ACHTUNDZWANZIG

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SARINA

Als ich vor dem Nachtschrank meines Mannes stehen blieb, konnte ich mir ein teuflisches Grinsen nicht unterdrücken. Würde er von meinem Vorhaben erfahren, würde er ausrasten. Mich vor Wut anbrüllen, mir wieder blaue Flecke am Oberarm zufügen oder etwas anderes. Bei ihm wusste man nie. Dabei kam niemand bei meiner Aktion zu Schaden. Hoffte ich.

Es war gut für mich, dass Iván sich weiterhin im Gefängnis befand. Wäre er dort nicht gefangen, hätte ich nun nicht seine zweite Pistole aus der Schublade seines Nachtschranks holen können. So lebensmüde war ich dann doch wieder nicht.

Die Beretta in meinen Händen, die ich zufälligerweise gestern beim Herumschnüffeln fand, steckte ich in die Tasche meines Bademantels.

Aus Langeweile tat man verschiedenste Dinge, darunter zählte, sich genauer umzusehen. Was mein jetziges Vorhaben betraf? Ich tat es nicht aus Langweile, sondern aus Spaß daran und einem Überzeugungsversuch. Hofften wir mal, mein Plan ging auf. Die Frage lautete: Für die betroffenen Personen oder mich? Vielleicht auch beide Parteien.

Meine Schwäger waren ... Iván in nicht ganz so furchteinflößend und mit weniger Aggressionsprobleme. Glaubte ich zumindest. Bis jetzt erlebte ich sie nicht aggressiv.

Dass sie alle nicht ganz ohne waren, war mir bewusst. Sie waren Mörder, folterten Menschen und machten vieles mehr. Trotzdem wirkten sie auf mich nicht ansatzweise so gefährlich wie Iván. Der Schein trog. Egal wie man es drehte und wendete, jeder Mann der Familie, ob meine Schwäger, mein Schwiegervater oder mein Ehemann, alle waren unberechenbar. Man sollte sich nicht mit ihnen anlegen.

Ich machte mich auf die Suche nach meinen Schwägern. In ihren Schlafzimmern bezweifelte ich, sie zu finden. Um diese Uhrzeit waren sie entweder in ihren Büros, im Fitnessraum oder in der Stadt, wo sie ihren Tätigkeiten nachgingen. Meine Vermutung lag bei den Büros.

Die Männer gingen ihren täglichen Arbeiten mit Gott weiß was nach oder versuchten weiterhin alles, um Iván aus dem Gefängnis zu bekommen. Von mir aus konnte er länger hinter Gittern bleiben.

Ich wusste nicht genau, wo die einzelnen Büros waren. Ich nahm einfach mal an, sie befanden sich in der Nähe von Iváns Büro.

Mit jedem weiteren Schritt, den ich vorsetzte, wurde mein Herzschlag schneller. Aus Nervosität, Aufregung und einem Hauch Angst. In meinen Fingerspitzen kribbelte es verdächtig. Genauso wie in meinem Bauch. Als würden Schmetterlinge wild durch meinen Körper flattern.

Meine Aktion konnte nicht nur Ärger von Iván bedeuten. Das interessierte mich aber nicht im Geringsten. Meine Schwäger täten mir nichts. Das übernahm Iván höchstpersönlich.

Mitten im Flur, kurz vor dem Büro meines Mannes blieb ich stehen. Ich hörte bekannte Stimmen zu meiner Linken. Deshalb atmete ich tief durch. Nun fing der Spaß an. Hoffentlich.

Ich lief auf die Doppeltür zu, wo ich die beiden Türknäufe umfasste.

Dann lass das Spiel beginnen – sprach ich gedanklich zu mir selbst. Im nächsten Augenblick öffnete ich die Tür mit Schwung. Eins, zwei, drei meiner fünf Schwäger hielten sich in diesem Raum auf. Esteban saß am Schreibtisch – somit waren wir in seinem Büro – und Alvaro und Rico saßen auf jeweils einem Sessel davor. Alle drei hatten abgesehen von ihren marklosen Gesichtern und ihren fabelhaften Körpern eins gemeinsam. Sie schauten mich verwirrt an.

»Was kann ich für dich tun?«, fragte mich Esteban. Natürlich fragte er mich, schließlich waren wir hier in seinem Büro. »Ihr könnt alle drei etwas für mich tun.«

Ohne mir anmerken zu lassen, wie die Nervosität in mir stieg, holte ich die Pistole aus dem Bademantel.

Ich zielte auf die drei Männer. Die Waffe war weder entsichert, noch lagen zwei Finger auf dem Abzug.

Señora Hernández - Der Anfang vom EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt