran war, einen Rückzieher zu machen.

"Würdest du mir das denn vorwerfen? Immerhin ist das wirklich nicht einfach. Und wenn hier jemand einfach so weitermacht, dann bist das ja wohl du! Egal was passiert, ich werde doch eh immer nur ein Zeitvertreib für dich bleiben. Und du wirst immer Andrea haben. Ich werde niemanden haben, wenn ich mich jetzt von Franca trenne!"

"Ist das dein Ernst? Gestern meintest du doch noch, dass du erstmal Zeit brauchst, um mit Franca abzuschließen. Du hast gesagt, dass es für euch keine Zukunft gibt. Und du hast gesagt, dass du trotzdem damit glücklich bist, wenn wir es so laufen lassen, wie es jetzt ist. Außerdem hast du ausgeschlossen, dass wir jemals eine Beziehung haben könnten. Das alles hast du gesagt! Nicht ich. Und jetzt wirfst du mir vor, dass ich an Andrea festhalte? Dann tu doch mit Franca, was du möchtest. Es ist dein Leben. Wenn du mit ihr weitermachen willst, dann tu das. Ich werde dir nicht im Weg stehen.", entgegnete Robert aufgebracht. Und auch irgendwie verletzt. So fühlte sich auch Christian.

"Nein, so meinte ich das doch gar nicht! Verdammt Robert, ich habe mich in dich verliebt. Und ich würde am liebsten nur noch bei dir sein, nicht bei Franca. Aber ich kann und will das nicht, solange das nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Solange du glücklich mit Andrea bist. Das wollte ich sagen. Dass ich es nicht ertragen kann, mit Franca Schluss zu machen, wenn du gleichzeitig noch Andrea hast. Und ich nur die Nummer 2 bin."

Gestern hatte Christian noch anders gedacht. Oder zumindest anders gesprochen. Aber jetzt war es irgendwie anders. Die Tatsache, dass er mit Franca und Andrea konfrontiert werden würde. Vielleicht hatte ihn das zum Umdenken oder einer Einsicht gebracht.

Was Robert dazu wohl sagen wird?

Und noch eine Frage, rein aus Interesse an euch allen: Welchen politischen Richtungen gehört ihr eigentlich so an bzw mit welchen Parteien sympathisiert ihr?

Manchmal hab ich ein wenig Angst, dass bestimmte Parteien hier zu schlecht weggekommen, deshalb würde mich so ein Bild mal interessieren und ich würde mich über Antworten freuen :) Dankeschön und danke fürs Lesen!

Fahrt ins UngewisseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt