29 ~ Am Krankenlager

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Die Sekunden vergingen, wurden zu Minuten und mit jedem Lidschlag wurde Raphael nervöser. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als Warren zu ihm gekommen war und ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dass am Himmel über Effero eine gewaltige Rauchsäule aufstieg. Auch ohne die Magie eines Emendis hatte er sofort gewusst, das Cassandra dort war und in höchster Gefahr schwebte.

An den Weg zu dem brennenden Haus konnte Raphael sich schon gar nicht mehr erinnern, nur daran, dass er sofort Kontakt mit dem hiesigen Conex aufgenommen und ihm von dem grässlichen Schauspiel berichtet hatte. Mittlerweile hatten sich zahllose Helfer und die Brandwache an dem Gebäude eingefunden – doch von Joakim oder Cassandra keine Spur.

Eine brünette Frau mit ausladenden Hüften kam auf ihn zu gerannt und erst auf den letzten Metern erkannte Raphael Leni, die Heilerin aus dem Krankenhaus. Schwer atmend blieb sie neben ihm stehen, hinter ihr ein unscheinbarer Mann, der der Emendi der Mederi sein musste.

„Was ist hier... passiert? Gibt es Verletzte?", japste sie und sah ihn mit ihren blauen Augen eindringlich an.

Aber noch bevor Raphael antworten konnte, durchzuckte ein lautes Krachen die Luft. Gehüllt in einen glühenden Funkenregen trat eine breitschultrige Gestalt aus den Flammen.

„Gute Güte!", entfuhr es Leni und sie rannte auf den Mann zu. Schwankend kam dieser einige Schritte vor Raphael zum Stehen. Ruß verschmiert und ungesund blass sah Joakim ihm entgegen, die bewusstlose Cassandra in Armen.

Mit routinierten Bewegungen strichen die Mederi und der Emendi über die Körper der beiden, während sich Raphael schrecklich unnütz vorkam. Nur am Rande bekam er mit, dass die ersten Feuerwehrmänner begannen das Feuer zu löschen. Seine Aufmerksamkeit war hingegen auf seine Freundin und den jungen Perveo gerichtet.

„Raphael, was ist passiert?", ertönte die Stimme seiner Schwester in seinem Kopf.

„Freya, Cassie ist verletzt worden und bewusstlos."

Deutlich fühlte er die Furcht und Anspannung der anderen. Ein weiterer Geist gesellte sich hinzu. „Wie ernst ist es?"

Überrascht stellte Raphael fest, dass es sich um Cassandras Onkel Silas handelte. Nur wage erinnerte er sich daran, dass Ari ihm letzte Woche erzählt hatte, dass die beiden zu Besuch aus Resska nach Drijra gekommen waren.

Gern hätte Raphael dem Emendi eine bessere Nachricht gemacht, doch Lenis verspanntes Gesicht sagte alles. „Sehr ernst."

Unerwartet drängten sich drei weitere Bewusstsein in sein Gehirn und er glaubte, sein Schädel müsse bersten. Ari, Gregori, sein Vater und selbst Cassandras Großmutter aus der Emendiwelt vernetzten sich ebenfalls mit ihm und fragten wirr durcheinander, was passiert sei.

Letztendlich war es Marie, die für Ruhe sorgte.

„Still!", verlangte sie, ehe sie sich an Raphael wandte. „Wir kommen unverzüglich nach Effero." Damit riss die Verbindung und Raphael fasste sich an seinen Kopf, der schmerzhaft pochte. Während er von der telepathischen Verbindung vollkommen vereinnahmt gewesen war, hatte sich Joakim erhoben und neben ihn gestellt.

Falls es überhaupt möglich war, sah er noch finsterer drein, als Raphael ihn je gesehen hatte.

„Es ist alles meine Schuld."

„Unsinn", widersprach er und sah den Perveo entgeistert an. „Du hast sie doch dort herausgeholt."

Joakims Gesicht verzog sich zu einem hässlichen Lächeln und seine Augen wirkten erschreckend leblos, als er zu ihm herüber sah. „Ja, das ist schon möglich."

Bevor Raphael die Gelegenheit hatte zu fragen, was in aller Welt das zu bedeuten hatte, trat Leni vor ihn und verkündete: „Cassandra ist außer Gefahr. Sollen wir sie mit ins Krankenhaus nehmen?"

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