FÜNFUNDDREISSIG

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SARINA

Er stieg in die Kutsche, setzte sich neben mich und tauschte Worte mit dem Kutscher auf Spanisch aus.

Über was sie redeten?

Iván hob sein Becken an, holte aus der Gesäßtasche etwas raus. Als ich das Portemonnaie sah, verstand ich es. Sie unterhielten sich über das Geld.

Ich hätte den Mann erst später bezahlt. Also mein Ehemann, nachdem er mich fand.

Iván gab dem Kutscher fünf orangene Euroscheine mit der Zahl 50, die er vorhin von seinem Bankkonto abhob. Mit Dollar konnte man in Spanien nicht bezahlen.

Der Mann machte große Augen. Zwar konnte ich seine Sprache nicht, dennoch wusste ich, dass er das viele Geld nicht annehmen wollte. Da mein Ehemann kein Nein verstand und sein Ton keine Widerrede zuließ, erledigte sich die Sache schnell.

Wir fuhren los. Keiner sagte ein Wort. Es war komisch für Iván. Die Möglichkeit bestand, dass er sich erstmal beruhigen wollte. Erst danach würde er mit mir sprechen.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass er meinen Willen akzeptiert hatte. Normalerweise würde ich das nicht behaupten, nur musste ich die Wette berücksichtigen.

Die Kutsche verließ das Festgelände und fuhr die Straßen von Sevilla entlang. Begeistert schaute ich mich um. Es sah wunderschön aus.

Es gab einen Fluss und ein leuchtendes Gebäude in der Ferne. Je weiter wir uns diesem näherten, desto atemberaubender wurde die Aussicht.

Wir kamen an einem Kreisel an. Von dieser Stelle aus hatte man den perfekten Blick auf das Gebäude im Barockstil, dass einem Schloss ähnelte.

Wegen der ganzen Lichter fühlte sich dieser Moment unbeschreiblich schön an. Bei Tag wäre es nicht anders. Aber in der Dunkelheit fand ich persönlich, sahen leuchtende Schlösser und Hochhäuser besser aus. New York City zum Beispiel. Nachts sah die Stadt mit den ganzen Lichtern schöner aus als bei Tag. Oder der Trevi-Brunnen in Rom. Kleinigkeiten machten Großes aus.

»Können wir dort morgen hingehen?« Hoffnungsvoll schaute ich zu Iván. Er antwortete mir nicht, dafür fing er an mit dem Kutscher zu reden.

Nachtragender, beschissener Idiot!

Auf einmal stoppte die Kutsche kurz vor einem anderen Kreisel, an einer Bushaltestelle.

»Komm mit«, sagte Iván, womit er mich verwirrte. »Was wird das?«

»Wir gehen jetzt«, verkündete er mir. »Jetzt?« Er stieg aus der Kutsche, hielt mir seine Hand hin. »Ja. Jetzt komm, wir halten den Verkehr auf.« Ich schaute nach hinten. Drei Autos warteten darauf, dass die Kutsche wegfuhr. Weitere kamen angefahren.

Ich nahm seine Hand entgegen und stieg nicht gerade damenhaft aus. »Warum willst du das heute noch mit mir machen? Wir waren doch auf dem Fest.«

»Weil deine begeisterten Blicke kaum zu übersehen sind.« Man hatte meine Begeisterung gesehen?

»Du übertreibst«, versuchte ich es herunterzuspielen. Er sollte nicht die Genugtuung bekommen, etwas getan zu haben, was mir gefiel. »Dein Strahlen, die neugierigen Blicke und die Aufregung in deinen Augen, sind da anderer Meinung.«

»Du kennst mich nicht, weißt gar nichts über mich. Somit weißt du jetzt ebenfalls nichts«, gab ich bissig von mir. Ich hasste es, wie gut er mich einschätzen konnte.

»Ich weiß eine Menge über dich.«

»Ach stimmt, ich vergaß, dass du mein Leben gestalkt hast, bevor du mich geheiratet hast. Man muss ja sichergehen keine Schlampe zur Frau zu haben. Am besten eine Jungfrau, wie ich.« Ich steigerte mich immer weiter hinein. »Passt doch perfekt zum Deal. Unschuldig, Jungfrau, Jung.«

Señora Hernández - Der Anfang vom EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt