Kurz bevor ihr endgültig die Sinne schwanden, passierten mehrere Dinge gleichzeitig.
Ihr zuckenden Hände fanden den Dolch in ihrem Gürtel und mit letzter Kraft riss sie ihn heraus und stach blindlings in die Richtung ihres Angreifers.
Francis zuckte zurück, als er den kalten Stahl spürte und stieβ sie von sich.
Zur selben Zeit krachte etwas im Unterholz und ein Schatten warf sich auf Francis, rollte mit ihm durch den Dreck und hielt ihn schlieβlich ein paar Meter von Esmeralda entfernt am Boden fest.
Esmeralda rang nach Luft, sie sog soviel davon ein wie möglich und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Sie hielt das blutige Messer noch umklammert und versuchte zitternd auf die Beine zu kommen.
Der Kapitän lag rücklings auf dem Boden, sein linker Arm brannte wie Feuer und er spürte wie das Blut aus der Wunde lief und im Gras versickert. Über ihm lag Jesse, er hielt seine Handgelenke umklammert und nahm ihm jede Bewegungsfreiheit. Francis atmete schwer und versuchte, seinen Maat von sich wegzuschieben.
"Versuch es erst gar nicht." knurrte dieser. "Esmeralda?"
"Ja. Ich bin... in Ordnung. Denke ich."
Jetzt lieβ er ihn doch los. Francis drehte sich zur Seite und schloss die Augen. Ihm war klar, dass er groβes Glück gehabt hatte. Er glaubte kaum, dass Esmeralda gezögert hätte, ihm das Messer zwischen die Rippen zu jagen. Vermutlich hatte Jesse ihm das Leben gerettet.
"Kann man euch keine fünf Minuten allein lassen?"
Esmeralda hielt sich den Hals auf dem man deutliche Würgemale erkennen konnte. Ihre Stimme kam krächzend, aber sie versuchte die Worte herauszubringen. Sie deutete mit dem Messer auf Francis, der sich immer noch nicht rührte.
"Fass mich nicht noch einmal an, sonst werde ich sicher genauer treffen. Vielleicht war es ein Fehler, vielleicht war diese ganz verrückte Idee nur ein dummer Fehler von mir. Ich hätte dich bei Karvanté verrotten lassen sollen!"
Die Stille war absolut. Jesses Blick wanderte zwischen den Beiden hin und her. Er hatte sich auf die Suche nach seinem Kapitän gemacht, nachdem dieser schon eine ganz Zeit verschwunden war und sich keiner so ganz sicher sein konnte, wie stabil sein Zustand war. Er war nicht auf die Szene vorbereitet, in die er da gestolpert war.
"Vielleicht hast du Recht." Die Düsternis in seiner Stimme lieβ Jesse erschaudern.
Francis erhob sich langsam, den verletzten Arm umklammert. "Vielleicht wäre das besser gewesen."
Er drehte sich um und ging. Nicht zurück zum Schiff, sondern tiefer in den Wald, ohne die anderen noch eines Blickes zu würdigen.
Jesse trat zu Esmeralda und half ihr auf die Beine. Sie stand noch wackelig, konnte sich aber aus eigener Kraft halten.
"Du weiβt, das ich ihn nicht alleine verschwinden lassen kann."
Sie nickte. "Ich komme zurecht.
Ich... ich habe nicht alles so gemeint, wie ich es gesagt habe. Ich hätte es besser wissen müssen, aber ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass er mich gleich so zum Schweigen bringen würde."
"Ich will es nicht wissen, Esmeralda. Aber vielleicht solltest du in Zukunft lernen, zur rechten Zeit den Mund zu halten."
Jesse lieβ sie stehen und eilte seinem Freund hinterher.
Er war nicht weit gekommen. Tatsächlich floβ in ein paar Metern Entfernung ein kleiner Bach durch den Wald, an dessen Rand Francis nun saβ und offensichtlich vor sich hin brütete. Sein linker Ärmel war mittlerweile rot verklebt, aber er schien es gar nicht wahrzunehmen.
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Piratenblut
AventuraFrancis Drake saß auf dem Boden der Gefängniszelle, die Hände im Schoß und den Kopf gegen die Wand gelehnt. Jesse hatte sich auf der Pritsche in der Zelle gegenüber ausgestreckt, stand jetzt jedoch auf und trat ganz nah ans Gitter heran. "Wenn du n...