VIERZEHN

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SARINA

Ich schrak durch laute Geräusche aus dem Schlaf. Sie hörten sich wie zerspringendes Glas und Schüsse an. Ganz in der Nähe. Sie wurde immer lauter, kam näher.

Blinzelnd sah ich mich um. Ich versuchte, verschlafen zu realisieren, was hier vor sich ging.

Die Nachttischlampe auf Iváns Seite war eingeschaltet, sonst hätte nur der Mond das Schlafzimmer beleuchtet.

Mein Zukünftiger lief nur in Jogginghose bekleidet und in eiligen Schritten um das Bett herum. Er war konzentriert, und zwar auf die Beretta in seiner Hand. Er lud sie mit Munition.

Ich riss meine Augen auf, setzte mich mit Schwung hin. Neue Schüsse ließen mich zusammenzucken, versetzte mich in Panik.

Matias Flores – waren meine ersten Gedanken.

Meine Atmung ging schnell, zeitgleich bekam ich weniger Luft.

Iván blieb vor mir stehen. Unsere Blicke trafen sich. Er sah mich voller Wut, Konzentration und Ernsthaftigkeit an. Die Wut galt nicht mir, sondern denen, die dort draußen auf uns schossen.

Ich sah ihn hingegen voller Panik an. »Steh auf.« Ich gehorchte, ohne einen Mucks von mir zu geben. Sobald ich stand, ergriff er meine Hand und zog mich mit zur Tür.

Ich war trotz dessen, was gerade vor sich ging, noch nicht ganz bei mir. Es war mitten in der Nacht und ich war seit keinen zwei Minuten wach.

»Du wirst genau das machen, was ich dir sage! Wehe, du widersetzt dich mir, dann kannst du später etwas erleben!«, seine harte Stimme, bohrte sich tief in meinen Kopf. Ich nickte hastig. In so einer Situation würde ich auf ihn hören. Nicht nur deswegen, sondern auch wegen seiner Drohung. Was er damit meinte, wollte ich niemals erfahren.

Iván war dabei die Tür zu öffnen, doch jemand kam ihm zuvor. Mein Puls erhöhte sich augenblicklich.

Iván zog mich hinter sich, versteckte mich vor der Person, die eintrat und hob die Beretta, bereit abzudrücken.

»Das würde ich lassen, Papá wäre nicht begeistert, wenn du mich erschießt«, ertönte Alvaros amüsierte Stimme. Er grinste und erhob seine Hände abwehrend.

Mein Herzschlag beruhigte sich etwas. Leider nur etwas. Wenigstens wusste ich, dass es Alvaro körperlich gutging. Dass die Familie in ihren Köpfen einen Knacks hatte, wusste ich schon.

Ein Schlag auf den Kopf würde ihnen nichts ausmachen.

Iván nahm die Beretta runter. »Sehr witzig«, kommentierte er in Englisch, ehe er anfing, mit seinem Bruder auf Spanisch zu reden.

Nur Sekunden vergingen, da waren sie fertig. Ich wurde nach vorne gezogen und mit einer schnellen Drehung vor Iván gestellt.

Die Nähe zwischen uns spürte ich deutlich, durch seinen heißen Oberkörper, der eine beachtliche Wärme ausstrahlte.

Es beruhigte mich ...

Für einen Augenblick. Ich zuckte vor Schreck zusammen. Die Schüsse kamen näher. Nicht mehr lange und die Leute, die schossen, waren bei uns an.

»Was ich dir gesagt habe, gilt auch für Alvaro. Du wirst machen, was er von dir verlangt. Ohne zu zögern.«

Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er mich an den Schultern packte und zu Alvaro umdrehte.

Niemand ließ mir Zeit, etwas zu erwidern oder überhaupt reagieren zu können. Alvaro nahm schon meine Hand in seine und öffnete die Schlafzimmertür.

»Pass gut auf sie auf«, sprach Iván seinen Bruder an. Wir drei verließen zusammen das Schlafzimmer, wo sich unsere Wege trennten. Mein bald Ehemann lief geradewegs in die Schusslinie. Erst dadurch wurde mir klar, dass er nicht mit uns kam. »Werde ich, keine Sorge«, versicherte mein Schwager seinem Bruder. »Etwas anderes würde mich wundern.«

Señora Hernández - Der Anfang vom EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt