11 ~ Persönliche Geheimnisse

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Joakim hätte niemals gewettet, dass über eine einfache Türschwelle zu gehen, solche Überwindung kosten würde. Dennoch stand er unschlüssig vor dem weißgetünchten Gebäude und haderte mit sich, hinein zu gehen. Er wusste was er wollte und konnte sich doch nur schwer dazu durchringen.

'Sie ist nur eine verdammte Halbemendi, kein Feuer speiender Dämon', dachte er wütend und musste doch an all die Horrorgeschichten denken, die man sich über Cassandra Sileri zuflüsterte. Unberechenbar, aufbrausend und mit ihrer Magie nicht im Reinen stellte sie eine Gefahr für die Allgemeinheit und besonders für die Menschen in ihrer Nähe dar. Für Joakim kam erschwerend hinzu, dass sie ihn nicht leiden konnte.

„He da unten, brauchen Sie Hilfe?" Irritiert blickte er sich um, ehe er nach oben sah. Ein Stockwerk über ihm beugte sich eine Frau mit wirren Locken aus einem geöffneten Fenster und maß ihn mit kritischem Blick.

„Nun, vielleicht", erwiderte er ausweichend und trat einen Schritt zurück, um sich nicht den Hals zu verrenken.

Unvermittelt erschien ein Lächeln auf dem Gesicht der Mederi. „Oh, der junge Arragan."

„Guten Tag Ms Volares", grüßte Joakim und erwiderte das freundliche Lächeln. „Ist eine gewisse Cassandra Sileri bei Ihnen?"

Einige Augenblicke war es still, ehe Ms Volares rief: „Kommen Sie rein."

Der Geruch von getrockneten Kräutern und antiseptischer Salben schlug Joakim entgegen, sobald er in den Flur des Krankenhauses getreten war. Erinnerungen stürmten auf ihn ein, vor seinem inneren Auge sah er all die Männer, die er schon mit allen möglichen Verletzungen hierher gebracht hatte. Joakim hatte es immer als seine persönliche Verantwortung gesehen, die Unfallopfer seiner Baustellen selbst her zu bringen.

Darum wusste er auch, wo die Treppen ins Obergeschoss lagen und doch blieb er einen Augenblick überrascht stehen. Vor ihm kam ein kleiner Junge die Treppen heruntergehüpft, ein übermütiges Lächeln auf den Lippen.

'Normalerweise weinen Kinder hier immer', dachte er und sah dem Kleinen neugierig hinterher.

„Ist es nicht schön, wenn sie wieder lachen können?", fragte Ms Volares, die nun am oberen Treppenabsatz stand.

Joakim nickte und fragte interessiert: „Was hatte er denn?"

„Doppelter Oberschenkelbruch."

Mit wenigen Schritten stand er neben der Mederi, die ihm gerade bis zu den Schultern reichte. „Nun, dann hat er wirklich allen Grund zur Freude, wenn er eine Woche hier war."

Ein kleines Lächeln verzog den Mund der Frau und Joakim sah den Schalk in ihren Augen funkeln. „Nein, der kleine Fratz ist erst heute Morgen vom Baum gefallen."

'Das ist unmöglich', dachte Joakim. Er wusste aus der einen oder anderen Selbsterfahrung, dass Mederi Brüche niemals auf einmal heilten. Es zehrte zu sehr an den Kräften ihrer Emendi und falls ein Notfall eintreten sollte, wären deren Magiereserven vollkommen erschöpft. Aber noch bevor Joakim die Heilerin das fragen konnte, drehte sie sich um und winkte ihn hinter sich her.

„Kommen Sie, Sie wollten doch zu der jungen Lady."

Unschlüssig folgte Joakim ihr den Gang hinunter. Doch er hatte kaum zwei Schritte getan, als ein geradezu elektrisierendes Prickeln über seine Haut strich und ihm einen Schauer den Rücken hinunterjagte.

'Hier ist eindeutig Magie im Spiel – viel Magie.' Als sie schließlich an einem der Krankensäle ankamen, war Joakim von unbändiger Neugier gepackt.

„Warten Sie einen Augenblick hier", wies die Mederi ihn an und trat hinter einen der vielen Vorhänge. „Cassie, da ist ein Freund von dir."

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