Dream With Me

6 ~ Liebende Familie

Obwohl Cassandra keine begabte Conex war, fiel ihr die Verbindung zu ihrer Schwester sehr leicht. Ihre Urgroßmutter Myrtha hatte immer gesagt, dass die beiden Mädchen eigentlich Zwillinge sein könnten, so eng waren sie miteinander verbunden. Auch an diesem Tag war es für Cassandra einfach, behutsam am Bewusstsein ihrer Schwester anzuklopfen.

Nur Sekunden später fühlte sie Maries Anwesenheit in ihrem Kopf und sah das lächelnde Gesicht ihrer Schwester. „Cassie, endlich. Ich habe mir schon Sorgen gemacht."

„Mir geht es gut", versicherte Cassandra und lächelte. Maries Bewusstsein fühlte sich an wie ein Frühlingstag, sonnig und mit dem Versprechen auf einen herrlichen Sommer. Bei jeder Gelegenheit, die sie sich telepathisch unterhielten, wusste Cassandra, warum die Kinder in der Schule sich so zu Marie hingezogen fühlten und sie liebten.

„Das freut mich zu hören." Dennoch nahm Cassandra den leisen Hauch von Zweifel wahr, der diesen gedachten Worten anhaftete. 'Sie macht sich nur Sorgen um dein Wohlergehen', dachte sie und versuchte damit die leise Wut in sich zu beruhigen. Nichts hasste sie mehr, als von anderen kontrolliert oder überwacht zu werden.

Um Marie weiter zu beruhigen sagte sie: „Die Reise verlief hervorragend und Raphael und ich haben uns bereits wieder eingelebt."

Augenblicklich entspannte sich Maries Gesicht und ihre grünen Augen funkelten. „Und was ist der Grund, dass du so aufgewühlt bist?"

Ein Seufzen entwich Cassandra. „Ich kann einfach nichts vor dir verheimlichen nicht wahr?", fragte sie, lächelte. Sie hätte sich gar nicht erst der Illusion hingeben dürfen, dass ihre Schwester den lauernden Sturm in ihrer Seele nicht bemerkt hatte.

Unerwartet fühlte Cassandra eine weitere Person, die sich in ihre geistige Unterhaltung drängte.

„Was willst du verheimlichen?", fragte ihre Mutter und lächelte sie liebevoll an. Ari Sileri mochte eine kleine, zierliche Person wie Cassandra sein, doch ebenso wie ihre Tochter besaß die Emendi eine kaum zu übersehende Energie und Präsenz.

„Hallo Mama", grüßte Cassandra. Manchmal war es anstrengend, sich in ihrer Familie vertraulich zu unterhalten. 'Wenigstens lauscht Vater nicht', dachte sie in einem Teil ihres Gehirns, den die beiden Frauen nicht erreichen konnten.

„Cassie wollte gerade erzählen, was der Grund dafür ist, dass sie so unruhig ist", warf Marie ein und sah zu ihrer Mutter. Sie hob eine dunkelrote Augenbraue und musterte Cassandra sofort mit einem lauernden Blick.

Diese hob abwehrend die Hände und erklärte: „Ich bin lediglich aufgebracht über jemanden, nicht instabil. Ich werde Effero nicht in eine Ruine verwandeln." Es wäre lustig gewesen, wenn Cassandra nicht wirklich dazu in der Lage gewesen wäre.

Dennoch wurde der Blick ihrer Mutter weicher und sie fragte: „Es stört dich doch nicht, wenn ich mit euch plaudere?" Wie von selbst musste Cassandra lächeln. Sie liebte ihre Mutter über alles und hatte schon oft dankbar daran gedacht, was für eine wunderbare Familie sie hatte. Die Präsenz ihrer Mutter in ihren Gedanken kam einem lauen Herbstabend gleich, farbenfroh und lebendig.

Tief atmete sie ein und fühlte, wie ihre Stimmung deutlich abfiel. „Gestern Abend hatte Warren Besuch von Jendrik Arragan."

„Oh", murmelte Marie und Ari verzog missbilligend das Gesicht. „Tut mir leid Schatz, hätte ich das gewusst, hätte ich dich nicht verdächtigt die Kontrolle zu verlieren. Selbst der großherzigste und gutmütigste Mensch würde bei diesem Mann schlechte Laune bekommen." Augenblicklich fühlte Cassandra sich leichter.

„Aber das war nicht alles, seine Kneifzange von Emendi und sein nichtsnutziger Enkel haben ihn begleitet." Bei den Gedanken an Joakim Arragan wallte Finsternis in Cassandras Bewusstsein auf. Dieser Mann hatte etwas an sich, dass ihre niedersten Emotionen wachrief. Pochend fühlte sie die Wunde der damaligen Demütigung. Halb war sie froh darüber, dass sich ihre Magie im Moment auf die Erhaltung der Verbindung zwischen sich und ihrer Familie konzentrierte. Ansonsten hätte es passieren können, dass sie ungewollt telepathisch aktiv wurde.