SARINA
Ich wachte auf. Sonnenstrahlen schienen auf mich hinab, ließen meine Haut kitzeln. Es fühlte sich gut an und alles wäre schön ... Ich lag auf einem weichen Untergrund und war in etwas kuscheligen Warmen umhüllt – wäre da nicht das drückende Gefühl in meinem Kopf. Zusätzlich stieg Übelkeit in mir auf. Na toll.
Unter Schmerzen blinzelte ich mehrfach. Jedes Mal, wenn ich die Augen öffnete, taten sie weh.
Warum auch immer Iván Chloroform bei sich trug, mir wäre es lieber gewesen, wenn er mich anders bewusstlos bekommen hätte. Ich hörte von einem Trick, mit dem man jemanden innerhalb Sekunden ohnmächtig machen konnte.
Als ich es endlich schaffte, die Augen geöffnet zu lassen, setzte ich mich langsam auf.
Ein Ziehen durchzuckte meine Schläfe. Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
Iván reichte es wohl nicht, mir nur im Herzen Schmerz zuzufügen. Wortwörtlich tat er das durch seine Aktion auch in meinem Kopf.
Ich fühlte mich, als wurde ich von einem Lastwagen überfahren, dennoch sah ich mich mit Schwierigkeiten um.
Durch die höllischen Kopfschmerzen tat jede Augenbewegung weh. So konnte ich niemals fliehen.
Am besten verschaffte ich mir einen Überblick, dachte über die Flucht nach und dann verschwand ich hier schleunigst.
Ich hielt mich in einem großen, schlicht eingerichteten Schlafzimmer auf, in dem sich nicht viel befand. Es unterschied sich sehr zu meinem Zimmer. Während es in diesem Raum hell und unpersönlich war, lebte mein Kinderzimmer aus Farben und Möbeln.
Es gab drei Türen. Ich vermutete, dass zwei von ihnen zum Badezimmer und Ankleidezimmer führten. Da ich zurzeit auf dem beigen Kingsize Bett im Chesterfield-Stil saß, war ich mir sicher, dass die Tür an der Wand links von mir zum Ausgang führte. Denn auf der rechten Seite waren zwei große Fenster, an denen weiße Vorhänge hingen und ebenfalls zwei Sessel passend zum Bett davor standen.
Ich schaute zur Holzkommode gegenüber von mir. Daneben stand ein Bücherregal. Aber das interessierte mich nicht. Dafür der Spiegel über der Kommode.
Weil das Schlafzimmer mit Licht durchflutet wurde, konnte ich mein Spiegelbild sehen.
Ich sah echt ... scheiße aus.
Ich schaute mir den Rest des Raumes, in welchem es einen hellen Teppich und ein wenig Dekoration gab, nicht an. Dafür stand ich mit wackeligen Beinen auf.
Sobald ich stand, fiel mir meine neue Kleidung auf. Hektisch zog ich das T-Shirt am Saum nach vorne, ehe ich erleichtert ausatmete.
Ich trug meinen BH noch. Dasselbe galt für den Slip. Mir wurde lediglich neue Kleidung angezogen und das getrocknete Blut vom Körper gewaschen.
Trotz der Erleichterung, dass ich meine Unterwäsche trug, herrschte Unruhe in mir. Nicht wegen der Situation, sondern der Tatsache, dass mich irgendwer umgezogen hatte. Iván. Ich war mir sicher, er war es. Ich sollte seine Frau werden. Seine Ehefrau!
Ich entschied mich schlagartig dazu, auf der Stelle zu flüchten. Hinterher musste ich ihn sofort heiraten. Eine Unterschrift auf einem Dokument erledigte die Sache innerhalb von Sekunden. Und dann entjungferte er mich gleich heute, setzte direkt alles daran, mich zu schwängern. Sollte das nicht funktionieren erwartete mich bestimmt der Tod.
Ich lief zur Zimmertür. Bei jedem Schritt spürte ich, wie schwach ich momentan war, weshalb ich hoffte, dass niemand meine Flucht mit bekam. Nur war das ein Wunschgedanke.
Ich umfasste den Türknauf, drehte ihn zur Seite und öffnete die Hälfte der Doppeltür. Puh, sie war offen.
Bevor ich das Schlafzimmer verließ, lugte ich in den Gang. Wohin genau ich lief, entschied ich nach Bauchgefühl.
Rechts sah ich in einigen Meter Entfernung eine T-Kreuzung, was mich vermuten ließ, dass ich in die andere Richtung musste. Von dort aus sah ich nur, wie der Weg geradeaus ging.
Da niemand zu sehen war, lief ich los. Türen, abstrakt Malereien und Gemälde aus Farbklecksen begleiteten mich den Gang entlang.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich an zwei Treppen an, die mehrere Meter mithilfe eines schwarz-weißen Geländers voneinander getrennt waren.
Ich sah hinab auf das große, in Luxus badende Foyer. In den weißen, glänzenden Marmorfliesen spiegelte sich der diamantbesetzte Kronleuchter, der unmittelbar über einem runden Tisch hing. Dieser stand direkt zwischen den beiden Treppen. Auf einer von ihnen lief ich hinunter.
Unten angelangt schaute ich mich weiter um. Ich stand mit dem Rücken zur Eingangstür und blickte an dem Tisch vorbei in das Wohnzimmer, dass von vielen Fenstern erhellt wurde.
Bevor man ins Wohnzimmer kam, konnte man in zwei Gänge laufen. Nach links und rechts. Sie verliefen parallel zu den Gängen im ersten Stock.
Ein Geräusch erweckte meine Aufmerksamkeit. Ich drehte mich zur Seite. Die Doppeltür, die sich zwischen zwei langen, schlichten Gemälden befand, ging auf, woraufhin dumpfe Schritte ertönten.
Ein Mann um die Mitte zwanzig kam zum Vorschein. Als er mich entdeckte, guckte er überrascht.
»Dass er dich alleine herumlaufen lässt, habe ich nicht erwartet. Anderseits kommst du nicht aus dem Anwesen«, sprach mich der attraktive Mann an und kam zu mir gelaufen. Ich beobachtete ihn, bewegte keinen Muskel.
So wie er sich anhörte, brauchte ich nicht versuchen zu flüchten. Ich käme nicht weit.
Das erklärte, wieso die Schlafzimmertür offen war. Das Anwesen wurde überwacht. So gut, dass keiner unbefugt reinkam. In meinem Fall auch nicht raus.
»Ich bin Enrique«, informierte er mich über seinen Namen. Ich schaute ihn mir von Kopf bis Fuß an. Sein athletischer, sonnengeküsster Körper steckte in einem maßgefertigten Anzug.
Enrique legte viel Wert auf sein Äußeres. Sein mittelbraunes Haar war gepflegt, sein Dreitagebart frisch rasiert, seine Augenbrauen gezupft und seine Haltung elegant. Er sah aus wie ein CEO einer Marketingfirma.
Wüsste ich nicht durch seine grünen Augen, dass er ein Hernández war, hätte ich ihn nicht für einen Mafioso gehalten.
»Iváns Bruder«, sprach ich meine Gedanken laut aus. »Da hast du recht. Ich bringe dich am besten direkt zu ihm.« Mit einer Handbewegung deutete er mir an, den Weg Richtung Wohnzimmer anzusteuern.
»Lieber nicht. Du kannst mich dafür gerne wegbringen.« Er lachte amüsiert, womit er mir seine weißen Zähne präsentierte. »Den Wunsch kann ich dir nicht erfüllen. Jetzt komm, bring es hinter dich.«
Wie weise von dir, Enrique. Du bist nicht derjenige, der zu etwas gezwungen wird.
Widerwillig folgte ich ihm. Nach zwei Gängen kamen wir an einer Flügeltür zum Stehen.
Die Wände im Erdgeschoss, waren höher als im ersten Stock, dementsprechend galt das auch für die Türen. Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um bis zum Ende der Tür gucken zu können.
Mein zukünftiger Schwager klopfte. »Herein«, ertönte Iváns raue Stimme. Nervosität machte sich in jeder Faser meines Körpers breit.
»Du schaffst das schon.« Ich drehte den Kopf zur Seite. Aufmunternd sah mich Enrique an. »Eine andere Wahl habe ich nicht«, gab ich etwas zu zickig zurück. Seine Mundwinkel zuckten. Durch meine Wortwahl war er nicht verärgert, sondern amüsiert.
»Reiß ihm nicht den Kopf ab, Kätzchen.« Er steckte die Hände in seine Chino, drehte sich um und ließ mich alleine. »Kann ich nicht versprechen.«
Ich lernte zwar letzte Nacht Iván wahre Persönlichkeit kennen, aber das hieß nicht, dass ich mich von ihm unterkriegen ließ.
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Señora Hernández - Der Anfang vom Ende
Romance»Wer will schon einen Prinzen, wenn man das Biest haben kann?« Als ich eines Abends mit meinen Freundinnen einen angesagten Nachtclub unsicher machte, wusste ich noch nicht, was in 26 Stunden auf mich zukommen würde. Erst wurde ich im Club von einem...