SECHSUNDVIERZIG

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SARINA

Ich schreckte aus dem Schlaf. Verdattert und völlig neben der Spur, schaute ich mich im finsteren Schlafzimmer nach dem klingelnden Wecker um. Es konnte nur einer sein, denn mir kam dieses Geräusch bekannt vor. Als ich vor Wochen unbeschwert mein Leben leben konnte, wurde ich morgens mit dem Geräusch wach. Gleichzeitig wusste ich, heute wurde ein guter Tag.

Weil ich meine Freunde sah.

Nun sah das anders aus. Aufzustehen war eine Qual. Wer stand gerne um 5:00 Uhr morgens auf, um eineinhalb Stunden in die Schule zu fahren? Wenn ich dachte, dass ich wenigstens unbeschwert meine Freunde sehen konnte, hatte ich mich gewaltig geirrt.

Mein Ehemann, mein Schwager und mein schlecht gelaunter bester Freund kamen mir in die Quere.

Ich wollte mir nicht weiter Gedanken über mein beschissenes Leben machen. Gerade gab es Wichtigeres. Der Wecker!

Samstags konnte ich eigentlich ausschlafen. Hiermit wurde mir der Schlaf verwehrt.

Genervt schlug ich die Bettdecke von meinem Körper, stand auf und lief auf das nervtötende Geräusch zu. Nach dem ersten Schritt zog es schmerzhaft zwischen meinen Schenkel. Fuck! Ich wusste es.

Ich lief einfach weiter, ignorierte den Schmerz so gut ich konnte. Vor der Badezimmertür hielt ich inne.

Wieso klingelte ein Wecker im Badezimmer?

Das fand ich wohl gleich heraus. Schulterzuckend riss ich die Tür auf, lief rein und ...

Ich erstarrte. Mein nackter Ehemann stand triefend nass vor dem Waschtisch. In den Händen hielt er sein Handy.

Er schaltete den Wecker aus, doch seine Augen lagen auf mir. Er schaute sich unverblümt meinen Körper an. »So könnte mein Morgen jeden Tag starten. Gut geschlafen?« Auf seinen Lippen lag ein Schmunzeln.

Ich ignorierte seine lockere Art und ließ den Kopf sinken. Seine Aussage machte mich misstrauisch.

Ich bereute es sofort.

Ich war nackt!

Wir waren letzte Nacht direkt schlafen gegangen, ohne uns vorher umzuziehen, zu duschen und Zähne zu putzen.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust, um wenigstens etwas zu verstecken.

»Nein. Und während dein Morgen anscheinend gut gestartet hat, kann man das nicht von meinem behaupten. Erst wurde ich von deinem Wecker geweckt. Jetzt siehst du mich an, als sei ich ein Stück Fleisch, über welches du herfallen willst«, zischte ich.

Er legte grinsend das Handy weg. »Bei diesem Anblick kannst du mir die Vorstellung nicht verübeln. Glaub mir, wenn ich dir sage, ich habe viele Vorstellungen.«

Das glaubte ich ihm aufs Wort.

Er lief zur Regendusche. Ich folgte ihm mit meinen Augen. Sie wanderten über seinen Körper. Über seinen muskulösen Rücken, seinem Knackarsch, seinen trainierten Oberschenkeln ...

»Wenn du zu mir kommst, kannst du anfassen, was immer du willst. So brauchst du nicht nur starren«, meinte er in einer selbstgefälligen Stimme.

Wie konnte er von meinen Blicken wissen?

Ich schaute auf. Sein Rücken zeigte weiterhin in meine Richtung.

Der Mann hatte Superkräfte. Er konnte nicht nur mit Waffen umgehen, eine Person mit seiner Stärke und seinen Blicken zu Kleinholz verarbeiten und dauerhaft einen kalten Gesichtsausdruck beibehalten. Er konnte anscheinend auch hellsehen.

»Komm zu mir«, befahl er mir. »Sicher nicht. Ich werde nicht in die Dusche steigen, wenn du in ihr bist.«

Am liebsten hätte ich nachgegeben. Ich spürte sein eingetrocknetes Sperma zwischen meinen Beinen. Aber ich war zu stur dafür.

Señora Hernández - Der Anfang vom EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt