17 ~ Entscheidende Ereignisse

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„Sieh mal einer an." Raphaels Worte, obwohl sie gemurmelt waren, schnitten in Cassandras Gedanken und sie sah sich irritiert nach ihrem Freund um. Irgendetwas an seinem Tonfall sagte ihr, dass gleich etwas passieren würde – ob gut oder schlecht konnte sie noch nicht sagen. Bevor sie Raphael nach dem Grund für diesen ominösen Satz fragen konnte, hob dieser einen Arm und rief laut: „Hey, Joakim!"

Ihr Herz machte einen Satz, während ihre Augen nach dem Mann suchten. Und tatsächlich, nur wenige Meter von ihnen entfernt stand er an einer Hausecke und sah zu ihnen herüber. Aus dem Augenwinkel bemerkte Cassandra, dass Raphael ihn zu ihnen winkte. Ohne sich um ihre Manieren zu scheren, starrte sie ihn an und schlüpfte in die äußere Schicht seiner Gedanken.

„Was tust du da?", zischte sie ungehalten. Der Tag war bisher so friedlich verlaufen, selbst dass ihre Eltern da waren, hatte Cassandra nicht wirklich gestört. Sie würde es niemals zugeben, doch es wärmte sie innerlich, dass es Menschen gab, die sich Sorgen um sie machten und denen ihr Wohlergehen am Herzen lag.

Raphael sah zu ihr hinunter und seine braunen Augen funkelten vergnügt. „Ich möchte meinem neuen Freund einen Guten Morgen wünschen."

Am liebsten hätte Cassandra ihn für diesen Satz getreten, doch da hatte bereits Joakim Arragan sie erreicht. Den kindischen Impuls hinunterschluckend, drehte sie sich zu ihm um und versuchte sich an einem Lächeln.

'Gestern hast du dich doch auch ganz normal mit ihm unterhalten können', sagte sie sich und bemerkte dennoch, wie sie innerlich auf Abstand ging. Sie fühlte sich in seiner Nähe angreifbar, weil sie ihm gestattet hatte in ihren Kopf zu gelangen. Cassandra spürte deutlich das Interesse ihrer Mutter, als Joakim vor ihnen stehen blieb.

„Guten Morgen Joakim", sagte Raphael neben ihm und gab den Perveo die Hand.

„Euch auch einen guten Morgen." Joakims Augen huschten durch die Runde, blieben jedoch an Cassandra hängen. Deren Nackenhaare stellten sich auf, doch den genauen Grund konnte sie nicht benennen. Die Augenblicke verstrichen und erst als Warren sich hinter ihr vernehmlich räusperte, schaffte es Cassandra sich an ihre Manieren zu erinnern.

Mit einem flauen Gefühl im Magen wandte sie sich an ihre Eltern. „Mama, Papa, das ist Joakim Arragan, der Nachfolger des Zunftmeisters der Perveo. Joakim, das sind meine Eltern Ari und Gregori Sileri." Mit gemischten Gefühlen beobachtete sie, wie Joakim erst ihrer Mutter und anschließend ihrem Vater die Hand reichte.

'Ob er wohl diese Bekanntschaft angestrebt hat?' Der Gedanke schnitt mit einem eigenartigen Schmerz durch ihren Geist.

„Wohin sind Sie denn schon so früh am Morgen unterwegs?", fragte ihre Mutter. Ihr Lächeln war warmherzig und hätte Cassandra sie nicht so gut gekannt, hätte sie nie das eigenartige Funkeln in den hellen Augen bemerkt. Sie musste irgendetwas gefühlt haben, als sie die Hand des Perveos geschüttelt hatte.

Cassandra riss sich von diesen Gedanken los und lauschte stattdessen Joakims Antwort. „Außerhalb der Stadt gibt es eine Baustelle, auf der heute meine Hilfe nötig ist."

„Dann vertreten Sie sozusagen Ihren Großvater dort?", fragte Gregori.

Unbehagen huschte über Joakims Gesicht, ehe er antwortete: „Ja, sozusagen." Unmittelbar lud sich die Atmosphäre zwischen ihnen mit Spannung auf, die Cassandra eine Gänsehaut verursachte.

„Wollt ihr nicht hereinkommen? Ihr wollt euch sicher von der Reise ausruhen." Erwartungsvoll sah Cassandra ihre Eltern an. Aus einem verrückten Grund, über den sie lieber nicht weiter nachdachte, wollte sie nicht, dass ihr Vater anfing Joakim zu sezieren. Eine hässliche Angewohnheit von ihm, wenn es um Fremde ging – vor allem um fremde, junge Männer in der Nähe seiner Töchter.

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