"Und der diesjährige Ballkönig ist..."
Sie trieben die Spannung auf den Höhepunkt. Zumindest entdeckte ich Frauen um mich herum deren Augen leuchteten wie kleine Sterne in diesem schummrigen Licht."Dave Cooper!" Nun fiel mir doch die Kinnlade hinunter. Wir hatten alle etwas anderes erwartet. Die ganzen Frauen suchten Preston in der Menge. Er saß mit dem Rücken zum Geschehen, an einem der runden Tische und kippte gerade den ganzen Inhalt seines Lachmanns seinen Rachen hinunter.
Louisa neben mir erwachte mittlerweile und klatschte dem diesjährigen Ballkönig zu. Dave war eine Zeitlang unser Freund, doch die letzten Monate meldete er sich nicht mehr. Er erschien genauso überraschend in unserem Leben, wie er auch wieder verschwand. Isi schien das nicht zu stören, denn sie pfiff dem jungen Mann, dem gerade eine Krone aufgesetzt wurde laut zu.
Mir fiel auf, dass kaum ein anderer jubelte, bis auf meine Freundin. Es schien meinen Mitschülern sogar zu missfallen.
"Hätte ich gewusst, dass diese Bitch den ganzen Schulhof mit ihren Titten tapeziert, hätte ich ihm niemals meine Stimme für dieses verschwommene Foto gegeben."
Es kam von der Jungsgruppe direkt vor mir.Meine Spucke blieb mir im Hals stecken und nur ein Gedanke manifestierte sich in meinem Gehirn. Es war Dave?! Natürlich war es Dave! Er hatte sich in wenigen Wochen eingeschleimt, private Informationen erhalten und er war Preston so nah, dass er ohne Probleme sein Passwort knacken konnte. Innerlich kochte ich, ähnlich wie sprudelndes Wasser im Topf, doch ich nahm mich selbst vom Herd.
Isi hatte offensichtlich nichts von dem Debakel mitbekommen. Sie feierte immer noch diesen Widerling.
Ich beschloss nichts zu sagen. Aus irgendeinem Grund hatte Dave nie einen richtigen Platz in meinem Herzen eingenommen. Scheinbar funktionierte mein Urteilsvermögen doch besser als gedacht. Dieser Mann nahm mir gar nichts, viel mehr schenkte er mir den Mut zu mir zu stehen und über diesem wertlosen Gerede.
Viel mehr musste ich selbst applaudieren. Chloe wurde zur Ballkönigin ernannt und während ihr König seine Arme für sie öffnete, blickte sie ein letztes Mal wehleidig zu Preston.
Der bekam nichts mit. Seitdem Isi und ich in der dekorierten Sporthalle angekommen waren, saß Preston an diesem Tisch und starrte auf die weiße Tischdecke. Die Bühne, seine ganze Abschlusszeremonie spielte sich hinter seinem Rücken ab. Es bedeutete ihm nichts. Alles was von ihm übrig war, war sein gebrochenes Herz. Und wie sollte es heilen, wenn er an mir hing, der Frau, die seinen Bruder liebte. Konnte man seinen besten Freund als wahren Freund bezeichnen, wenn dieser sein Handy gestohlen hatte, um Nacktbilder von seiner Freundin weiterzuschicken?
Was besaß Preston überhaupt, bis auf seine Adels-Regeln, die ihn irgendwann noch in den Wahnsinn treiben würden.Es gab wahrscheinlich nichts mehr, was ich für diesen Mann noch nicht empfunden hatte. Von Bewunderung zu Liebe, über Hass und letztendlich empfand ich Mitleid.
"Isi, entschuldigst du mich bitte kurz?" Sie zog ihre Nasenflügel angeekelt empor. "Ja, ich muss sowieso aufs Klo. Kotzen." Die netten Worte widmete sie wohl dem tanzenden Königspaar, oder genauer gesagt Chloe.
Ich ging zielstrebig auf meinen Ex-Freund zu.
"Der Tanz wäre unter anderen Umständen unserer gewesen. Darf ich also bitten?" Meine Finger streckten sich in sein Sichtfeld. Sekunden vergingen bis seine Haut endlich die meine berührte. Preston stand auf, schob meinen Arm unter seinem Ellenbogen hindurch und navigierte mich im Anschluss Richtung Tanzfläche.
Der goldene Tüll ergoss sich wie ein Sternenmeer in den abgedunkelten Saal. Das Glitzer nahm jeden kleinsten Lichtstrahl mit sich, so wie Preston mich einmal um meine eigene Achse wirbelte. Ich fühlte mich so unglaublich schön. Fast wie Belle aus 'die Schöne und das Biest'.
Preston hielt seine Hand über meiner Taille, während er seine Worte direkt vor mein Ohr setzte.
"Du musst zugeben, dass ich Recht hatte, Cheri." Die ruhigere Melodie und der langsame Takt erlaubten mir, ihn zu verstehen. Nur hinter den Sinn seiner Aussage kam ich nicht."Wie meinst du das?", bat ich um eine Erklärung.
"Sieh dich an." Noch einmal schob er mich von sich, behielt nur meine Hand in seiner. "Du lässt gelb wie Gold aussehen. Du forderst einen Mann zum Tanzen auf. Du nimmst die Dinge selbst in die Hand. Du hast unsere Trennung überlebt und bist stärker denn je. Mit mir warst du nie so, Vi."
Mir blieb dem nichts zuzufügen. Ich begann selbst die Frau zu lieben, die aus dem kleinen unsicheren Mädchen geworden war.
"Jetzt sieh mich an. Stets betrunken, stets traurig und ohne Ziele."
In seinen Augen loderte immer ein Licht, dass ich in drei Jahren versuchte zu finden, leider vergeblich. Doch an jenem Abend war da nur die Dunkelheit. Ich fiel um seine Mitte und drückte meine Arme um ihn. Ich wollte ihm die Sicherheit schenken, die er mir während unserer Beziehung gab.
"Werde deine miesen Freunde los, vor allem Dave! Distanziere dich von den Vorschriften deiner Familie und versuche deinen eigenen Weg zu finden!"
Ich sah von seiner Brust auf. Unsere Blicke trafen sich erneut. Preston wirkte nicht sehr überzeugt, ja beinahe schon belustigt. "Wenn du in meiner Nähe bist, dann weiß ich, dass ich das Beste bereits verloren habe."
Das verpasste mir einen Stich. Einen Stich, den ich still schweigend ertragen musste. Wir hatten es vermasselt, unserer Liebe irreparable Schäden hinzugefügt. Eigentlich kommt es nicht auf die Größe der Fehler an. Es ist vorbei, wenn man merkt, dass es ohne den anderen besser läuft. An dieser Tatsache konnte ich nichts mehr ändern, auch wenn ich den Mann vor mir noch liebte.
Zwischen den Tanzenden blieben wir stehen. Preston wischte mir eine Träne von der Wange. "Mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde in Paris studieren. Der Flieger geht in sechs Wochen. Dort werde ich nochmal von vorne beginnen."
Dann würde er komplett aus meinem Leben verschwinden. Wir waren wie die Sterne am Himmel. Nur noch eine Erinnerung, die irgendwann mal existierte.
"Aber unser Dachfenster über dem Badezimmer wird dir immer offen stehen."
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My Boyfriend's Brother
Genç KurguWer die Menschen so behandelt, wie sie sind, der macht sie damit schlechter. Wer aber die Menschen so behandelt, wie sie sein könnten, der macht sie damit besser. _____________________________________ Ich, Vienna hatte den ultimativen Plan, um ihn z...